October Daye - McGuire, S: October Daye
einer so in sich geschlossenen Firma wie ALH musste es zwangsläufig zu Beziehungen kommen, die über reinen Kollegenstatus weit hinausgingen. »Elliot?«, sagte ich sanft. »Kommen Sie klar?«
»Wir wollten diesen Herbst heiraten«, erklärte er, als hätte ich nichts gesagt. »Wir wollten warten, bis sich die Blätter verfärben. Sie wollt e … sie wollte mich heiraten, wenn die Welt in Flammen steht.«
Es kam immer schlimmer. »Tut mir leid.« Die Worte reichten nicht. Worte sind nie genug.
»Spielt keine Rolle. Sie ist weg, und Sie werden herausfinden, wer sie mir genommen hat.« Achselzuckend öffnete er die Tür und winkte uns einzutreten. Ich musterte ihn kurz, dann nickte ich und betrat den Raum. Quentin folgte wenige Schritte hinter mir, und Elliot, der die Lichter einschaltete, bildete das Schlusslicht.
Quentin hielt inne, als das Licht anging. Seine Augen weiteten sich. »Schic k … «
Das Büro war schick, auf vielschichtige Weise. Die Gestaltung erwies sich als Mischung aus moderner Elektronik und traditionellem Japan mit roten Wänden und sanfter Beleuchtung. Der Computer befand sich auf einer erhöhten Plattform, umgeben von Kissen. An der Mitte einer Wand stand ein klassischer Zeichentisch mit tiefen, breiten Schubladen. Gerahmte Drucke nahmen drei der vier Wände ein, die vierte beherrschte ein mit Hochglanzfotos übersätes Korkbrett.
»Toby, sieh mal«, forderte mich Quentin auf und deutete auf ein Foto in der Mitte der Pinwand. Es war das größte Bild und hatte offenbar einen Ehrenplatz, umgeben von kleineren, achtloser fotografierten Schnappschüssen.
»Ich sehe es«, gab ich zurück und blickte zu Elliot. Das Bild zeigte ihn mit Yui in Sommerkleidern. Beide lächelten in die Kamera. Er hatte einen Arm um ihre Hüfte geschlungen. Beide erstrahlten in jenem perfekten, zerbrechlichen Glück, das schon viele starke Männer angestrebt haben und dabei für den Versuch gestorben sind. Ich fürchte, es muss schlimmer sein, es zu finden und wieder zu verlieren, als es überhaupt nie gehabt zu haben. Elliot stellte sich vor das Bild. Stumme Tränen traten ihm in die Augen. Wäre es nach mir gegangen, ich hätte ihn gern in Ruhe trauern lassen. Leider waren die Anweisungen der Luidaeg ganz eindeutig, und wir hatte nur begrenzt Zeit. »Ellio t … «
»Sehen Sie im Schreibtisch nach«, sagte er, ohne den Blick von dem Foto zu lösen.
Ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl, ging zum Schreibtisch und öffnete die Schubladen auf der linken Seite. Quentin folgte mir und tat rechts dasselbe. Als ich hineinspähte, stieß ich einen langen, leisen Pfiff aus. »Hui.«
Yui hatte nicht übertrieben, als sie meinte, sie könne mit dem Inhalt ihres Schreibtischs einen Laden für Okkultes bevorraten. Die Schubladen waren gerammelt voll mit Gläsern, Flaschen und Kräuterpäckchen. Dazwischen steckten Federbündel, getrocknete Blumen und seltsamere Ding e – all die Notwendigkeiten des Lebens. Ich begann darin zu kramen. »Quentin, such nach Wacholderbeeren.«
»Wie sehen die aus?«
»Wie dunkelviolette Kieselsteinchen. Ein wenig ledrig.«
»Alles klar.«
Die Alraunwurzel befand sich in der zweiten Lade, die ich überprüfte. Ich schob sie in die Hosentasche und schauderte, als ich die Macht spürte, die durch ihre weiße Seidenhülle sickerte. Sie war ordnungsgemäß geerntet, also bei Vollmond aus dem Boden gezogen worden; das war die einzig mögliche Erklärung für die Kraft, die sie ausstrahlte. Durch diese Vorarbeit würde sie besser und zuverlässiger funktioniere n … trotzdem gefiel mir das nicht. Alraunwurzeln werden zur Erschaffung von Doppelgängern verwendet. Sie sind Werkzeuge für Leute, die dunkler und unheimlicher sind, als ich es je sein wollte, doch die Luidaeg hatte unmissverständlich gesagt, dass die Zutaten nicht substituierbar waren.
Ich war nur froh, dass es sich bei Yuis Alraunwurzel um eine Jungpflanze handelte, kaum zwölf Zentimeter lang. Mit einer ausgewachsenen, fast einen Meter langen wäre ich niemals zurechtgekommen. Eine solche Wurzel wäre zu viel für mich gewesen und hätte die Kontrolle über die Beschwörung übernehmen können. Eine Alraunwurzel die Kontrolle über ein Blutmagieritual übernehmen zu lassen, garantiert einen raschen und einfachen Weg in den sicheren Tod. Rasch und einfac h … aber keineswegs schmerzlos.
»Ich habe die Wacholderbeeren«, sagte Quentin und hob ein Glas hoch.
»Und ich habe die Alraunwurzel. Elliot?«
»Was?«, fragte er und
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