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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nennen?«
    »Die Lage der Dinge.«
    »Du stehst der Lage der Dinge im Weg? Um welche Dinge handelt es sich denn?«
    »Du hast mich missverstanden. Was vor mir liegt, ist einfach nur die Lage der Dinge, keine Klemme, aus der man mich herausholen müsste.«
    Aus der flachen Schale holte sie eine der riesigen Blüten, die darin schwebten, und legte sie auf ihre gefaltete Serviette.
    »Wieso hast du dann diese Frage gestellt, wieso hast du mir das Glöckchen gegeben, und was soll ich für dich tun?«

    »Hindere sie daran, mich zu töten«, sagte sie.
    »Na also! Das hört sich aber ganz wie eine Klemme an. Finde ich jedenfalls.«
    Sie zupfte eines der weißen Blütenblätter ab und legte es auf den Tisch.
    »Wer will dich umbringen?«, fragte ich.
    »Die Männer auf dem Pier«, erwiderte sie und zupfte noch ein Blütenblatt ab. »Und andere.«
    »Wie viele andere?«
    »Unzählige.«
    »Unzählige - meinst du damit zahllos , wie die zahllosen Sandkörner am Meeresstrand?«
    »Das nun auch wieder nicht. Die Leute, die mich töten wollen, kann man durchaus zählen. Das hat man auch schon getan, aber es sind zu viele, als dass die Zahl von Bedeutung wäre.«
    »Na, ich weiß nicht recht. Für mich ist die schon von Bedeutung.«
    »Damit hast du wieder mal Unrecht«, behauptete sie ruhig. Die abgezupften Blütenblätter bildeten mittlerweile einen kleinen Haufen.
    Ihre Selbstbeherrschung und ihre ruhige Haltung änderten sich selbst dann nicht, wenn sie davon sprach, im Visier von einer Horde Killer zu sein.
    Eine Weile wartete ich darauf, dass sie mich wieder ansah, doch sie beschäftigte sich nur mit der Blüte.
    »Die Männer auf dem Pier«, sagte ich schließlich, »wer sind die?«
    »Ihre Namen kenne ich nicht.«
    »Warum wollen sie dich umbringen?«
    »Sie wissen noch gar nicht, dass sie mich umbringen wollen.«

    Nachdem ich einen Moment über diese Antwort nachgedacht hatte und mir keinen Reim darauf machen konnte, fragte ich: »Wann werden sie denn wissen, dass sie dich umbringen wollen?«
    »Früh genug.«
    »Ach, jetzt hab ich endlich begriffen«, log ich.
    »Abwarten«, sagte sie. »Du wirst es schon begreifen.«
    In den Kerzendochten verborgene Unreinheiten ließen die Flammen immer wieder hüpfen, flattern und kleiner werden. Auch die Spiegelungen an der Decke schwollen an, schrumpften, zitterten.
    »Und wenn diese Typen endlich merken, dass sie dich umbringen wollen, weshalb wollen sie das dann tun?«
    »Aus dem falschen Grund.«
    »Aha. Gut. Und was wäre der?«
    »Sie werden annehmen, dass ich weiß, welche Gräueltat sie begehen wollen.«
    »Weißt du das denn?«
    »Nur sehr allgemein.«
    »Wie wär’s, wenn du mir das trotzdem mitteilst?«
    »Viele Tote«, sagte sie, »und viel Zerstörung.«
    »Das hört sich ziemlich gruselig an. Und tatsächlich viel zu allgemein.«
    »Mein Wissen ist eben begrenzt«, sagte sie. »Ich bin auch nur ein Mensch, genau wie du.«
    »Soll das bedeuten … du bist ein wenig übersinnlich veranlagt wie ich?«
    »Übersinnlich? Nein. Es heißt nur, dass ich nicht allwissend bin.«
    Nun hatte sie alle Blütenblätter abgepflückt. Übrig blieb nur der fleischige grüne Blütenboden, die daran sitzenden Kelchblätter, das Büschel Staubgefäße und der Stempel.

    Ich stürzte mich wieder in unsere reichlich chaotische Unterhaltung: »Wenn du sagst, die Typen werden dich aus dem falschen Grund umbringen wollen, dann heißt das, sie haben auch einen richtigen Grund dafür.«
    »Keinen richtigen Grund«, sagte Annamaria, »aber einen besseren, zumindest aus ihrer Perspektive.«
    »Und worin könnte dieser bessere Grund bestehen?« Endlich sah sie mir in die Augen. »Was habe ich dieser Blume angetan, du komischer Kauz?«
    Stormy, und nur Stormy, hatte mich manchmal als komischen Kauz bezeichnet.
    Annamaria lächelte, als wüsste sie, welcher Gedanke mir in den Sinn gekommen war.
    Ich deutete auf den Haufen Blütenblätter. »Du bist einfach nervös, das ist alles.«
    »Ich bin nicht nervös«, sagte sie ruhig. »Und ich habe dich auch nicht gefragt, weshalb ich es getan habe. Du sollst mir nur sagen, was ich der Blüte angetan habe.«
    »Du hast sie kaputt gemacht.«
    »Denkst du das tatsächlich?«
    »Falls du nicht vorhast, damit Duftwasser herzustellen.«
    »Als die Blüte noch in der Schale schwamm, wie hat sie da ausgesehen, obwohl sie doch abgeschnitten war?«
    »Schön.«
    »Üppig und lebendig?«, fragte sie nach.
    »Ja.«
    »Und jetzt sieht sie tot aus.«
    »Sehr

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