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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einen Stein verschlungen hat; vorher jedoch spähte einen kurzen Augenblick ein Gesicht zu mir heraus, nicht das von Whittle, sondern etwas so Grässliches, dass ich erschrocken aufschrie und zurücktaumelte.
    Dieses Wesen erschien nur so kurz, dass ich mich nicht an seine grausigen Einzelheiten erinnern kann - so kurz, dass es nur mein eigenes Spiegelbild war, was ich anschrie und wovor ich zurückschreckte.
    Taumelnd suchte ich nach etwas, um mich festzuhalten, und packte den Griff der Duschkabine. Die Tür ging auf. Ich stand Auge in Auge mit einer weiteren Leiche.

22
    Vier Minuten.
    Die Männerschuhe in der Küche hatten unter der Seite des Tischs gestanden, auf der das umgekippte Whiskeyglas lag. Aus dem anderen Glas hatte wohl die Frau da getrunken.
    Die Mörder hatten ihr einen geflochtenen Ledergürtel um den Hals geschnallt und sie am fest fixierten Duschkopf aufgehängt. Ihre Füße baumelten ein kleines Stück über dem Boden.
    Vom Gewicht der Leiche waren mehrere Fliesen an der Wand gesprungen. Grauer Fugenkitt lag auf dem Boden der Wanne. Das Wasserrohr unterhalb des Duschkopfs hatte sich verbogen, aber standgehalten.
    Zum Glück musste ich das Opfer nicht untersuchen, um festzustellen, wie es gestorben war. In seinem Gesicht stand der schauderhafte Ausdruck des Gefühls, erwürgt zu werden. Vielleicht war auch der Hals gebrochen.
    Im Leben war die Frau gewiss recht attraktiv gewesen. Sie war etwa Mitte zwanzig, doch in einer brutalen Minute war sie um ein Jahrzehnt gealtert.
    Wie Whittle hatte man sie an den Handgelenken und Knöcheln mit Klebeband gefesselt und ihr einen Knebel in den Mund gepresst.
    Der Blickwinkel zwischen Badewanne und Dusche ließ
vermuten, dass man Sam Whittle gezwungen hatte, mit anzusehen, wie die Frau aufgehängt worden war.
    Ich hatte genug gesehen. Zu viel.
    So viel, dass mir ein völlig irrsinniger Gedanke kam: Wenn ich noch einmal auf die Leiche blickte, dann würden deren Augen in den Höhlen rollen, sich auf mich richten und mich lächelnd willkommen heißen.
    Der mit Streifen überzogene Spiegel über dem Waschbecken sah ganz normal aus, aber er hatte sich schon einmal verwandelt. Womöglich tat er das noch einmal.
    Ich war am Leben, war kein zögerlicher Geist, doch ich konnte nicht sicher sein, dass das Wesen, das Whittle ergriffen hatte, nicht die Macht besaß, mich ebenfalls zu schnappen.
    Als ich das Bad verließ, verzichtete ich darauf, das Licht auszuschalten. Die Tür zog ich jedoch fest hinter mir zu.
    Einige Sekunden stand ich im Schlafzimmer, ohne die Taschenlampe anzuknipsen. Ich hatte weniger Angst vor der Dunkelheit als vor dem Anblick, der sich im Licht womöglich bieten würde.
    Bestimmt hatte man den Lampenmann nicht nur deshalb umgebracht, weil er mich nicht überwältigt hatte, als ich an den Strand geschwommen war. Das hieß, Whittle und die Frau waren in irgendeiner Hinsicht anderer Meinung gewesen als ihre Mitverschwörer und hatten nicht vorhergesehen, mit welcher Grausamkeit diese den Streit aus der Welt schaffen würden.
    Normalerweise finde ich es erfreulich, wenn Schurken übereinander herfallen, weil sie durch Zwietracht in ihren Reihen leichter zu besiegen sind. Aber wenn dieses Team etwas derart Übles plante, dass Himmel und Meer in blutiges Licht getaucht sein würden wie in meinem Traum, dann wäre
es mir lieber gewesen, wenn es sich nicht auch noch um extrem reizbare Hitzköpfe gehandelt hätte.
    Ich knipste die Taschenlampe an und durchsuchte hastig die Schubladen der Kommode. Sie enthielten nur Kleidungsstücke, und zwar nicht viele.
    Obwohl ich noch keine fünf Minuten im Haus verbracht hatte, war es an der Zeit, es zu verlassen. Vielleicht kehrten die Mörder zurück, um die Leichen mitzunehmen und sämtliche Spuren der Gewalttat zu beseitigen.
    In meinem Körper zuckte es, als würden die elektrischen Impulse meiner Nerven verrücktspielen. Waren da nicht anderswo im Haus verstohlene Geräusche zu hören?
    Nein. Ich musste mich zusammenreißen. Trotzdem beschloss ich, das Haus nicht auf demselben Weg zu verlassen, auf dem ich es betreten hatte.
    Ich trat zum Fenster, knipste die Taschenlampe aus und öffnete die Jalousie. Der untere Teil des Fensters ließ sich so leicht nach oben schieben wie vorher, als ich es ausprobiert hatte.
    Von der rückwärtigen Seite des Bungalows her hörte ich das Krachen einer Tür, die aufgetreten wurde. Wenige Sekunden später geschah mit der Haustür dasselbe.
    Da hatte ich von einem Teufel

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