Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
Vom Netzwerk:
jeden Augenblick unserer Unterhaltung überdrüssig werden und mit der Aufführung einer Arie in Zeichensprache beginnen. »Wie schön, Sie endlich kennenzulernen.«
    »Endlich?« Ich zog eine Braue hoch und schüttelte ihm die Hand. »Ich saß bis eben in Ihrer Cafeteria.« Er war fast einen ganzen Kopf größer als ich und hatte diesen behaglich-kräftigen Körperbau, den man nur durch jahrelangen Sport und gelegentliches Eisenstemmen erreicht. Seine Kleidung war lässig, Jeans und ein T-Shirt mit der hellroten Aufschrift Nichts ist unmöglich .
    Alex lachte wieder. »Ich meinte das eigentlich wesentlich langfristiger. Seit ich die ersten Geschichten über die Wechselbalgfrau gehört habe, die von den Toten auferstanden ist und San Francisco aufmischt, habe ich oft gedacht: Also die Lady würde ich zu gern kennenlernen.«
    »Interessantes Kriterium für die Wahl Ihrer Bekanntschaften.«
    »Da weiß man wenigstens, dass es nicht langweilig wird.«
    »Auch wieder wahr.« Ich entzog ihm meine Hand und strich mir damit die Haare hinter die Ohren. »Allerdings überrascht es mich, dass Sie von alldem gehört haben.«
    »Neuigkeiten verbreiten sich heutzutage schnell. Es gibt da diese erstaunliche Erfindung namens Interne t – kennen Sie das? Wir benutzen es, um einander allerlei mitzuteilen.« Ich zog die Nase kraus, und er schüttelte den Kopf. »Ach, kommen Sie. Wir stecken hier zwischen zwei großen Herzogtümern wie die Gurke im Sandwich. Wie sollten wir da nicht die beste Gerüchteküche des ganzen Königreichs haben?«
    Da war etwas dran. Als ich 1995 verschwand, stand das Herzogtum Traumglas bereits in dem Ruf, sonderbar zu sein. Es gehört einiges dazu, bei einem Volk als absonderlich zu gelten, das mit Vorliebe seine Feinde in Rehe verwandelt und durch die City von Oakland jagt. Wie ich hörte, wurde das Herzogtum noch wunderlicher, als seine Regentin Herzogin Riordan eine Paranoia in Bezug auf Revolten entwickelte. Am Ende wurde es zu viel, eins der größeren Lehen spaltete sich ab, erklärte seine Unabhängigkeit und gründete die Grafschaft Zahmblitz.
    Die Politik ergibt einen gewissen Sinn, was ich vom technologischen Fortschritt dahinter kaum sagen kann. Faerie wagte damals zaghafte erste Vorstöße in die Welt der Computerwissenschaft und des Internets, und Zahmblitz wollte die Autonomie unter anderem wegen der Freiheit, diese Grenzen ungehindert zu erweitern. Ich verstehe das nicht. Die Welt, an die ich gewöhnt bin, war viel einfacher als die, in der ich lebe. Heutzutage gibt es zu viel Stahl und Silizium, und ich bin immer noch nicht sicher, ob das wirklich besser ist als Eisen. Ich komme kaum mit meinem Anrufbeantworter zurecht, ganz zu schweigen von all den eigenartigen neuen Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu bleiben. Die Technologie, die in den Kinderschuhen steckte, als ich verschwand, war bei meiner Rückkehr zu einem verwöhnten Teenager herangewachsen, der jedermanns Leben verkomplizierte und Konsumenten in den Wahnsinn trieb.
    »Nicht dass sich jemand die Mühe gemacht hätte, uns mitzuteilen, dass Sie kommen«, plauderte Alex weiter. »Hätten wir kein Bild von Ihnen in der Datenbank, wüssten wir immer noch nicht, wer Sie sind.« Nach einer kurzen Pause fragte er ernst: »Wo sind Sie?«
    »Was?« Jäh kehrte ich in die Gegenwart zurück. »Ich bin hier.«
    »Gerade eben waren Sie das nicht.«
    »Oh. Tut mir leid.« Nun, da ich ihm wieder Aufmerksamkeit schenkte, tat es mir wirklich leid. Ich hatte nicht vorgehabt, ihn auszublenden. »Ich schätze, ich war nicht darauf gefasst, dass mich hier irgendjemand kennt.«
    »Sie können wohl kaum erwarten, nicht aufzufallen, wenn Sie die halbe Aristokratie des Königreichs vor den Kopf stoßen«, entgegnete er, jetzt wieder unbeschwert. »Ich schwöre, der Tumult, den Sie mit dieser Goldengrün-Angelegenheit verursacht haben, hat Jannie mehr aufgewühlt als die Einführung des Glasfaserkabels für Internetverbindungen. Und das will etwas heißen.«
    »Augenblick ma l – Jannie?«
    »Ja, Jannie. Die Frau, in deren Firma Sie sich hier befinden.«
    »Sie meinen die Gräfin Torquill?« Vielleicht konnte mich diese orangeäugige Ken-Puppe zu Sylvesters Nichte führen.
    »Wen?«
    Nun ja, vielleicht auch nicht. »Reden Sie von Gräfin January Torquill?«
    »Was?« Seine Augen weiteten sich, dann stimmte er das volltönende, fröhliche Lachen eines Mannes an, dem etwas wirklich Lustiges passiert ist. »O Mann. Das ist stark. Darf ich ihr erzählen,

Weitere Kostenlose Bücher