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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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sie zu verlieren. Ich stolperte hinter ihr her und nahm halb bewusst wahr, dass ich das Gewand nicht mehr trug. Dann packte ich die Kerze wieder, rollte mich zusammen, klammerte mich an ihr Licht und weinte, bis der Schwindel verging.

Kapitel 9
    D ie Welt schien sich eine halbe Ewigkeit um mich zu drehen. Ich blieb zusammengerollt am Boden liegen, bis mein Schluchzen nachließ und sich in trockenen Husten verwandelte. Gleichgewichtsverlust rangiert auf der Liste meiner persönlichen Furchtgegner irgendwo zwischen Ärger mit Behörden und Schuhe kaufen gehen. Auf einer Achterbahn wird man mich nie freiwillig antreffen.
    Ich rührte mich nicht, bis ich sicher war, aufstehen zu können, und selbst dann dauerte es noch unverhältnismäßig lange, bis mein Gleichgewichtssinn wiederhergestellt war – normalerweise bin ich schnell wieder auf den Beinen, aber was auch immer die Luidaeg da mit mir angestellt hatte, mein Körper schlingerte immer noch davon. Und der Geschmack ihres Tranks überzog das ganze Innere meines Mundes. Es fühlte sich an, als ob etwas darin gestorben wäre. Eins war mal sicher: Tim Mälzer brauchte ihre Konkurrenz nicht zu fürchten.
    Der graue Nebel war verschwunden, sodass die Gegend um mich herum sichtbar war. Als ich aufblickte, vermisste ich das Grau beinahe.
    Ich befand mich mitten in einer weiten dunklen Ebene. Dürre, aufgeplatzte Erde erstreckte sich in alle Richtungen, dazwischen verstreut gab es zackige Felsen und vereinzelt feindselig aussehendes Dornengestrüpp. Berge umschlossen die Ebene auf allen Seiten, überragten das Land, und der Himmel darüber war tiefschwarz ohne jeden sichtbaren Stern. Nur einige dünne graue Wolkenfetzen durchbrachen die Schwärze, getrieben von einem Wind, den ich nicht spüren konnte. Die Luft am Boden war kühl, aber reglos.
    Zitternd schlang ich die Arme um mich. Normalerweise macht mir Dunkelheit nichts aus. Die Fae lieben die Sonne nicht sonderlich, und in den Sommerlanden herrscht ein fast ständiges Zwielicht. Es gibt immer viele Schatten in Faerie. Nur sind es gewöhnlich warme, offene Schatten, die eine gemütliche, einladende Dunkelheit erzeugen. Dies hier war keine warme Nacht. Es war eine Nacht für Abgänge, und für Monster.
    Mit meiner Perspektive stimmte irgendetwas nicht. Das Problem schien nicht an der Umgebung zu liegen. So feindlich sie auch wirkte, sah sie doch in sich stimmig aus, solange ich nicht versuchte, zu angestrengt über das nachzudenken, was ich sah. Es war etwas verkehrt mit meiner Art, die Dinge zu sehen, als hätte ich irgendwie eine falsche Proportion zur Landschaft. Etwas –
    Die Kerze loderte plötzlich hoch auf, und ich musste den Kopf wegreißen, um meine Haare nicht in Brand zu setzen. Ich hielt sie auf Armeslänge von mir und beobachtete, wie die blaue Flamme höher und immer höher brannte. Die Luidaeg hatte gesagt, die Kerze sei meine Landkarte. Wenn sie abgebrannt war, konnte ich weit üblere Probleme bekommen als eine leicht verzogene Sicht. Ich versuchte es mit Pusten und Schütteln, aber das änderte gar nichts. Schließlich sagte ich verzweifelt: »Schon gut! Ich denke nicht mehr darüber nach! Okay?«
    Die Flamme schrumpfte augenblicklich zu einem artigen Flämmchen. Was auch immer hier verkehrt war, die Luidaeg – oder jedenfalls ihre Kerze – wollte nicht, dass ich es hinterfragte. Ich starrte die Kerze wütend an. Ich hasse Rätsel, und ich hasse es noch mehr, wenn ich zum Mitspielen gezwungen werde. Lieber mache ich in solchen Fällen kurzen Prozess: dem Rätselsteller auf die Glocke hauen, bis er mit der Antwort rausrückt. Vielleicht erhöht das die Wahrscheinlichkeit, sich Beulen zu holen, dafür ist es längst nicht so verwirrend. Aber wenn sie darauf bestanden, dass ich hier mitspielte, dann spielte ich eben mit. Nicht, dass ich eine Wahl hatte.
    Langsam drehte ich mich im Kreis und sondierte die Landschaft. In einiger Entfernung erstreckte sich ein Wald. Er schien ganz aus diesen großen, knorrigen Bäumen zu bestehen, die eine natürliche Barriere gegen die Welt bilden, und er brachte es fertig, noch abweisender zu wirken als die Ebene. Das bedeutete wahrscheinlich, dass ich dort hinmusste. Manchmal ist es noch aufreibender, mit Märchenklischees klarzukommen als mit Fae-Gepflogenheiten. Sollte ich jemals Nachfahren der Gebrüder Grimm treffen, werde ich ihnen die Nasen brechen und möglicherweise noch ein paar andere passende Körperteile.
    Vielleicht blieb mir keine Wahl, als mich mit diesem

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