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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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nicht, dass die Königin mir je verziehen hat. Ich habe es mir zur Regel gemacht, ihre Gegenwart weitestgehend zu meiden, um sie nicht daran zu erinnern, wie unglücklich sie über die ganze Angelegenheit war.
    Es ist wenig hilfreich, dass Wechselbälger die unterste Stufe der Gesellschaft der Fae bilden; wir sind zu sterblich, um ihr wirklich anzugehören, und zu sehr Fae, um mit einem Tätscheln auf den Kopf und »Hab ein schönes Leben« zurück zu unseren menschlichen Eltern geschickt zu werden. Vorausgesetzt, unsere menschlichen Eltern leben noch, nachdem wir lang genug in den Sommerlanden gewesen sind, um zu erkennen, wie steif einem der Wind dort um die Nase wehen kann. Und das ist keinesfalls gewährleistet. Die meisten von uns fristen die Jahrhunderte als Mitläufer an den verschiedenen Fae-Höfen, folgen unseren unsterblichen Verwandten und betteln wie Welpen um Krumen, bis uns die eigene Vergänglichkeit einholt und wir zum Sterben davonschleichen. So soll das Spiel laufen. Nur habe ich mich schon immer geweigert, mich an diese Regeln zu halten, wodurch ich mich in den höheren Gefilden des Adels nicht unbedingt beliebter gemacht habe.
    Angesichts der späten Stunde waren nur noch wenige Autos zur Bucht unterwegs. An manchen Orten ist es zu kalt für eine Verabredung an einem Dezemberabend, sogar in einer Stadt, deren Ruhm auf einem eisigen Ozean und ständigem Nebel basiert. Da zu erfrieren nicht gerade förderlich ist, wenn man eine angenehme Zeit haben möchte, hatten sich die Touristen weiter ins Landesinnere verzogen, sodass ich freie Fahrt zu meinem Ziel hatte: einer kleinen Ansammlung von Straßen und verfallenden Geschäften etwa sechs Meilen von Fisherman’s Wharf entfernt am Meer. Der Strand, zu dem ich wollte, gehörte zu keinem Naturreservat, Küstenpfad oder Ausflugsziel. Es handelte sich lediglich um einen steinigen Landstreifen an der inneren Krümmung der Küstenwand, so abgeschieden, dass er in Vergessenheit gerate n, aus Sicht der Fae aber ungeheuer wichtig war.
    Wo ich hinwollte, gab es keine Straßenverkäufer oder Touristenfallen, nur den Geruch des Meeres und des natürlichen Verfalls jedes Küstenorts. Im Großteil der Stadt ist das Parken wegen der Touristen kostenpflichtig. In der Nähe des Mugels der Königin ist es schwierig, weil es kaum Möglichkeiten dafür gibt. Lagerhäuser und verwahrlosende Industriegebäude regen nicht unbedingt zum Bau von Parkplätzen an. Ich musste fünfzehn Minuten im Kreis fahren, bevor ich einen Abstellplatz ohne Parkuhr fand, auf halbem Weg eine Nebenstraße hinunter, die eher einer Gasse ähnelte. Bevor ich ausstieg, schob ich meine Tasche ins Handschuhfach. Vielleicht war es eine Einladung zum Diebstahl, aber ich trage nicht gerne Unnötiges mit mir herum, wenn ich die Königin besuche. Das Risiko ist zu groß, dass ich unverhofft flüchten muss.
    Der Geschmack von Rosen geriet mir in den Mund, als ich aus dem Wagen stieg. Ich taumelte, und das Bild eines Luftgeists mit zerfledderten, eichenblattähnlichen Flügeln zuckte durch meinen Verstand. Der Schlüsse l …
    Was immer es sein mochte, es war wichtig. Aber es blieb etwas, das ich erst herausfinden würde, wenn ich dies hinter mir hätte: der Königin zu berichten, was geschehen war. Ich drängte das Bild zusammen mit den dornigen Ranken von Evenings Fluch zurück. Ich hatte eine Aufgabe zu erledigen, stülpte mir den Mantelkragen übers Kinn und setzte mich die Gasse hinab in Richtung des Meeres in Bewegung.
    Nahezu alle Fae-Höfe befinden sich an verborgenen Plätzen, die als »Mugel« bezeichnet werden. Das sind kleine Blasen der Wirklichkeit, die im Gleichgewicht zwischen der Welt der Sterblichen und den Sommerlanden existieren. Manche sind einfach zu erreichen, während andere alles Mögliche bis hin zu Blutopfern erfordern, um in sie hineinzugelangen. Es kommt ganz darauf an, wer sie errichtet hat und wer die Pforten kontrolliert.
    Ich habe schon Portale in Jahrmarkt-Fotokabinen, Tankstellen-Toiletten und alten Kartons gesehen, natürlich auch in den traditionelleren Grasringen und Steinpforten. Die Königin der Nebel hat ihre eigenen Türen geöffnet, was bedeutet, dass ihr Mugel gut versteckt und nicht einfach zu erreichen ist. Um hineinzugelangen, muss man eine Viertelmeile über einen größtenteils unberührten Strand wandern, über nasse, mit Möwendreck und altem Seetang verkrustete Steine klettern und versuchen, unterwegs nicht in den Pazifik zu fallen. Ein Marsch in der

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