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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sehen.«
    »Mann!«, knurrte Utgard ungehalten.
    Ich hatte bisher nur wenige Male Gelegenheit gehabt, Schurken dabei zu belauschen, wie sie ihre Schurkereien planten, und jedes Mal war es in etwa so gelaufen wie bei Joey und Rolf Utgard. Wer sich für ein kriminelles Leben entscheidet, ist meist nicht besonders helle.

    Diese Erkenntnis regt zu einer Frage an: Wenn es so wenig geniale Bösewichte gibt, warum können dann so viele böse Leute ungestraft so viele Verbrechen gegen ihre Mitmenschen und - falls sie in politische Führungspositionen gelangen - gegen die ganze Menschheit begehen?
    Die Antwort darauf hat der Staatsphilosoph Edmund Burke bereits 1795 gegeben: Für den Triumph des Bösen reicht es aus, wenn die Guten nichts tun.
    Dem würde ich nur Folgendes hinzufügen: Um diesen Triumph zu verhindern, dürfen die Guten außerdem nicht zu der Annahme verleitet werden, das wahre Böse sei ein Mythos, weshalb jedes bösartige Verhalten auf eine kaputte Familie oder irgendwelche Mängel der Gesellschaft zurückzuführen sei. Sonst meint man nämlich, alles sei durch Therapien oder die Anwendung einer neuen Wirtschaftstheorie heilbar.
    Außer Sicht, aber nicht außer Hörweite, sagte Rolf Utgard: »Nachdem wir abgelegt haben, verschwindest du im Funkraum und rührst dich nicht vom Fleck, bis wir an der alten Werft sind.«
    »Ja, wie geplant.«
    »Wenn du pinkeln musst, dann solltest du das jetzt erledigen.«
    »Ich bleibe am Funkgerät.«
    »Wir dürfen den Transponder auf keinen Fall abschalten, sonst riecht die Küstenwache Lunte.«
    »Ich weiß schon, was ich denen verticke.«
    »Wenn die per GPS merken, dass wir mitten in der Nacht unterwegs sind, wollen sie garantiert wissen, wieso.«
    Nun war Joey an der Reihe, Ungeduld zu demonstrieren. »Schon klar«, sagte er. »Meinst du etwa, ich hab alles vergessen?«

    »Versuch bloß nicht, dir was Neues auszudenken. Tu einfach das, was wir besprochen haben.«
    Joey betete seine Rolle herunter, um zu beweisen, dass er sie noch wusste: »Eine Frau an Bord von Junie’s Moonbeam hat Muscheln gegessen, von denen sie eine üble allergische Reaktion bekommen hat. Deshalb muss sie dringend ins Krankenhaus. Mit über fünfzig Metern Länge ist die Jacht zu groß und hat zu viel Tiefgang, um in die Bucht fahren zu können. Deshalb hat man uns gerufen, um die kranke Zicke an Land zu bringen.«
    »Wie bitte?«, knurrte Utgard drohend.
    »Nur mit der Ruhe. Wenn ich mit der Küstenwache spreche, sage ich natürlich nicht, es ist’ne kranke Zicke.«
    »Manchmal mache ich mir wirklich Sorgen um dich.«
    »Kranke Zicke? Hältst du mich für bescheuert? Mann, ich hab dich doch bloß mal auf den Arm genommen.«
    »Bin nicht zu Scherzen aufgelegt.«
    »Kein Wunder, wo du gerade’ne Treppe runtergefallen bist.«
    »Versuch nicht, die Story auszuschmücken«, sagte Utgard. »Bleib bei ein paar simplen Informationen.«
    »Okay, okay. Aber wie kommen die eigentlich darauf, für so’ne Monsterjacht ausgerechnet den Namen Junie’s Moonbeam zu verwenden?«
    »Woher soll ich das wissen? Ist doch völlig schnuppe.«
    »Junie’s Moonbeam hört sich nach irgendeinem mickrigen Tuckerkahn an.«
    Erneut zeigte sich, dass Leute, die mit einem atomaren Anschlag Millionen unschuldiger Menschen ermorden wollten, nicht unbedingt begabtere Konversationskünstler waren als irgendwelche stumpfsinnigen Verwandten, die man gezwungenermaßen zu einem Familienfest eingeladen hatte.

    »Setz dich einfach ans Funkgerät und bleib da sitzen«, sagte Utgard.
    »Alles klar.«
    »In drei Minuten geht es los.«
    »Aye, aye, Captain.«
    Die Tür ging auf, ohne wieder zuzufallen.
    Ich hörte Utgard durch den Gang stampfen.
    Joey wartete. Dann knipste er das Licht aus.
    Die Tür ging zu.
    Im Gegensatz zu Utgard hatte Joey offenbar einen Körperbau, der nicht dem eines Yetis entsprach, weshalb ich ihn nicht davongehen hörte.
    Weil das Leben mich gelehrt hatte, misstrauisch zu sein, wartete ich reglos im Dunkeln, noch nicht recht davon überzeugt, allein zu sein.

35
    Die Maschinen sprangen an, und mein gemütlicher Unterschlupf füllte sich mit dem Dröhnen der Diesel-Viertakter, mit dem Pochen der Pumpen, dem Rattern von Antriebswellen und zahllosen anderen Rhythmen. Als das Boot losfuhr und dabei auf eine Weise schwankte, wie es das bisher nicht getan hatte, wusste ich, dass ich tatsächlich allein war. Schließlich hatte Joey hoch und heilig versprochen, bei der Abfahrt im Funkraum zu hocken.
    Obwohl ich nun

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