October Daye - McGuire, S: October Daye
Frau, das Kinn auf die Knöchel der linken Hand gestützt. Quentin starrte sie mit großen Augen an, sein Blick wirkte betört und wie vom Donner gerührt, als hätte er soeben entdeckt, wozu das weibliche Geschlecht gut ist. Noch nie hatte er so sehr nach einem Teenager-Klischee ausgesehen.
Ich ließ die Tür zuklappen und räusperte mich. Keiner der beiden rührte sich. »Hallo?«
Jetzt drehte die Frau sich um und lächelte mir zu. Sie hatte ein blasses, spitzes Gesicht, umrahmt von glattem schwarzem Haar im Pagenschnitt. Ihre Augen waren orangerot, dieselbe leuchtende Klatschmohnfarbe wie bei Alex, und über eine Wange zog sich eine Narbe, kaum sichtbar auf ihrer weißen Haut. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie in den letzten drei Jahren je die Sonne gesehen hatte.
»Hallo!«, sagte sie immer noch lächelnd. »Wir haben uns schon gefragt, wo Sie abgeblieben sind.«
Quentin schüttelte seine Gebanntheit ab, hob grüßend die Hand und grinste schief. »Hallo, Toby. Hast du Gräfin Torquill gefunden?«
»In Wirklichkeit heißt sie Gräfin O’Leary, und ja, ich hab sie gefunden. Wer ist deine Freundin?«
»O h – tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein.« Die Frau stand auf und streckte mir die Hand entgegen. Sie reichte mir nur bis zur Schulter. »Ich bin Terrie Olsen. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
»October Daye.« Ich ergriff ihre Hand und schüttelte sie kurz. »Wie ich sehe, haben Sie meinen Assistenten bereits kennengelernt.«
»Quentin? Ja. Er ist goldig. Wo haben Sie ihn her? Er wollte es mir nicht sagen; er ist ein so geheimnisvoller Mann.« Sie grinste. Ich nicht.
Quentin wurde knallrot und sah Terrie bewundernd an. Ich runzelte die Stirn. »Aus Schattenhügel, er ist ein Pflegling von Herzog Torquill. Er ist hier, um mir zur Hand zu gehen.«
»Wirklich? Das ist ja süß.« Lächelnd blickte sie über die Schulter. »Seine Gesellschaft ist äußerst angenehm.«
»Da bin ich sicher«, gab ich zurück, und mein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Sagten Sie, Sie heißen Olsen?«
»M-hm. Genau wie mein großer, dummer Bruder.« Terrie warf ihr Haar zurück und fügte hinzu: »Wahrscheinlich sind Sie ihm schon begegnet. Ein großer blonder Kerl, der auf ›Alex‹ hört.«
»Aha«, ich nickte. »Das erklärt die Augen.«
»Die haben wir von Mutter.« Terries Grinsen wurde breiter, bis ein Grübchen auf einer Wange erschien. »Eine Familienähnlichkeit.«
»Da s … gibt es wohl«, räumte ich ein. Auch Dare und Manue l – das letzte Geschwisterpaar, dem ich begegnet wa r – hatten identische Augen gehabt.
»Terrie hat mir gerade etwas übers Computerprogrammieren erzählt«, sagte Quentin leise. Er klang schwärmerisch und wie halb betäubt. Ich sah ihn an, und er fügte hinzu: »Sie ist wirklich gut darin.«
»So gut auch wieder nicht«, widersprach Terrie und lachte.
»Verstehe«, sagte ich. »Quentin, schnapp dir deine Sachen und komm. Wir müssen los.«
»Aber Tob y … «
»Keine Widerrede. Terrie, hat mich gefreut, Sie kennenzulernen. Quentin, wir gehen.« Damit wandte ich mich ab.
Hinter mir sagte Terrie: »Ich wette, Sie haben sich im Mugel verirrt.«
»Was?« Ich hielt inne und drehte mich um.
»Ich wette, Sie haben sich im Mugel verirrt. Passiert am Anfang jedem.«
»Ich bin wohl den einen oder anderen Umweg gegangen«, räumte ich ein.
»Ehrlich, so geht es jedem. Soll ich Sie beide lieber nach draußen bringen?«
Diese Frau ging mir schneller und gründlicher auf die Nerven als sämtliche Leute, die ich in den letzten Jahren kennengelernt hatte, einschließlich Jan. Ich fürchtete, wenn wir zu viel Zeit mit ihr verbrachten, würde Quentin ihr einen Heiratsantrag machen, kurz bevor ich ihr einen Kinnhaken verpasste. Zudem war meine Migräne mit Verstärkung wiedergekommen, und ich wollte nur noch hier raus und das Hotel finden, bevor ich jemanden umbrachte.
»Ich hätte nichts gegen den kürzesten Weg nach draußen«, sagte ich.
»Kein Problem. Nicht verzagen, Terrie fragen!« Sie zwinkerte Quentin zu, dann ging sie ohne weiteres Trara zur Tür und winkte uns, ihr zu folgen. Quentin eilte an ihre Seite. Ich ging hinter den beiden her und beobachtete sie nachdenklich.
Quentin kann alles Mögliche sein, aber wankelmütig hatte ich ihn bisher nie erlebt. Vorhin noch hatte er errötend von seiner menschlichen Freundin geschwärmt, und nun schmachtete er sabbernd wie ein brünstiger Welpe diesen fremden Wechselbalg an. Es passte nicht zusammen, und es
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