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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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hat mich gebeten, Quentin zu zeigen, wie es läuft, und ich enttäusche meinen Lehnsherrn äußerst ungern.«
    Ihre Augen weiteten sich, als ihr aufging, dass sie nicht ablehnen konnte, ohne zu riskieren, dass ihr Onkel ein ganzes diplomatisches Korps herschickte. Wenn sie kein Aufsehen wollte, musste sie mich in Kauf nehmen. Dann war der Schreck überwunden, und sie setzte wieder ihr strahlendes Lächeln auf. »Nur zu. Haben Sie schon eine Unterkunft?«
    »Ja.« Ich ließ sie in dem Glauben, dass sie mich zum Narren hielt. Wenn sie sich selbst belügen wollte, würde ich ihr vorerst keine Steine in den Weg lege n – so merkte sie vielleicht nicht, wie sehr sie sich in Wahrheit verriet. »Luna hat uns persönlich Hotelzimmer reserviert.«
    »Warum überrascht mich das nicht?« Ihr Lächeln wurde etwas aufrichtiger und gewährte mir noch einen flüchtigen Blick auf die darunter schwelende Angst. »Wie geht es ihr?«
    »Luna geht es gut. Sie plant einen neuen Garten.«
    »Ach ja? Was denn für einen?«
    »Wildblumen.« Es sollte ein Trauergarten werden, zum Andenken an alle, die bei meiner Jagd auf Evenings Mörder gestorben waren. Sogar für Devin war ein Beet vorgesehen. Luna hatte Quentin mit den Entwürfen bei mir vorbeigeschickt, und ich hatte beim Durchsehen geweint, bis mir speiübel war. Aber nichts davon mochte ich Jan erzählen.
    »Schön, dass sie etwas zu tun hat.« Ihr unbekümmerter Tonfall sollte mich offenbar in Sicherheit wiegen, und er brachte sie mir nicht näher.
    »Jan?«
    »Ja?«
    »Können wir uns ein andermal weiter unterhalten? Ich muss mich bei Sylvester melden, und Quentin hat noch Übungsaufgaben zu erledigen.« Letzteres war gelogen, aber ich würde den Jungen auf keinen Fall in diesem Irrenhaus allein lassen. Dafür respektierte ich ihn zu sehr.
    »Natürlich.« Jan schaute zum Fenster. »Ach, die Sonne ist schon untergegangen? Was halten Sie davon, morgen Vormittag wiederzukommen? Das gibt mir auch Zeit, alles mal zu überprüfen.«
    Zum Beispiel, ob wir tatsächlich von ihrem Onkel kamen oder nicht. »Ja, prima.«
    »Gut.« Sie ging zurück zu ihrem Schreibtisch und stellte die Tasse auf einer bereits gefährlich überladenen Ecke ab. »Brauchen Sie jemanden, der Sie nach draußen begleitet?«
    »Wir kommen schon klar.« Ich brauchte etwas Zeit, um meine Möglichkeiten zu überdenken, bevor ich mich auf weitere Spielchen einließ. Wenn ich mir dafür den Weg zur Cafeteria und hinaus zum Auto selber suchen musste, war mir das recht. Schließlich war ich erwachsen. Das würde ich schon schaffen.
    »Fein.« Damit war ich entlassen. Sie hockte sich auf den Schreibtisch neben ihre Tasse und griff wieder nach dem Laptop, das sie benutzt hatte, als ich eintraf. Ihre Aufmerksamkeit war bereits sonst wo.
    Es ist doch immer erfrischend, wenn die Leute, die man am liebsten ohrfeigen würde, die eigenen Verbündeten sind. Wortlos verließ ich ihr Büro. Es gelang mir sogar, die Tür nicht zuzuwerfen. Ich ging genau den Weg zurück, von dem ich ziemlich sicher war, dass Alex und ich ihn gekommen waren. Halb bedauerte ich, Jans Angebot einer Begleitperson ausgeschlagen zu habe n – vielleicht hätte ich sie überreden können, Alex damit zu beauftragen. Von den Leuten, die ich bisher kennengelernt hatte, schien er mir der am wenigsten gestörte. Außerdem wollte ich zu gern herausbekommen, was genau er wa r – ein kleines Rätsel hat immer seinen Reiz, und er war gerade rätselhaft genug, um interessant zu sein.
    Nach einer halben Stunde ziellosen Wanderns durch die Flure musste ich mir eingestehen, dass ich mich verlaufen hatte. Jedes Fenster zeigte eine andere Aussicht, was absolut keine Orientierungshilfe war. Ich spielte mit dem Gedanken, durch eins der Fenster im Erdgeschoss hinauszuklettern, verwarf die Idee jedoch: Bei meinem Glück vergab ich damit die letzte Chance, die Cafeteria jemals wiederzufinden, ich musste aber unbedingt Quentin mitnehmen.
    Schließlich erblickte ich ganz am Ende einer langen Reihe steriler weißer Gänge, die stark an eine Fernsehklinik erinnerten, eine vertraute himmelblaue Tür. Die Cafeteria. »Wird aber auch Zeit«, murmelte ich und legte einen Schritt zu, um sie zu erreichen, bevor sie wieder verschwand. Falls die Gänge in diesem Mugel sich tatsächlich verändern konnten, musste ich darauf gefasst sein, dass sie sich verbogen, nur um mich zu ärgern.
    Die Cafeteria war nach wie vor fast lee r – bis auf einen Neuankömmling. Quentin gegenüber saß eine

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