October Daye - McGuire, S: October Daye
Riordan zu verärgern. Kannst du dafür sorgen, dass er bis dahin am Leben bleibt?«
Ich lachte bitter auf. »Ich bin nicht mal sicher, ob ich bis dahin am Leben bleibe, aber ich werd’s versuchen.«
»Tu, was du kannst«, erwiderte er. »Aber sei auf jeden Fall vorsichtig, ja?«
»Mach ich. Und Ihr überprüft Euer Telefon, okay? Ich weiß nicht, warum unsere Nachrichten nicht durchkommen, aber es macht mich noch wahnsinnig.«
»Ich werde Tag und Nacht jemanden neben dem Telefon postieren. Melde dich alle sechs Stunden.«
»Und wenn nicht?«
Er schwieg einen Augenblick. Dann erwiderte er tonlos: »Ich lasse mir etwas einfallen.«
Danach gab es nichts mehr zu sagen. Ich verabschiedete mich, legte auf und verstaute Colins Fell in meiner Tasche, bevor ich das Zimmer verließ. Quentin wartete mit seinem Rucksack über der Schulter in der Lobby, wo er an der Wand neben den Fahrstühlen lehnte.
»Was hat dich so lange aufgehalten?«
»Nichts«, erwiderte ich. »Komm. Wir müssen noch etwas auftreiben, womit du Leute verprügeln kannst.«
»Was denn, wir stehlen mir einen Backstein?«
»Wäre eine Idee.« Ich ging auf die Tür zu. Der Rezeptionsheini zuckte wieder zusammen, als wir an ihm vorbeikamen, unser Anblick hatte sich durch den zusätzlichen Baseballschläger wohl nicht verbessert. Ich war nur froh, dass ich das Messer verborgen hatt e – sonst hätte er glatt einen Schlaganfall erlitten. Ich nickte ihm freundlich zu, und er lächelte zittrig. Halb war ich erleichtert, dass wir nicht auschecken wollten. Der Belastung, mit uns reden zu müssen, waren seine Nerven bestimmt nicht gewachsen.
Um zum Auto zu gelangen, mussten wir durch die Garage, wo die flackernde Deckenbeleuchtung zu viele Schatten warf. Ich scheuchte uns in aller Eile zum Wagen. Quentin trat an die Beifahrerseite. Unsere Blicke trafen sich, als wir durch unsere jeweiligen Heckfenster spähten. Es gab Schlimmeres, als dem Jungen ein gesundes Maß an Paranoia einzuimpfe n – beispielsweise, ihn in dem Glauben zu lassen, nichts auf der Welt würde ihm wehtun.
Das Auto war sauber. Ich entriegelte meine Tür und beugte mich hinüber, um die Beifahrerseite zu öffnen, bevor ich meine Sachen in den Fond warf. Quentin stieg ein und stellte seinen Rucksack zwischen seine Knie.
»Irgendeine Idee, wo wir dir ein Fleischerbeil oder etwas Ähnliches besorgen können?«
»Gemischtwarenladen?«, schlug er vor.
»Volltreffer.«
Wir fuhren los und steuerten die Hauptstraße der Stadt an. Wenn so spät noch ein Laden offen hatte, dann dort. Im Fahren warf ich einen Seitenblick auf Quentin. Er starrte nachdenklich aus dem Fenster. Kopfschüttelnd richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße.
In diesen Zeiten waren Helden nicht mehr das, was sie früher waren. Einst wäre ein Ritter in schimmernder Rüstung mit wehendem Banner zur Rettung herbeigeeilt. Heutzutage musste man froh sein, wenn man einen angeschlagenen Wechselbalg mit einem minderjährigen, halb ausgebildeten Helfer bekam, und die Prinzessinnen waren verwirrte Technikfreaks in Türmen aus Silizium und Stahl. Die Maßstäbe hatten sich sehr verändert.
Dreizehn
E s war fast Mitternacht, als wir bei ALH eintrafen. Quentin schob sein vom Wühltisch stammendes Tranchiermesser in die Kartonscheide zurück und sah zu, wie vor dem Fenster die Straßen vorbeizogen. Ich hatte ihm noch nicht gesagt, dass ich ihn zurück nach Schattenhügel schicken wollte. Ich wusste nicht, wie.
»Es ist so dunkel«, stellte er fest.
»Es sind wohl alle nach Hause gegangen.«
Diesmal öffnete sich das Tor nicht, als wir uns näherten. Ich kurbelte das Fenster auf, beugte mich hinaus und rief: »Hier sind Toby und Quentin. Mach schon, lass uns rein.« Keine Antwort. Ich wollte gerade aussteigen und versuchen, das Ding erneut zu verzaubern, als sich das Tor knarrend zu heben begann.
»Vielleicht ist es durcheinander wegen des Stromausfalls«, schlug Quentin vor.
»Schon möglich.« Ich ließ den Wagen wieder an.
Wir befanden uns auf halbem Weg durch das Tor, als das Fallgitter über uns innehielt und ein grässlich knirschendes Geräusch von sich gab.
»Toby, wa s … «
Es knarrte. Und dann fiel es.
Es ist schon komisch, aber in den alten Filmen über Ritter, Burgen und Könige wird nie erwähnt, wie unglaublich aggressiv so ein Fallgitter wirken kann. Plötzlich schien mir das ein schweres Versäumnis, denn die Zinken daran waren spitz, schwer und hielten geradewegs auf uns
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