October Daye - McGuire, S: October Daye
bringen, kämpfte mit dem Impuls, hysterisch lachend zusammenzubrechen, und ich glaubte nicht, dass Letzteres eine gute Idee war. Jedenfalls nicht, bevor ich uns beide nach drinnen geschafft hatte.
»Was ist passiert?«
»Euer Sicherheitssystem hat versucht, uns umzubringen.« Ich dachte an die Ladung Magie, die kurz vor der Explosion durch die Luft geknistert hatte. »Oder jemand anderes.«
»Geht es Ihnen gut?« Jan eilte über die von Trümmern übersäte Auffahrt und blieb einen Meter vor mir stehen. Ihre Augen wirkten riesig hinter der Brille, wodurch sie eher wie ein zu großes Kind als wie die Gräfin des Lehens aussah.
»Besser als Quentin. Ich bin wenigstens wach.« Etwas lief mir seitlich am Gesicht herab. Ich hob eine Hand an die Wange und spürte Nässe. Als ich die Finger zurückzog, klebte eine Mischung aus Blut, Asche und Glassplittern daran. Der Anblick meines eigenen Blutes bereitet mir Übelkeit. Somit kam zu der ohnehin schon langen Liste unterdrückter Empfindungen noch der Drang, mich zu übergeben. »O ja, mir geht’s bestens«, sagte ich und rieb mir die Stirn. »Ich mache so etwas jeden Tag.«
Jan trat vor und packte meinen Arm. »Bringen wir Sie erst mal hinein.«
Ich leckte mir über die Lippen und verzog den Mund, als ich Blut schmeckte. »Wir müssen uns erst um Quentin kümmern.«
»Keine Sorge, Terrie ist schon bei ihm.«
Der Geschmack meines eigenen Blute s – das alles andere als leer wa r – schien meine Gedanken zu bündeln. Ich runzelte die Stirn, löste mich von Jan und sagte: »Nein. Ich kümmere mich um ihn.«
»Nein, das werden Sie nicht tun«, widersprach Jan und schnappte sich meinen Arm wieder. »Sie können kaum aufrecht stehen. Lassen Sie das Terrie machen.«
Widerwillig ließ ich mich von ihr abführen und warf Terrie einen warnenden Blick zu. »Ich weiß genau, wie schwer er verletzt ist. Wenn es schlimmer wird, kriegen Sie Stress mit mir, ist das klar?«
Sie sah mich verblüfft an, nickte aber und machte sich daran, Quentin hochzuhieven. Ich sah zu, bis ich sicher war, dass sie ihn hatte, dann wandte ich mich an Jan. »Ist das schon mal vorgekommen? Eine solche Panne des Sicherheitssystems?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Das Tor ist Coblynau-Gewerk. Es ist perfekt ausgewogen. So etwas kann eigentlich gar nicht passieren.«
Ich sah ihr in die Augen und fragte: »Genauso, wie der Strom nicht ausfallen kann?«
»Ja! Genaus o … « Sie verstummte und starrte mich an. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Oh, doch. Ich habe das Alex gegenüber schon angedeutet. Was immer hinter dieser Geschichte steckt, wir haben es nicht mit einem ›was‹ zu tun, sondern mit einem ›wer‹ – denn das da ist das Werk eines Insiders.« Ich deutete aufs Tor und versuchte, nicht auf das Blut zu achten, das an meiner Wange trocknete. »Das war kein Monster. Monster gehen nicht so subtil vor. Das war eine Falle.«
»Autsch.« Jan schloss die Augen. »Oh, Eiche und Esche.«
»Ja.«
Jemand versuchte uns zu töten, das Tor bewies es. Selbst wenn sein Mauerwerk mit einem Schaden abweisenden Bann versehen war, hätte es zumindest dreckig werden müssen, als der Wagen in die Luft gin g – doch das war es nicht. Ein normaler Unfall hätte auch die Polizei auf den Plan gerufen und wäre von der Versicherung der Firma gedeckt worden. Mein Unfall war nicht normal, und ich hätte wetten mögen, dass man die Polizei, sollte eine der Nachbarfirmen sie gerufen haben, still und leise wieder wegschicken würde. Das Ganze glich mehr und mehr einer Entenjagd, und weder Quentin noch ich trugen die Flinte.
»Irgendwer findet hier offenbar, dass man auch ohne Jagdschein Beute machen kann«, murmelte ich.
»Was?« Jan bedachte mich mit einem gequälten Blick.
»Nichts.« Ich weiß, wie es sich anfühlt, erkennen zu müssen, dass jemand in der Familie ein Mörder ist. Auch Devin und ich waren einst so etwas wie eine Familie gewesen. ›Familie‹ ist eigentlich nur ein Begriff für ›die Leute, die einem am meisten wehtun können‹. Ich verstand genau, wie es ihr ging, ich hätte sie sogar bedauert, wenn ich die Zeit gehabt hätte. Für Mitleid ist nie Zeit, wenn man es am dringendsten braucht.
»Ihr Aut o … «
»Ist nicht wichtig.« Ich winkte ab und schüttelte leicht den Kopf. Terrie war mit Quentin längst außer Sicht. »Ich fang mich schon wieder. Gehen wir lieber rein, bevor Quentin aufwacht und denkt, er wird entführt.«
Erschöpfung schlug über mir zusammen wie
Weitere Kostenlose Bücher