October Daye - McGuire, S: October Daye
leise.
»Vielleicht sind sie nicht wirklich tot.« Mit neuer Hoffnung sah Jan mich an. »Können Sie sie nicht zurückholen? Sie aufwecken?«
»Nein.« Ich wusste nicht, wie ich ihr beibringen sollte, wie tot sie in Wirklichkeit waren. Jan hatte nicht versucht, ihr Blut zu lesen; sie hatte das fehlende Leben nicht geschmeckt. Quentin und ich hingegen wohl, und wir wussten, dass sie unwiderruflich dahin waren. Schlimmer noch: Ihr Blut war leer. Blut ist niemals leer. Es zeichnet all die kleinen Triumphe und Tragödien eines Lebens auf und bewahrt sie, solange es existiert. Das Blut dieser Leichen bewahrte nichts . Was für Leben sie geführt hatten, wer sie gewesen ware n – alles ging verloren, als sie starben. Sie nahmen es mit in die Dunkelheit, und es verschwand für immer aus Faerie.
Jan seufzte. »Ich verstehe. Ic h … Eiche und Esche, Toby, es tut mir leid. Sie hätten nie in all das verwickelt werden sollen.«
»Mein Lehnsherr hat mich geschickt, also bin ich hergekommen.« Ich zuckte die Achseln. »Und ich gehe erst, wenn es vorbei ist.«
»Und Quentin?«, fragte Terrie und biss sich auf die Lippe.
Quentin warf mir einen besorgten Blick zu. Er hatte sich unübersehbar dasselbe gefragt.
Letztlich würde es sowieso herauskommen. »Sylvester schickt jemanden, der ihn abholt. Bis dahin müssen wir dafür sorgen, dass er unversehrt bleibt.«
»Tob y … «
»Sie hat recht«, fiel ihm Terrie ins Wort. »Das ist nicht dein Kampf, Quentin. Du musst nicht hierbleiben.«
»Ich will aber«, gab er zurück.
»He, ich sage, wir lassen ihn bleiben«, warf Gordan ein. »Wenn sich der Mörder ihn aussucht, haben wir etwas länger zu leben. Er kann es ja als Lernerfahrung verbuchen.« Derart unverblümte Selbstsucht muss man respektieren. Die meisten Leute hätten zumindest so getan, als bedeutete das Wohlergehen anderer ihnen ebenso viel wie das eigene.
»Gordan, sei nicht unfair«, mahnte Jan.
»Hier geht es nicht um Fairness, und das ist keine Diskussion. Sylvester lässt ihn abholen. Und er wird gehen«, sagte ich. Quentins Gesichtsausdruck bezeugte, dass er sich zutiefst verraten fühlte. Bitter.Aber ich würde nicht für seinen Tod verantwortlich sein. »Ich hingegen bleibe, bis alles vorbei ist. Mich werdet ihr nicht so leicht los.«
»Das glaube ich aufs Wort«, murmelte Gordan. Sie hatte es aufgegeben, zornig dreinzuschauen, und wirkte nur noch mürrisch.
»In der Zwischenzeit«, fuhr ich fort, ohne sie zu beachten, »brauchen wir alles, worum ich schon ersucht habe. Informationen über die Opfer, Zugang zu ihren Arbeitsplätzen, alles. Ich will nicht, das irgendwer allein irgendwohin geht. Besteht die Möglichkeit, einen anderen Ort in der Grafschaft aufzusuchen, bis alles geklärt ist? Einen Ort außerhalb des Mugels?«
Jan schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Ja n … «
»April kann hier nicht weg.« Sie sagte es ruhig, ganz leise und ohne jede Hoffnung. »Ich habe keinen tragbaren Server für sie. Wenn wir weggehen, müssten wir sie zurücklassen. Sie wäre schutzlos. Ich werde meine Tochter nicht verlassen.«
»Und wir verlassen unsere Lehnsherrin nicht«, sagte Elliot.
»Wenn alle sterben, verlieren Sie die Grafschaft auch. Lassen Sie mich Sylvester anrufen. Lassen Sie ihn Hilfe schicken.«
»Traumglas würde das als Übergriff betrachten.«
Ich sah Jan forschend an. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, Hilfe zu holen, ohne einen Krieg auszulösen?«
»Nein«, antwortete sie schlicht. »Gibt es nicht.«
»Vielleicht wollen sie das ja.« Gordan stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Woher wissen wir, dass Sylvester sie geschickt hat? Vielleicht sind sie hier, um dafür zu sorgen, dass wir nicht mitkriegen, was los ist. Wissen wir es?«
»Gorda n … «, setzte Jan an, dann verstummte sie und sah mich an. Sie wussten es nicht. Solange die Verbindung zwischen hier und Schattenhügel unterbrochen war, konnten sie es nicht wissen. So wenig ich Gordan mochte, ich konnte nicht umhin, zu bewundern, wie ihr Verstand arbeitete. Sie wollte uns loswerden, und sie hatte die einfachste Möglichkeit gefunden, um zu bekommen, was sie wollte: Sie stellte unsere Legitimation in Frage. Sichtlich zufrieden grinste sie.
»Das ist Schwachsinn«, fauchte Quentin sie an.
»Er hat recht«, pflichtete ich ihm bei. »Wenn ihr euch in Paranoia suhlen wollt, nur zu. Macht, was ihr wollt. Euch sollte nur klar sein, dass das nicht mein verdammtes Problem ist. Mein Problem sind die Toten.«
Elliot
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