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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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mir leid. Das muss ich wohl überlesen haben.«
    »Und hat er Ihnen wenigstens von meiner Mutter erzählt?«
    »Er hat sie erwähnt, ja.« Dass es noch eine Schwester gab, war eine sonderbare Information über eine ohnehin sonderbare Familie. Die Fae sind nicht sehr fruchtbar, und die meisten Fae-Zwillinge geraten zu kümmerlich, um je das Erwachsenenalter zu erreichen. Schon der Umstand, dass sowohl Simon als auch Sylvester noch lebten, war erstaunlich. Fügte man der Rechnung noch eine Schwester hinzu, erschien es nahezu unglaubwürdig. »Hören Si e … «
    »Sie war um etwa ein Jahrhundert älter als er. Sie starb im zweiten großen Krieg der Menschen.«
    »Ach«, sagte ich. Es klang unangebracht. »Das tut mir leid.«
    »Schon gut.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist lange her.«
    »Ach.« Was sollte ich denn auch sagen? Normalerweise lenken Leute nicht plötzlich vom Gesprächsstoff ab, um einem brühwarm zu berichten, wie ihre Eltern gestorben sind.
    »Jedenfalls leite ich jetzt diesen Laden.« Jan lächelte sonnig. »Ich bin Steinbock, Computerprogrammiererin und Vegetarierin. Und ich backe erstklassige Schokoladenkekse.«
    Ich hatte dieses Sich-dumm-Stellen unzählige Male bei Sylvester erlebt, meist kurz bevor er jemandem an die Kehle ging. Es ist ein wirksames Täuschungsmanöver, wenn man es bei Leuten einsetzt, die einen nicht kennen. Bei Sylvester nehme ich das hin, er verdient meine Toleranz. Jan hingegen hatte sich vorläufig noch gar nichts verdient.
    »Hören Sie«, sagte ich und versuchte, nicht so frustriert zu klingen, wie mir zumute war. »Führen wir heute noch eine intelligente Unterhaltung, oder sollen ich und mein Assistent besser unser Hotel aufsuchen? Ich reise erst ab, wenn ich Ihrem Onkel guten Gewissens berichten kann, dass hier alles gut läuft.«
    »Ist ja lieb, dass er sich sorgt, aber ich versichere Ihnen, bei uns ist alles in Ordnung.« Ihre Züge blieben ruhig, als sie zur Kaffeemaschine ging, die Kanne ergriff und sie in meine Richtung schwenkte. »Möchten Sie?«
    »Er fürchtet, Sie könnten in Schwierigkeiten stecken.« War es Einbildung oder zuckte sie leicht zusammen, als ich das sagte? Ihre Hände zitterten. Interessant. Vielleicht war ihre Flatterhaftigkeit noch vorgetäuschter, als ich angenommen hatte. Ich spähte ihr ins Gesicht und bemerkte eine neue Wachsamkeit in ihren Augen.
    »Hier gibt es keine Schwierigkeiten.«
    »Sind Sie ganz sicher?«, hakte ich nach. Das Zittern ihrer Hände wurde heftiger. Sie stellte die Kaffeekanne ab und warf mir einen trotzigen Blick zu. »Andernfalls würde er wollen, dass ich Ihnen helfe.«
    »Ich bin vollkommen sicher. Wenn es Schwierigkeiten gäbe, wüsste ich davo n – wir verfügen über ein hervorragendes Nachrichtensystem.«
    Auf gut Deutsch hieß das vermutlich, das Haus brannte lichterloh, und ich hatte es als Einzige noch nicht gemerkt. Also wechselte ich meinerseits das Thema und sagte: »Ich hab noch nie eine Daoine Sidhe mit Brille gesehen.«
    »Eine Folge des modernen Zeitalters«, erwiderte sie und entspannte sich. »Ich habe als Kind zu viel in künstliches Licht geguckt.«
    »Und eine magische Heilung war nicht möglich? Ich denke, ein Ellyllon müsst e … «
    »Ich habe mir den Schaden selbst zuzuschreiben, also finde ich, dass ich damit leben sollte.«
    »Ich verstehe. Also denken Sie, dass Sie auch mit dem leben müssen, was hier im Argen liegt, richtig?«
    »Hier liegt nichts im Argen«, entgegnete sie gefasst. »Alles läuft großartig.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind eine miserable Lügnerin.«
    Jan starrte mich offenen Mundes an. Ich wich einen Schritt zurück. Blut birgt Macht, und dieses zierliche, bebrillte Mädchen konnte mich sicher um die halbe Welt schleudern, ehe ich wusste, wie mir geschah.
    »Ich lüge nicht«, knurrte sie scharf. Ich fuhr zusammen. Sie holte tief Luft und fügte beherrscht hinzu: »Wir hatten in letzter Zeit nur viel zu tun. Das ist alles.« Wieder ergriff sie die Kaffeekanne und schenkte sich nun endlich eine Tasse ein.
    Als Sylvester mich nach Fremont schickte, hatte ich angenommen, er sei einfach überbesorgt. Aber Jans Reaktionen ließen mich umdenken. Nicht mal ich löse normalerweise Panikattacken aus, wenn ich bloß ein paar Fragen stelle. Sie hatte mich jetzt schon zweimal belogen. Wenn hier alles im Lot war, warum hatte sie ihrem Onkel dann so viele Nachrichten hinterlassen? »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir sicherheitshalber ein paar Tage bleiben? Sylvester

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