Odd Thomas 4: Meer der Finsternis
zu. Und dann noch eine.
15
»Da lang«, sagte Annamaria und ging mit der abgeschirmten Taschenlampe zu einer Tür, hinter der ich einen Kleiderschrank vermutet hatte.
Stattdessen sah ich einen Treppenabsatz und enge Stufen, die in die Garage hinunterführten.
Die Tür, an der wir standen, war zwar stabil, konnte jedoch nur von innen abgeschlossen werden. Für den Fall, dass der Fleischberg und seine Komplizen sich Zutritt zur Wohnung verschafften, hatten wir keine Möglichkeit, sie an der Verfolgung zu hindern.
Weil Annamaria schwanger war und weil ich Angst hatte, sie könnte in der Eile stolpern und stürzen, nahm ich ihr die Taschenlampe ab und beschwor sie, sich am Geländer festzuhalten und mir ganz vorsichtig zu folgen.
Die gespreizten Finger über der Linse, hielt ich die Taschenlampe hinter mich, um Annamaria den Weg auszuleuchten. So gingen wir langsamer in die Garage hinab, als es mir lieb gewesen wäre.
Unten angelangt, stellte ich erleichtert fest, dass die Garage ein Rolltor ohne Scheiben hatte. Die beiden Fenster in den Seitenwänden waren klein und direkt unterhalb der Decke.
Durch die staubigen Scheiben da oben war unsere Lampe wohl kaum sichtbar. Trotzdem ließ ich die Linse halb bedeckt.
Zwei Fahrzeuge standen in der Garage: ein Ford Explorer mit der Schnauze zum Tor hin und ein älterer Mercedes in umgekehrter Richtung.
Noch während Annamaria die letzte Stufe erreichte, flüsterte sie: »Da hinten, an der Seitenwand, ist ein Ausgang!«
Von oben hörten wir ein lautes Klopfen an der Tür der Wohnung.
Es roch so stark nach Öl, dass ich Angst hatte, auf einem schlüpfrigen Fleck auszugleiten, aber wir schafften es ohne Zwischenfall an den beiden Autos vorbei zur Seitentür.
Oben klopfte es erneut, diesmal deutlich hartnäckiger als beim ersten Mal. Ein Pizzabote, der sich in der Adresse geirrt hatte, war das mit Sicherheit nicht.
Vorsichtig drehte ich den Knauf. Weil die Tür nach innen aufging, hatte ich in beide Richtungen freie Sicht, als ich mich hinausbeugte, um die Lage zu sondieren.
Das Haupthaus stand an der anderen Seite der Garage, weshalb es momentan nicht zu sehen war. Ein schmaler Weg führte an der hohen Hecke entlang, mit der das Grundstück endete.
Wenn wir draußen nach links gingen, kamen wir zur Einfahrt, wo der Wagen unserer Besucher stand. Gingen wir in die andere Richtung, gelangten wir zu der Treppe, die zum Obergeschoss der Garage führte, wo gerade jemand an die Tür geklopft hatte.
Trotz des dichten Nebels gab ich nicht viel auf unsere Chancen, uns unbeobachtet vom Grundstück schleichen zu können. Zwei Wagentüren waren zugeschlagen, also waren zwei Männer ausgestiegen - mindestens zwei -, aber es war nicht anzunehmen, dass sie beide zur Wohnung hochgegangen waren. Wahrscheinlich war einer unten geblieben, um uns zu schnappen, falls wir es irgendwie schafften,
dem Typ, der an die Tür klopfte, durch die Finger zu schlüpfen.
Ich ließ die Tür offen, während ich mich umdrehte und an die dunkle Decke blickte. Neonröhren sah ich dort keine, nur eine einzige nackte Glühbirne. In den Mechanismus des Rolltors war bestimmt auch noch eine Lampe eingebaut, aber die würde wohl erst angehen, wenn das Tor sich öffnete.
Als ich Annamaria zu dem Mercedes zog, sperrte sie sich nicht und fragte nicht einmal, was ich vorhatte.
Das Klopfen hatte aufgehört. Von oben kam das leise Knacken einer brechenden Glasscheibe, das der Besucher nicht hatte verhindern können.
Als ich die Hand an den Griff der hinteren Beifahrertür legte, kam mir plötzlich in den Sinn, der Wagen könnte verschlossen sein. Aber wir hatten Glück, und die Tür ging auf.
Die Schritte über mir waren so schwer, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn die Stimme eines Riesen erschollen wäre: »Ich rieche, rieche Menschenfleisch!« Leider befanden wir uns nicht in einem Märchen.
Die Innenbeleuchtung des Mercedes war nicht besonders hell. Gut, denn dass sie anging, mussten wir riskieren.
Während ich Annamaria ansah und auf den Rücksitz des Wagens zeigte, kam mir in den Sinn, was jetzt gerade über uns stattfinden musste. Bestimmt sah der Eindringling die beiden Teller und Tassen auf dem Ablauf. Früher oder später würde er auch eine der Öllampen anfassen.
Dann war das Glas nicht nur noch warm, sondern heiß. Grinsend würde der Kerl seine schmerzenden Finger zurückziehen, weil er nun wusste, dass wir erst bei seiner Ankunft geflohen waren.
Ich warf einen Blick auf die Seitentür,
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