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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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ich los. Ich konnte mich nicht umsehen. Die Regeln der Luidaeg gestatteten es mir nicht.
    Pixies umschwärmten mich, als ich den Hügel erklomm. Sie jagten einander und vollführten dabei eine endlose Serie von luftakrobatischen Kunststückchen. Ich verkniff mir ein Schmunzeln. Pixies sind nicht besonders klug – sie ähneln im Grunde winzigen Halbaffen mit Flügeln – , aber wenn sie nicht gerade willkürlich Leute angreifen, sind sie im Grunde gutartig. Ansonsten sind sie launisches, diebisches Ungeziefer, und gerade deshalb mag ich sie gern.
    Der Park war völlig menschenleer. Es war schon zu spät im Jahr und der Abend zu weit vorangeschritten für Spaziergänger, denn mit dem Sonnenuntergang büßte ihre Welt die Sicherheit ein, und sie strebten eilends heimwärts. Hier waren ihnen zu viele Schatten. Schließlich kommen Ungeheuer immer in der Dunkelheit. Normalerweise macht mir das nichts aus, aber dies war keine Normalsituation. Ich musste schleunigst in den Mugel. Meine einzige Sicherheit war der zweifelhafte Komfort der Gastfreundschaft der Luidaeg, und die hatte ich hinter mir gelassen, um ihren wahnsinnigen kleinen Bruder zu jagen. Ich mutete mir wirklich einiges zu.
    Um nach Schattenhügel hineinzukommen, muss man eine bestimmte Abfolge von Schritten, Drehungen und Verrenkungen vollführen, die manchen Zirkusartisten in Verlegenheit bringen könnte. Wenn die Torquills Sinn fürs Wesentliche haben, müsste eigentlich in der Nähe der Pforte irgendwo eine geheime Kamera versteckt sein, die den Eingangsbereich ständig filmt. Nicht etwa aus Sicherheitsgründen, sondern wegen des hohen Unterhaltungswerts. Die Pixies lachten sich schlapp, während ich brav meine komplizierte Schrittfolge absolvierte, und schwirrten dann davon.
    Die Tür in der alten Eiche öffnete sich knarrend, als ich mich unter dem Weißdornstrauch hervorwand. Ich stieß sie auf, schritt über die Schwelle und betrat Schattenhügel. Dann blieb ich wie angewurzelt stehen. Normalerweise führt die Eichentür direkt in die Eingangshalle, aber dies … nun, dies war sie nicht.
    Der Fußboden war aus grasgrünem Marmor, die Wände waren blau und gingen nach oben nahtlos in die Decke mit einem Muster aus flauschigen weißen Wölkchen über. Die Einrichtung bestand aus Polstermöbeln, ebenfalls dick und flauschig und mit abgerundeten Kanten. Der ganze Raum wirkte, als wäre er in kleinerem Maßstab gehalten als üblich. Ich war im Kindersaal von Schattenhügel gelandet.
    Betreten ließ ich mich in den nächsten Sessel sinken, gönnte meinem Knie etwas Ruhe und sah mich im Raum um. Seit meine eigene Kindheit vorbei war, hatte ich den Kindersaal nicht mehr gesehen, aber alles war noch so wie in meiner Erinnerung. An den Wänden waren zahllose nicht ganz weggeputzte Finger- und Handabdrücke zu erkennen, und fast war ich geneigt zu glauben, einige davon stammten noch von mir. Die Kindheit ist so kurz, selbst für die Unsterblichen. Und wie viel davon wird verplempert mit dem Wunsch, erwachsen zu werden.
    Das Geräusch von Krallen auf Marmor warnte mich vor, ehe ein Rosenkobold auf meinen Schoß sprang. Ich blinzelte ihn erstaunt an. »Hallo, du.« Er war kleiner und zierlicher als Spike, mit weinroten Augen und grau-rosa Dornen. »Was kann ich für dich tun?«
    »Er hat dich gesucht«, sagte Luna und trat ein. »Die Pixies haben gemeldet, dass du kommst, aber wir wussten nicht genau, wo du bist.«
    »Luna. Hallo.« Ich blickte auf und entbot ihr ein müdes Lächeln. »Ich schätze, ich bin auf einer Art Kreuzzug.«
    »Auch das haben sie erwähnt. Und dass du den armen Tybalt umgebracht hast.«
    »Er hat sich erholt.«
    »Das ist so seine Art. Eine seiner wenigen echten Tugenden.« Sie betrachtete die Kerze in meiner Hand. In ihrem Blick lag keine Überraschung, nicht die leiseste Spur. »Also ziehst du nun wieder ins Reich meines Vaters.«
    »Er hat immer noch Karen. Und er ist der Einzige, der Katie erlösen kann.«
    »Ja, so ist es.« Sie seufzte. »Wir haben uns bemüht, aber es hört nicht auf. Wenn die Verwandlung noch weiter voranschreitet, bleibt nichts Menschliches von ihr übrig.«
    »Ich bin unsicher, ob sie überhaupt noch ein Mensch ist, Luna. Die Luidaeg sagte, du sollst Katie zu ihr schicken. Vielleicht kann sie gar nichts machen, aber sie will es versuchen.«
    »Ich halte das nicht für unbedenklich«, sagte Luna.
    »Keine Ahnung. Ich muss los.« Ich stand auf und verzog das Gesicht. Der Schmerz in meinem Kopf war lästig, aber zu

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