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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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er vertraute der Macht meines Versprechens, das mich band. Und damit hatte er recht. Ich würde für jede Information bezahlen, die er mir beschaffte. Ich würde für alles bezahlen, was seine Kinder für mich taten, und wenn seine Hilfe dazu führte, dass ich fände, wonach ich suchte, würde ich doppelt bezahlen. Er mochte mich ja. Ich wusste genug darüber, was mit Leuten geschah, die er nicht mochte, wenn ihre Rechnungen fällig wurden, um zu hoffen, dass er nie aufhören würde, mich zu mögen.
    »Morgen früh, das geht nicht«, entgegnete ich. »Ich muss nach Schattenhügel, um mit Sylvester zu reden. Ich kann frühestens morgen Abend bereit für sie sein.«
    »Dann lass dich doch zumindest von jemandem nach Hause begleiten.«
    Ich rieb mir mit der Hand über die Stirn. »Devin, ich bin erschöpft, und damit meine ich, dass ich mich jetzt nicht mit deinen Kindern herumschlagen kann. Ich muss ein wenig schlafen, sonst bin ich nicht in der Lage, die Begegnung mit Sylvester zu bewältigen.«
    »Wenn er keine Macht besitzt, warum gehst du dann zu ihm?«
    »Weil«, antwortete ich und blickte auf meine in Seide gehüllten Beine, damit ich seinen Gesichtsausdruck nicht zu sehen brauchte, »er immer noch mein Lehnsherr ist und ich gerade mit den Ermittlungen in einem Mordfall beginne. Ich muss ihn nicht um Hilfe bitten, aber ich muss ihm Bescheid geben, bevor ich mich in Gefahr begebe.«
    Ich spürte, wie Devin mich beobachtete. »Du kannst der Lehnstreue entsagen. Er hat dir keine Gefallen getan.«
    »Bitte, verlang das nicht von mir.« Ich blickte wieder auf. »Noch nicht.« Von einem Wechselbalg wird das Brechen von Eiden geradezu erwartet. Deshalb habe ich es nie getan. Sylvester würde mich freigeben, wenn ich ihn darum ersuchte. Aber das werde ich nie tun, weil es nur all die Dinge beweisen würde, die man ohnehin schon über meinesgleichen sagte. Ich mochte meine Versprechen bereuen, dennoch würde ich sie halten.
    Devin betrachtete mich einen Moment lang mit ausdrucksloser Miene, ehe er seufzte. »Wie du willst. Ich weiß ja, dass es keinen Sinn hat, mit dir zu streiten.« Er öffnete die oberste Schublade seines Schreibtischs, holte etwas von der Größe eines Kartenspiels hervor und schob es mir zu. »Nimm das.«
    »Was ist das?«, fragte ich und ergriff es.
    »Ein Mobiltelefon. Ich habe genau für solche Fälle immer welche in Reserve.« Devins Nicken war knapp, wirkte aber zufrieden. Reinblütler reagieren auf Veränderungen, wenn überhaupt, dann nur träge. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind Wechselbalg-Eigenschaften. Wenn er diese noch besaß, würde er gut zurechtkommen.
    Nach dem bisherigen Verlauf der Nacht hätte ich gesagt, dass mich nichts mehr erschüttern könnte. Ich hätte definitiv nicht auf ein kleines Kunststoffding gesetzt, das nur wenige Gramm wog und dessen Tasten sich unter einem Klappdeckel verbargen, durch den es wie etwas aus Star Trek aussah. Plötzlich wie betäubt hob ich den Kopf und starrte Devin an.
    Vierzehn Jahre sind nichts in Faerie. Sie gleichen einem Blinzeln, einem einzigen Gezeitenzyklus. Es haben schon Bälle stattgefunden, die länger dauerten, Bankette, die sich über Jahrzehnte erstreckten. Die Welt der Sterblichen hingege n … die Welt der Sterblichen funktionierte nicht so. Das Telefon, mit dem ich zum letzten Mal vor meinem Verschwinden mit Cliff gesprochen hatte, wog fast ein halbes Kilo. Es war hässlich und klobig, und man konnte es fast unmöglich verlieren. Dieses Gerät hier war ein schnittiges, handliches Accessoire, das jeder auf der Straße bei sich tragen konnte. Es glich der Zukunft, verpackt in etwas Handfestes. Ich war in der Lage gewesen, damit zurechtzukommen, als nur die Menschen solche Dinger hatten, da ich mir so einreden konnte, zumindest Faerie wäre unverändert geblieben. Aber dem war nicht so. Alles hatte sich verändert.
    Devin erkannte die Verwirrung in meinen Augen, denn er setzte ein kleines, verletzendes Lächeln auf, aus dem sprach: »Das wäre nicht passiert, wenn du hiergeblieben wärst.« Dann drehte er sich zur Seite und betätigte den Knopf der Gegensprechanlage. Der Knopf des Gegenstücks im Hauptraum war an der Wand unter Glas montiert. Ich hatte nur zweimal miterlebt, wie die Gegensprechanlage vom Hauptraum aus benutzt wurde. Einmal handelte es sich um einen Streich, und der Junge, der ihn begangen hatte, wurde von einem halben Dutzend größerer Jugendlicher halb totgeprügelt. Das andere Mal war Julie so schwer

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