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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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ich konnte nicht erkennen, ob er lachte oder weinte. So wie ich ihn kannte und kenne, könnte er beides getan haben.

Kapitel 8
    D er Rest von Devins Kindern befand sich noch im vorderen Barbereich und beobachtete uns argwöhnisch, als Dare und Manuel mich hinausbegleiteten. Ich schwieg, und sie taten es mir gleich. Wir hatten einander nichts zu sagen. Ich war einmal in ihrer Lage gewesen und daraus ausgebrochen. Aus meiner Sicht wurden sie benutzt, und aus ihrer Sicht verkörperte ich bloß eine Verräterin. Ich denke, wir waren alle froh, als ich in mein Auto stieg, losfuhr und das Heim samt den zwei goldhaarigen Gestalten am Randstein hinter mir ließ, wo sie rasch in der Ferne entschwanden. Jedes Mal, wenn ich glaube, mich von dem Ort befreit zu haben, findet er einen Weg, mich zurückzuziehen. Vielleicht ist doch etwas an Devins kleinem Schild.
    Der Himmel präsentierte sich dunkel, bis zum Sonnenaufgang waren es noch Stunden. Ich war weniger als die halbe Nacht wach gewesen und dennoch so müde, dass ich kaum noch klar sehen konnte. Mehrere Verwirrungszauber, ein bedeutender Akt der Blutmagie, eine Begegnung mit einer zornigen Monarchin und ein Ausflug ins Heim, und das alles binnen sechs Stunden! All dies bewirkte so etwas bei mir.
    Sobald ich mich weit genug vom Heim entfernt hatte, um nicht mehr das Gefühl zu haben, Devins Kinder würden an die Scheiben klopfen, wenn ich anhielte, rollte ich an den Straßenrand und warf das Mobiltelefon auf den Beifahrersitz, wo es geräuschlos landete. Ich stützte den Kopf auf das Lenkrad und schloss die Augen. Ich brauchte nur ein paar Sekunden. Gerade lange genug, um die Gedanken zu sammeln und den Geschmack von Rosen hinunterzuschlucken, bevor er aufsteigen und mich überwältigen konnte. Dann könnte ich weiterfahren.
    Jemand klopfte ans Fenster.
    Ich hob den Kopf. Entweder war mit phänomenaler Geschwindigkeit Nebel aufgezogen oder etwas Seltsames ging gerade vor sich: Die Welt außerhalb der Windschutzscheibe bestand aus einem soliden Grau, wodurch sie zu einer interessanten, aber nutzlosen Wasserfarbenstudie wurde. Das Klopfen ertönte erneut, als ich Ausschau nach Anzeichen für Bewegung hielt. Diesmal stammte es vom Heck des Wagens. Ich drehte mich herum und erhaschte einen flüchtigen Blick auf etwas, das annähernd die Größe meiner Katzen hatte, bevor es wieder verschwand. Großartig. Mir war kalt, ich war erschöpft und verflucht, und nun wurde ich auch noch von etwas belästigt, das sich zu schnell bewegte, um es richtig sehen zu können. Genau so liebe ich es, meine Zeit zu verbringen.
    Mit langsamen Bewegungen, um das Wesen, was immer es sein mochte, nicht zu erschrecken, öffnete ich die Tür und glitt aus dem Wagen. Sofort wünschte ich, die Königin hätte es nicht für nötig gehalten, meinen Mantel in ein Seidenballkleid zu verwandeln, und dass ich nicht die Gewohnheit abgelegt hätte, Reservekleider für Notfälle im Kofferraum aufzubewahren, als ich mich aus meiner früheren Branche zurückzog. Zitternd ließ ich den Blick über die Umgebung wandern. Weit und breit sah ich niemanden. Die trübe Straßenbeleuchtung vermochte den Nebel kaum zu durchdringen.
    »Hallo?« Die Luft erfasste meine Stimme und schleuderte sie mir als Echo zurück. Das war seltsam. Die meisten Straßenecken weisen doch keine widerhallende Akustik auf. »Hallo?«, rief ich erneut. Diesmal kam das Echo noch stärke r – etwas warf meine Stimme tatsächlich zu mir zurück. Oh, das war jetzt aber genau das, was ich nicht brauchte. Der Nebel war zu dicht, um natürlich zu sein. Eine Vielzahl der »Geschöpfe der Nacht« aus Faerie haben in den vergangenen Jahrzehnten begonnen, sich Spezialeffekte aus Horrorfilmen abzuschauen, was bedeutete, dass ich es mit etwas Garstigem zu tun haben mochte.
    Natürlich konnte es sich auch um etwas handeln, das wirklich bloß den Nebel mochte. So oder so, es war nicht das Einzige, das ihn verwenden konnte. Ich streckte beide Hände aus, grub die Finger in das Grau und zog es zu mir. Ich war nie gut im Schattenformen oder Feuerwirken, aber gibt man mir einen dichten Schleier aus Wasserdampf, dann komme ich mit den Grundlagen zurecht. Diesmal bestand mein Ziel in Klarheit: Wasser eignet sich hervorragend zum Klarsehen, und Nebel ist ja lediglich Wasser, das seinen Ursprung vergessen hat.
    In meinem Kopf pochte es, während ich zog und Nebel zwischen den Händen ballte, bis ich eine Kugel von der Größe eines Basketballs hatte. Das war ein gutes

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