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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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schon.« Sie legte auf, knallte das Telefon schwungvoll zwischen die Kissen und rief: »Das wird ihnen eine Lehre sein. Diese Typen sollen es sich lieber noch mal überlegen, ob sie uns abhören wollen.« Sie rang sich ein müdes Lächeln ab. »Wahrscheinlich haben sie schon Harakiri begangen in ihren Vans. Wo wir gerade beim Thema sind …«
    Sie griff in die Handtasche, zog den Rauschgenerator heraus und drückte auf den schwarzen Knopf, um jegliche Überwachungsgeräte auszuschalten, die seit Jerrys Besuch möglicherweise aktiviert worden waren.
    »Du hast Janice doch nichts hiervon erzählt, oder?«
    »Also bitte. Unsere Probleme verschwinden doch völlig hinter ihren. Außerdem weiß ich nicht so recht, wie ich so was nebenbei ins Gespräch einfließen lassen sollte.«
    »Du hast ja ganz schön was geschafft hier«, stellte ich anerkennend fest.
    Sie blies sich eine Ponysträhne von der Stirn. »Ich finde, es sieht immer noch aus wie das totale Chaos.«
    Ich reichte ihr eines meiner Einweghandys. »Ich hab meine Nummer einprogrammiert. Ich möchte auf jeden Fall mit dir reden können, auch wenn wir gerade nicht zusammen sind.«
    Ihre Miene veränderte sich. Meine Worte hingen noch immer in der Luft, und ich hörte sie innerlich noch einmal, hörte, was sie für sie und für uns bedeuteten. Noch vor ein paar Tagen hatten wir kaum miteinander gesprochen.
    Ich setzte mich neben sie. Sie reichte mir ihr Glas, und ich nahm einen Schluck. »Ist doch schön«, meinte sie, »zur Abwechslung mal wieder ein bisschen nett zueinander zu sein.«
    »Wir hätten schon vor Monaten solche High-Tech-Stalker engagieren sollen.«
    »Vorhin saß ich hier so und hab mir unser Haus angesehen. Diesen ganzen Müll. Die Wandfarbe von Dunn-Edwards in Eisweiß. Dieser blöde Kerzenständer, den ich mal bei Cambria entdeckt habe. Und vor einer Woche fand ich noch, dass das alles super aussieht. Aber es war trotzdem grauenvoll, hier drin zu leben. Jetzt hat es zumindest etwas Ehrliches. Ich meine, dieser ganze Mist … genau so sieht es doch im Moment bei uns aus.«
    In sittsamem Abstand blieben wir auf dem Sofa sitzen und starrten auf die Drähte, die an der Stelle aus der Wand ragten, wo früher der Plasmabildschirm gehangen hatte. Wir teilten uns ein Glas Wein und warteten auf Mitternacht.
     
    Die vollgestopfte schwarze Tasche schnitt mir in die Schulter. Wir standen am Bordstein, und Ariana zog sich die Jacke fest um den Körper, um sich vor dem beißenden Wind zu schützen. Wenn man den tröstlichen gelben Lichtschein sah, der durch unsere Vorhänge und Jalousien drang, hätte man fast vergessen können, dass es drinnen aussah wie auf einem Schlachtfeld. Abgesehen von der einen oder anderen Laterne auf einer Veranda waren die Nachbarhäuser dunkel, und der Verkehr hatte sich gelegt, so dass unser eigentlich recht dichtbesiedeltes Viertel geradezu verlassen wirkte.
    »Noch drei Minuten.« Sie schauderte, blickte von der Uhr auf ihrem Handy auf und sah zum Gully. »Ich hoffe, der ist breit genug.«
    Als ich vortrat, zerbröselten eingetrocknete Laubreste zwischen meinen Sohlen und dem Metallgitter, und braune Stückchen segelten in die Dunkelheit zu meinen Füßen. Ein moosiger Geruch stieg mir entgegen. Ich quetschte das Ende der ausgebeulten Tasche durch den Schlitz. Es war knapp, aber es ging.
    Erneut sah Ariana auf ihr Handy. »Noch nicht.« Sie warf einen Blick auf die Balkone der Wohnhäuser gegenüber, dann die Roscomare Road hinunter. Ihre Augen tränten von der Kälte. »Von wo aus die uns wohl beobachten?«
    Ein silbergrauer Porsche flitzte vorbei und zerriss mit seinem röhrenden Motorengeräusch die Stille. Wir zuckten beide zusammen. Ariana hob die Arme, um sich vor einem Hagel aus aufspritzendem Splitt zu schützen, und ich trat so hastig zurück, dass ich beinahe über den Bordstein gestolpert wäre. Der Porsche-Fahrer runzelte genervt die Stirn unter seinem Baseball-Käppi –
so
schnell war er nun auch wieder nicht gefahren. Mein Kopf dröhnte von dem jähen Adrenalinstoß und der ruinösen Mischung aus Schlaflosigkeit und Koffein. Ari und ich nahmen wieder unsere Position ein. Mit einem Fuß auf dem anderen Ende der Tasche wartete ich auf ihr Signal.
    Wie sehr sich unser Leben in den vergangenen vier Tagen geändert hatte.
    Motten flogen knisternd gegen die flackernde Straßenlaterne. »Okay«, sagte sie. »Jetzt, los.«
    Ich schob. Die Tasche blieb kurz stecken, aber nachdem ich mit ein wenig sanfter Gewalt

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