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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Augen auf und blinzelte das Eis von meinen Wimpern. Wir standen in einer Gasse, und nach den Häusern rings um uns zu urteilen befanden wir uns irgendwo in Oakland, also mindestens fünfzig Kilometer von unserem Ausgangspunkt entfernt. Und wir waren allein. Das war entschieden ein Fortschritt.
    »Toby, wenn du nichts dagegen hast, muss ich dich dringend mal absetzen«, sagte er. Seine Stimme klang zittrig. Ich schaute hoch und erschrak. Er sah aus wie nach einem Staffellauf durch die Hölle.
    »Natürlich«, sagte ich rasch.
    Er stellte mich auf den Boden. Vorsichtig setzte ich mich hin und steckte den Kopf zwischen die Knie. Mein Körper signalisierte mir nachdrücklich, dass er sofort eine Gelegenheit brauchte, Rast zu machen und sich hemmungslos zu übergeben. Normalerweise bin ich durchaus bereit, auf meinen Körper zu hören, nur hat er leider eine etwas beschränkte Auffassung von unmittelbarer Lebensgefahr. Ich war allein mit dem König der Katzen in einer fremden Gasse und musste damit rechnen, dass Blind Michaels Lakaien über uns herfielen, um uns zu erledigen. Kein guter Zeitpunkt, um in Ruhe zu kotzen. Ich befahl meinem Magen zu kooperieren und hoffte, er würde gehorchen.
    Tybalt trottete zur nächsten Ecke, neigte lauschend den Kopf und überprüfte die Straßen nach allen Seiten auf Anzeichen drohender Gefahr. Ich blieb sitzen, wo ich war, und gab mir Mühe, nicht allzu laut zu keuchen. Meine Lungen waren fast so rebellisch wie mein Magen, sie wollten nur noch Luft, und zwar sofort . Es war mir jetzt sehr recht, dass Tybalt sich um alles kümmerte. Ich wusste es zu schätzen, dass er mir den Rücken freihielt. Ich liebe Stacy und Connor heiß und innig. Aber in Zeiten der Gewalt würde ich ihnen lieber nicht mein Leben anvertrauen. Für so etwas brauche ich Leute wie Tybalt.
    Ich stutzte und erschrak. Die Luidaeg! Sie wusste, wo ich die Kinder hingebracht hatte. Blind Michael war ihr Bruder. Wie stark war ihre Bindung aneinander? Stark genug, dass er sie in Ruhe lassen würde? Ich wusste, er war hinter mir her – dafür gab es ja nun mehr als genug Belege – , aber würde er auch sie angreifen, wenn er annahm, dass ihm das half, die Kinder zurückzubekommen? Die Luidaeg war eins der schlimmsten, gefährlichsten Wesen, die ich kannte. Doch das hieß noch lange nicht, dass Blind Michael nicht weit schlimmer war.
    Ich bekam nichts davon mit, dass Tybalt zurückkam, bis sich seine Hand auf meine Schulter legte. Wäre er einer von Blind Michaels Männern gewesen, ich hätte keine Chance gehabt. So ist das, wenn man völlig erschöpft ist. Ich schrak heftig zusammen, und er lächelte matt und setzte sich neben mich. Seine Hand ließ er, wo sie war.
    »Du bist verletzt«, bemerkte er tadelnd.
    »Scheint so«, sagte ich. Etwas in meinem Nacken fühlte sich verdächtig feucht an. Doch meine Sicht hatte sich wieder normalisiert, also war ich wohl sicher vor einer Gehirnerschütterung. Zumindest halbwegs. »Ist nichts Gravierendes.«
    Tybalt nahm seine Hand von meiner Schulter und fuhr mir damit langsam durchs Haar. Ich biss mir auf die Zunge und unterdrückte ein Aufjaulen, als seine Finger jeder einzelnen Schramme nachspürten, die mein malträtierter Skalp zu bieten hatte. »Nichts Gravierendes?« Er zog die Hand weg. Blut rann von seinen Fingerspitzen. »Wenn die Nachtschatten kommen, um dich zu holen, sage ich, sie sollen sich verziehen, denn es ist nichts Gravierendes, richtig?«
    »Das ist unfair«, knirschte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Der Schmerz war schlimm genug, das Blut machte die Sache auch nicht besser. Ich hasse den Anblick meines eigenen Blutes.
    »Seit wann ist irgendwas fair, was uns beide betrifft?«, fragte er, stand auf und hob mich dabei gleich mit hoch, ganz beiläufig. Ehe ich reagieren konnte, lag ich an seiner Brust, und meine Beine klemmten fest unter seinem Arm.
    »Hey!«, protestierte ich. »Lass mich runter!«
    Er blinzelte mich an. Verkniff er sich ein Lächeln? »Wir müssen Schattenhügel erreichen, bevor die Jagd uns aufspürt. Ich konnte deinem Geruch quer durch die halbe Stadt folgen. Glaubst du wirklich, Blind Michaels Truppen seien darin weniger bewandert? Ich hab zwar einen kleinen Vorteil – ich bin nämlich ein wenig vertraut mit deinem Geruch – , aber sie werden uns mit Sicherheit ausfindig machen.«
    »Also müssen wir in Bewegung bleiben. Das schaffe ich.« Ich konnte mich kaum rühren, wenn er mich so festhielt. Zudem war seine Nähe höllisch

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