October Daye - McGuire, S: October Daye
es nicht. Sie war so süß, und mir war so langweilig.« Er errötete noch tiefer. »Es hatte nichts zu bedeuten.«
»Aha.« Ich konzentrierte mich darauf, den Wagen auf den Parkplatz des Hotels zu lenken und eine Lücke zu finden.
Ungebeten kam mir noch eine unumstößliche Tatsache in den Sinn: Alex war definitiv süß. Ich stutzte. Das war ein Gedanke, den ich nicht gebrauchen konnte, zumal ich Quentin soeben dafür gescholten hatte, dasselbe über Alex’ Schwester zu denken. Aber es war auch ein Gedanke, der mal nichts mit Connor oder Cliff zu tun hatte. Ich musste die beiden endlich hinter mir lassen und mich jemandem zuwenden, der weder verheiratet noch sterblich war. Was konnte es schon schaden? Quentin hatte ich wegen des Altersunterschieds gerügt. Bei Alex und mir bestand dieses Problem nicht, sofern er nicht erheblich älter war, als er aussah.
Für gewöhnlich gehe ich nicht so forsch ran. Mein erster Liebhaber war Devin, und ich war viele Jahre mit ihm zusammen, bevor ich ihn wegen Cliff verließ. Der Einzige, den ich seither auch nur angesehen habe, war Connor, und als er und ich zu flirten begannen, lebte ich noch unter Amandines Dach. Ich bin nicht anfällig für Schwärmereien, ich verknalle mich nicht so leicht. Das ist nicht mein Stil. Aber vielleicht war es Zeit für eine Veränderun g – und irgendetwas sagte mir, dass Alex genau die richtige Veränderung wäre. Was war schon dabei, wenn es unerwartet kam? Das machte es umso passender. Raus aus dem alten Fahrwasser, auf in neue Gefilde.
Quentin schwieg, er schien in eigene Gedanken versunken zu sein. Wahrscheinlich überlegte er, wie er Katie seine plötzliche Abwesenheit erklären sollte. Vielleicht hatten wir ja Glück, und das Einzige, was bei ALH nicht stimmte, erwies sich als irgendein Computerproble m … aber irgendwie bezweifelte ich das.
Was immer da los war, ich musste hoffen, dass wir damit allein zurechtkommen würden. Aber Sylvester hätte mich doch nie nur mit einem halbwüchsigen Pflegekind als Verstärkung losgeschickt, wenn er es für möglich hielt, dass uns echte Gefahr drohte.
Oder?
Sieben
M elly hob beim dritten Klingeln ab. »Schattenhügel, wie kann ich Ihnen helfen?« Sie hatte jenen fröhlichen, gedehnten Akzent, der vor etwa zweihundert Jahren in der Landesmitte seine Blüte gehabt hatte. Ich kenne Melly, seit ich ein Kind wa r – sie ist Kerrys Mutter und steckte uns früher oft Süßigkeiten aus der Küche von Schattenhügel zu. Allein der Klang ihrer Stimme entspannte mich schon.
»Hallo Melly, ist Sylvester in der Nähe?«
»Toby! Wie geht es dir, Schätzchen? Hat Hochwohlgeboren dich wirklich nur mit einem Pflegekind als Begleitung nach Zahmblitz geschickt?«
»Quentin ist gar nicht so übel.« Quentin war momentan in seinem eigenen Hotelzimmer ›gar nicht so übel‹ und fand hoffentlich ein wenig Schlaf. ALH schien einen tagaktiven Betrieb zu führen, und wir würden noch reichlich Einsatz bei Tageslicht ableisten müssen, bevor wir nach Hause zurückkehren konnten. »Stellst du mich zum Boss durch? Ich hab Neuigkeiten für ihn.«
»Kommst du bald mal wieder zu Besuch?«
»Mach ich.«
»Na schön. Bleib kurz dran.«
Sylvester musste auf meinen Anruf gewartet haben, denn ich verbrachte weniger als eine Minute in der Warteschleife, bis er atemlos abhob. »Toby?«
»Am Apparat«, bestätigte ich. Auf meinem Zimmerservicetablett lagen noch ein paar kalte Fritten. Ich ergriff eine und tunkte sie in Ketchup. »Wir sind wohlbehalten angekommen, und ich habe Eure Nichte bereits kennengelernt. Ihr hättet mir ruhig sagen können, dass sie überspannt und paranoid ist.«
»Das hätte ich getan, wenn sie es normalerweise wäre. Hat sie dir gesagt, weshalb sie nicht mehr anruft?«
»Das ist das Komische: Sie behauptet, dass sie immer wieder anruft und Ihr Euch auf ihre Nachrichten hin nie meldet.«
»Warte ma l … was? Aber das ist lächerlich. Warum sagt sie so etwas?«
»Ihr sagt mir, sie ist nicht paranoid. Sie sagt, sie ruft Euch ständig an. Ihr sagt, sie tut das nicht. Für mich klingt das alles, als ob da etwas oberfaul ist.« Ich schob mir die Fritte in den Mund und kaute rasch. »Besteht eine Möglichkeit, dass Ihr mir Verstärkung schickt, ohne einen diplomatischen Zwischenfall zu verursachen?«
»Nicht ohne triftigeren Grund, nein. Hast du mit ihr geredet?«
»Ja. Es war etwa so ergiebig wie ein Gespräch mit Spike. Eigentlich nicht mal das. Ich meine, Spike bemüht sich wenigstens.
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