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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Allerdings erklärte das nicht, wieso sie selbst mich immer nur Odd gerufen hatten.
    Außerdem kam es immer zu lästigen Missverständnissen, wenn ich meinen echten Namen nannte. Nach allem, was ich an diesem Tag schon erlebt hatte, fehlte mir die Geduld, den Geistlichen über die Entstehungsgeschichte aufzuklären.
    Während wir neben dem trinkenden Hund auf dem Boden knieten, erkundigte sich Reverend Moran, ob ich neu in der Stadt sei.
    Als ich sagte, ich sei vor etwa einem Monat hergezogen, fragte er, ob ich nicht eine Kirchengemeinde suche. Daraufhin erklärte ich, dass ich heute zum Beten in die Kirche gekommen sei, weil in meinem Leben gerade etwas schieflaufe.
    Der Reverend war diskret genug, um mich nicht zu einer näheren Erläuterung zu drängen. Offenbar vertraute er auf seine psychologischen Fähigkeiten und hatte vor, mir meine Geschichte bei einer zwanglosen Unterhaltung zu entlocken.
    Eigentlich hätte ich wirklich jemanden gebraucht, dem ich mich anvertrauen konnte. Da ich - von Boo und Frank Sinatra abgesehen - allein nach Magic Beach gekommen war, hatte
ich hier keine Freunde. Allein fühle ich mich gar nicht wohl. Ich brauche Bindungen und echte, wenn auch unausgesprochene Verpflichtungen, ich brauche Leute, mit denen ich lachen kann und die sich auf mich so verlassen, wie ich mich auf sie verlassen kann.
    Hutch war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ein echter Freund zu sein. Und Blossom Rosedale war zwar eine tolle Frau, aber ich kannte sie noch nicht lange genug, um ihr alles über mich zu verraten.
    Schon dadurch, dass der Reverend sich einfach neben den Hund auf den Boden gekniet hatte, verriet er seine lockere, offenherzige Art. Nachdem ich einige Minuten mit ihm geplaudert hatte, fühlte ich mich schon weniger allein. Über mich erzählte ich allerdings nichts Näheres.
    Stattdessen kamen wir irgendwie auf das Thema Armageddon zu sprechen. Erstaunlich war das nicht. Ich hatte den Eindruck, dass man sich in letzter Zeit öfter über den Weltuntergang unterhielt als früher.
    Nach einer Weile fragte der Reverend, ob Raphael wohl nicht nur durstig, sondern auch hungrig sei. Schon möglich, meinte ich, aber er solle sich keine Mühe machen. Das mache ihm keine Mühe, sagte er, schließlich habe er selbst einen Hund. Damit erhob er sich, um aus dem Pfarrhaus nebenan ein paar Kekse zu holen.
    Die überwältigende Angst vor einer völligen Zerstörung, die mein ahnungsvoller Traum in mir hervorgerufen hatte, war durch das freundliche Gespräch in den Hintergrund getreten.
    Der Hund wollte noch ein wenig gestreichelt werden, worauf ich gern einging, denn in der Beziehung von Mensch und Hund sind beide Teile Therapeuten.
    Nach einigen Minuten sprang Raphael jedoch plötzlich
hoch, und seine Ohren stellten sich so weit auf, wie das bei einem Golden Retriever überhaupt möglich war. Wachsam stand er da und blickte auf die Tür der Sakristei.
    Ich nahm an, dass Reverend Moran mit den Keksen zurückkam, die der Hund schon aus der Distanz gerochen hatte.
    Ich wiederum roch erst Lunte, als Raphael den Blick von der Sakristei abwandte und sich für die Tür auf der anderen Seite interessierte, durch die wir vorher hereingekommen waren. Ich stand auf.
    Jedermann ein Nachbar, jeder Nachbar ein Freund.
    Vielleicht galt das örtliche Motto für Neuankömmlinge erst, nachdem sie mindestens ein Jahr lang hier wohnhaft waren. Leider hatte ich das Kleingedruckte auf dem Schild, das Besucher an der Stadtgrenze willkommen hieß, nicht gelesen. Da stand wahrscheinlich, dass man im ersten Jahr als Freiwild galt.
    Das Leben hatte mich zwar nicht gelehrt, jedem Geistlichen grundsätzlich zu misstrauen, aber es hatte mich gelehrt, niemandem mehr Vertrauen zu schenken als Hunden.
    Ich ging zu der dritten Bank rechts. An der Lehne der Bank davor befand sich ein Holzkasten für die Gesangbücher.
    Aus der linken Gesäßtasche zog ich Sam Whittles Geldbörse, deren Besitz mich nun, da er tot in seiner Badewanne lag, ans Messer geliefert hätte. Zwischen den Gesangbuchstapeln war eine Lücke, in die ich die Börse fallen ließ.
    Es hatte keinen Sinn, mehr über mich zu verraten als den Namen Todd. Deshalb zog ich aus der anderen Gesäßtasche meine Geldbörse und versteckte sie neben der von Whittle.
    Dann ging ich zu dem Hund zurück, blieb neben ihm stehen und ließ den Blick von der Sakristeitür zum Eingang wandern, einmal, zweimal …

    Die ersten zwei Polizisten kamen durch den Haupteingang ins Kirchenschiff. Sie

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