Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
Vom Netzwerk:
Kieselsteins.
    Das kaufte ich ihr nicht ab. »Ich suche Gräfin January Torquill. Ist das ihr Büro?«
    »Tut mir leid, nein. Es ist meins.« Das Lächeln wich und wankte nicht.
    »Tja, ich muss sie aber sprechen. Ich bin im Auftrag ihres Onkels hier.«
    Der Argwohn brach wieder durch und ließ sich von ihrem eingefrorenen Lächeln kaum noch bändigen. »Wirklich? Das ist ja faszinierend. Denn wissen Sie, die meisten Leute rufen an, ehe sie Besuch vorbeischicken.«
    »Er hat mich hergeschickt, weil seine Nichte sich seit Wochen nicht mehr telefonisch gemeldet hat.« Etwas an ihrem Lächeln irritierte mich. Nicht seine offenkundige Falschhei t – sie war eindeutig angespann t – , sondern etwas an der Art, das Gesicht zu verziehen. »Sie wissen nicht zufällig etwas darüber?«
    Ihre Augen weiteten sich, sie schob die Brille hoch, und das Lächeln verpuffte. »Was? Was soll das heißen, nicht gemeldet? Er ist doch derjenige, der nie erreichbar ist!«
    Die hochgeschobene Brille umrahmte nun ihre Augen, statt sie zu verstecken, und so war das Goldrautengelb ihrer Iris deutlich zu sehen. Ich kenne nur eine Familie mit dieser Augenfarbe. Achtete man nicht auf das Haar und dachte sich die Brille weg, sah sie Sylvester ähnlicher als Rayseline.
    »Er sieht das anders«, sagte ich. »January Torquill, nehme ich an?«
    Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, und einen Moment lang dachte ich, sie würde es abstreiten. Dann sackten ihre Schultern herab, und sie sagte ruhig: »Eigentlich nicht. Ich meine, ich bin schon January. Aber nicht January Torquill. Das war ich nie.« Sie zuckte die Achseln, und ein Anflug von Humor schlich sich in ihre Stimme. »Soweit ich weiß, gibt es keine January Torquill. Was wahrscheinlich ganz gut is t – es wäre doch grausam, einem Kind so einen Namen zu verpassen. Das klingt nach Groschenheftchen-Kitsch.«
    »Also wenn Sie nicht January Torquill sind, dann sind Si e … ?«
    »January O’Leary. Ich bin keine reine Daoine Sidh e – mein Vater war halb Tylwyth Teg. Sein Zuname war ›ap Learianth‹. Das geht auf einer Visitenkarte nicht. Bei der Firmengründung haben wir uns auf ›O’Leary‹ als Abkürzung geeinigt.« Sie lächelte wieder. Diesmal lag etwas in dem Gesichtsausdruck, was ich nur allzu gut kannte. Sylvester lächelt so, wenn er festzustellen versucht, ob etwas eine Bedrohung darstellt. »Interessant, dass Onkel Sylvester Ihnen das nicht erzählt hat, wenn man bedenkt, dass er Sie hergeschickt hat.«
    »Sie haben doch ein Telefon«, gab ich zurück. »Sie können ihn anrufen.«
    »Das habe ich bereits versucht, als Elliot Sie und den Jungen in die Cafeteria verfrachtet hat.«
    »Und?«
    »Es geht niemand ran.«
    »Ich habe Anweisungen in der Handschrift Ihres Onkels.« Ich hob den Hefter.
    »Handschriften kann man fälschen.«
    Ich verkniff mir einen Kraftausdruck. Das halbe Königreich kannte mich vom Sehen und rechnete immer damit, dass ich Schaden anrichtete, wo ich ging und stand. Und die andere Hälfte verlangte drei verschiedene Lichtbildausweise und einen Leumundszeugen von mir. »Alex und Elliot wissen, wer ich bin.«
    »Sie wissen, wem Sie äußerlich gleichen. Das ist ein Unterschied.«
    Leider musste ich ihr in diesem Punkt recht geben. Erst letzten Dezember wurde ich um ein Haar von einem Doppelgänger getötet, der sich als meine Tochter ausgab. In Faerie sind Gesichter nicht immer, was sie zu sein scheinen.
    »Na schön. Wenn Sie wissen, wem ich äußerlich gleiche, dann wissen Sie vermutlich auch, wa s … diese Perso n … kann und was nicht. Richtig?« January nickte. »Es wäre ziemlich schwierig zu beweisen, dass ich keine großen Zauber wirken kann, das funktioniert also nicht. Aber wenn Sie mir ein bisschen Blut geben, kann ich Ihnen erzählen, was Sie an Ihrem fünften Geburtstag gemacht habe n … «
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Dachte ich mir.« Ich seufzte. »Würde es helfen, wenn ich meine Trugbanne auflöse und mich von Ihnen mit Stöckchen pieken lasse? Ich möchte das wirklich gerne geklärt haben.«
    Sie runzelte die Stirn. »Es wäre ein Anfang«, antwortete sie.
    »Verstehe«, sagte ich und ließ meine menschliche Tarnung fallen. Sie verflüchtigte sich mit dem Geruch von Kupfer und geschnittenem Gras.
    January sah gespannt zu. Ihre Nasenflügel blähten sich leicht, als sie die Luft schnupperte. Dann grinste sie unvermittelt. War ihr Lächeln zuvor schon strahlend gewesen, so war es kein Vergleich dazu, wie ihre Züge jetzt aufleuchteten.

Weitere Kostenlose Bücher