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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Blind Michaels Reiter waren es nicht gewohnt, dass ihre Beute sich zur Wehr setzte. Ich überlegte, ob ich ihre Verwirrung ausnutzen konnte, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder. So verwirrt waren sie nun auch wieder nicht, und ich war nicht so schnell.
    »Na los! «, schrie ich. Das wirkte. Die Motoren knatterten wie Hufgetrappel, und sie drangen auf mich ein. Ich wich nicht von der Stelle. Wenn ich Glück hatte, töteten sie mich.
    Der erste Reiter traf mich mit dem Ellbogen an der Schulter und warf mich um. Das Messer fiel mir aus der Hand und schlitterte in den Gully, als ich hinschlug. Jetzt war ich unbewaffnet. Ich rappelte mich hoch, und der zweite Schlag traf mich hart am Kopf, sodass ich wieder umfiel. Ich stürzte schwer. Als ich aufzustehen versuchte, gelang es mir nicht; in meinem Schädel drehte sich alles, und zuckende schwarze Flecken blendeten große Teile meiner Umgebung aus. Ich rollte auf die Seite und krümmte mich zusammen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, während ich darauf wartete, dass mein Kopf wieder klar wurde.
    Auf einmal zischte hinter mir eine irgendwie vertraute Stimme: »Mach die Augen zu!« Auf Befehle aus dem Schatten höre ich lieber, vor allem, wenn ich gar keine andere Wahl habe. Ich kniff die Augen zu und rollte mich noch fester zusammen.
    Ich sah nicht, was als Nächstes geschah. Im Allgemeinen bin ich sehr froh darüber. Nur manchmal, spätnachts, müht sich mein Hirn damit ab, Bilder zu ersinnen, die zu den Geräuschen passen könnten, und dann wünsche ich mir, ich hätte gesehen, was passierte. Es kann eigentlich nicht so schlimm gewesen sein wie das, was ich mir auszumalen fähig bin. Nicht ganz.
    Nichts könnte so schlimm sein.
    Es begann mit einem lang gezogenen, ansteigenden Schrei wie das Heulen einer Banshee, nur wilder und wütender. Dann riss es unvermittelt ab, ersetzt durch Schmettergeräusche, Klatschen und das weiche Ritsch-Ratsch von reißendem Fleisch. Schreie und Knurren erfüllten die Luft. Ich wollte schon den Kopf heben, da flog ein Stück Rüstung gefährlich dicht an mir vorbei, und ich duckte mich rasch wieder. Auch gut. Ich konnte nicht aufstehen und ich konnte nicht weglaufen, also wartete ich am besten still und leise und hoffte, was auch immer die Reiter angegriffen hatte, verspürte keine Lust auf einen Wechselbalgnachschlag.
    Mit einem letzten zornigen Aufbrüllen endete die Geräuschkulisse, und es wurde still. Ich blieb, wo ich war, die Augen fest zugekniffen. Schritte näherten sich, dann hörte ich, wie sich jemand hinkniete.
    »Hier«, sagte Tybalt und klang irgendwie zynisch amüsiert. »Dein Messer.« Ein wohlvertrauter Griff schob sich in meine Hand. »Du kannst jetzt die Augen aufmachen.«
    Ich tat es und hob meinen dröhnenden Kopf, bis der König der Katzen in mein Sichtfeld schwamm. Sein Hemd war zerfetzt, und er war blutüberströmt, aber er selbst schien unverletzt.
    »Wir sollten lieber machen, dass wir wegkommen«, meinte er und hielt mir die Hand hin. »Der Rest von Blind Michaels Truppen wird das hier nicht witzig finden.«
    »Wie hast du … « Ich schob das Messer in die Scheide, packte seine Hand und zog mich daran hoch. Prompt dröhnte mein Kopf wieder, und alles drehte sich. Verdammt. Kann ich nicht ein Mal einen Angriff hinter mich bringen, ohne dass irgendwer versucht, mir den Schädel zu spalten?
    »Die Luidaeg hat mich gerufen«, sagte er. Anscheinend machte ich ein dummes Gesicht, denn er gönnte mir ein kurzes, offenherziges Lächeln. »Sie meinte, du dürftest nicht um Hilfe bitten. Sie hingegen könne jederzeit bitten, wen immer sie wolle.«
    »Hat sie wirklich bitte gesagt?« Ich musterte prüfend meine Kerze, um sicherzugehen, dass sie nicht beschädigt war. Die Flamme brannte weiterhin ruhig und blau, Oberon sei Dank.
    »Nein«, erwiderte er. »Tut sie das jemals?«
    »Wohl eher nicht«, sagte ich. »Bist du nur gekommen, um meinen Arsch zu retten?«
    »Sie dachte anscheinend, du könntest dich über Geleitschutz freuen.«
    Ich starrte ihn an, und mein Stolz vollführte ein kurzes, vergebliches Ringen mit meinem Verstand. Hatte ich Lust, zuzugeben, wie dringend ich Hilfe brauchte? Verflucht noch mal, nein. Würde ich es ohne bis nach Schattenhügel schaffen? Wohl kaum.
    »Ja«, sagte ich seufzend. »Den kann ich brauchen.«
    Er kicherte vergnügt, und wieder stellten sich meine Nackenhaare auf, aber diesmal ganz anders. »Manchmal bist du einfach erheblich zu stolz. Ich versuche nicht, dich

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