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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Quentin um. Er stand ein Stück hinter mir, sehr blass, und starrte mit großen Augen auf den Leichnam. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Es ist hart, wenn man das erste Mal echten Tod zu sehen bekommt.
    »Aus dem Weg«, sagte ich und drängte mich zwischen Peter und Elliot hindurch. Manchmal habe ich jede Menge Geduld, aber es gibt Dinge, die weder besser noch einfacher werden, wenn man sie warten lässt.
    »Tob y … «, setzte Alex an.
    »Los«, herrschte ich ihn an. »Und bleibt alle hier. Ich muss noch mit euch reden.« Ohne weiteren Protest traten sie beiseite. Elliot zumindest wirkte sogar ein wenig erleichtert. Ich bin zur Hälfte Daoine Sidhe, das heißt, die Leute gehen davon aus, dass ich weiß, wie man mit Toten umgeht. Denn von allen Kindern Titanias verstehen es nur die Daoine Sidhe, mit den Toten zu ›sprechen‹, indem sie ihr Blut nutzen, um auf ihre Erinnerungen zuzugreife n – darunter häufig die Erinnerung daran, wie sie gestorben sind. Wir sind gleichsam das Fae-Gegenstück zu CSI . Andere Rassen haben andere Gaben, sie können die Gestalt wandeln oder mit Blumen reden. Und wir? Wir bekommen geborgte Erinnerungen und den Geschmack von Blut, und die Leute waschen sich die Hände, nachdem sie uns berührt haben. Nicht ganz das, was ich mir unter gerechter Verteilung vorstelle.
    Ich bin wie schon gesagt zur Hälfte Daoine Sidhe, aber auch halb menschlich. Das schadet meiner Glaubwürdigkeit erheblich. Dass ich zugleich die Tochter der größten in Faerie lebenden Blutwirkerin bin, wiegt mein sterbliches Erbe jedoch auf. Was bin ich doch für ein Glückspilz. Schon mein Leben lang versuche ich meiner Mutter nachzueifern. Eine verrückte, verlogene Idiotin ist ja auch ein ideales Vorbild.
    Die Daoine Sidhe haben sich nicht freiwillig für den Job gemeldet, sich um die blutigen Kadaver zu kümmern, aber das brauchten wir auch nicht. Die meisten Fae kommen selten mit dem Tod in Berührung und sind dankbar, wenn jeman d bereit ist, als Mittelsmann zu dienen. Mich stört der Tod nicht mehr sonderlich, im Lauf der Zeit wurde er zu einem festen Bestandteil dessen, was mich ausmacht. Kaffee und Leichen, das ist mein Leben. Manchmal hasse ich es, ich zu sein.
    Ich ließ mich neben dem Leichnam auf die Knie nieder. »Quentin, komm her zu mir.«
    »Muss ich?«
    Kurz überlegte ich. Sylvester hatte mich gebeten, ihm zu zeigen, wie ich meinen Aufgaben nachkam. Er hatte mich nicht aufgefordert, ihn in die grausigen Einzelheiten der Blutmagie einzuführen. Andererseits halte ich nichts davon, Kinder vor der Wirklichkeit abzuschirmen. So etwas geht immer nach hinten los.
    »Ja, du musst«, sagte ich.
    In seinen Zügen rangen Empörung und Furcht um die Vorherrschaft, dann seufzte er auf und kam an meine Seite. Sein antrainierter Gehorsam war stärker als das Verlangen, sich zu weigern. In Faerie werden Höflinge gut ausgebildet.
    »Gut«, sagte ich und konzentrierte mich auf Colin. Vielleicht ist es ein Zeichen dafür, wie viele Leichen ich im vergangenen Jahr gesehen habe, jedenfalls verspürte ich keinerlei Widerwillen, nur Mitleid und Bedauern. Ich seufzte. »Armer Kerl.«
    Ich war mir der Männer hinter uns bewusst, doch sie spielten jetzt keine Rolle mehr. Alles, was zählte, war der Leichnam und das, was er mir zu berichten hatte.
    Colins Hautfarbe sah unter den Linien seiner Henna-Tätowierungen normal aus. Er zeigte keine Anzeichen von Verfärbung, und seine Augen waren noch feucht, wirkten trotz ihres ausdruckslosen Blicks beinahe lebendig. Er war erst vor Kurzem gestorben. Sein Gesichtsausdruck war erschrocken, aber nicht verängstigt, als wäre das, was ihm widerfahren war, zwar überraschend, aber nicht unangenehm gewesen. Zumindest nicht, bis es ihn umbrachte.
    »Tob y … «
    »Ja?« Ich hob Colins Hand und runzelte die Stirn darüber, wie leicht sich sein Ellbogen biegen ließ. Er war so kalt, dass die Leichenstarre bereits eingesetzt haben müsste, doch seine Gelenke waren noch nicht steif. Hier stimmte etwas nicht. Es gibt einen Punkt, an dem sich die Leichenstarre wieder legt und durch Schlaffheit ersetzt wird, aber auch das traf nicht auf ihn zu; sein Körper wies normalen Muskelwiderstand auf. Die Leichenstarre hatte eindeutig noch nicht eingesetzt.
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es noch nicht. Sei mal eine Minute still und lass mich arbeiten.« Die Einstiche an Colins Handgelenken waren hässlich, aber nicht schlimm genug, um die Todesursache zu sein. Die Haut rings um sie wies nur

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