Oder sie stirbt
vorschlagen …«
»Ich meine, ich möchte nicht jetzt gleich ein
Baby.
Und vielleicht überhaupt noch nicht in naher Zukunft. Aber seit wir in diese bedrohliche Situation geraten sind, hab ich viel über unser Leben nachgedacht. Ich bin sicher, dass es dir nicht anders ging. Ich hab Dinge, dir mir wirklich Spaß machen – die Möbel und meine Pflanzen. Aber es wird mir nicht reichen, eine von diesen Frauen zu werden, die mit ihrem Jeep die Hügel rauf- und runterfährt, zu irgendwelchen blöden Verabredungen und zum Bioladen. Schau dir bloß mal Martinique an. Ich bin auf dem besten Wege, so zu werden wie sie.«
»Du bist nicht …«
»Ich weiß, aber du weißt auch, was ich meine.« Ihre Hand zuckte, als suchte sie nach einer Beschäftigung. »Ich möchte ein Baby, aber gleichzeitig habe ich Angst, dass ich mir aus ganz falschen Gründen ein Kind wünsche. Verstehst du, was ich sagen will?«
Ich machte ein leise zustimmendes Geräusch. Neben dem Badezimmer glänzte ein Stück Kupferrohr, wo wir den Putz weggeklopft hatten. Ihr Kopf bewegte sich im Takt meiner Atemzüge mit. Während wir so dalagen, versuchte ich, meine Gefühle in Worte zu fassen.
»Ich möchte nicht mit dem weitermachen, was ich momentan tue«, erklärte ich. »Zumindest möchte ich nicht mit derselben Einstellung weitermachen.«
»Ja. Genau.« Sie richtete sich auf und wirkte ganz aufgeregt. »Da stehen wir jetzt. Schau uns an. Total aus dem Gleis nach diesem ganzen Terror, aber zumindest sehen wir die Dinge endlich klarer. Diese Entwicklung sollten wir nicht stören.«
»Wie meinst du das?«
»Wie wär’s, wenn du am Sonntag nicht in deine Mailbox guckst? Wie wär’s, wenn wir einfach den Kopf in den Sand stecken und so tun, als wäre alles in Ordnung?«
»Glaubst du, dann verschwindet das einfach alles?«
»Lass es uns einfach versuchen. Tun wir einfach so, als wäre alles so, wie es war – vor den versteckten Kameras und Don Miller und Drehbuchverträgen. Nur für heute Nacht.«
Wir lagen völlig angezogen nebeneinander auf dem Bett. Ich hielt sie im Arm, bis ihr Atem immer ruhiger wurde, und dann blieb ich wach und hörte ihr beim Schlafen zu.
[home]
24
D ie Gmail-Homepage glühte auf meinem Bildschirm. Benutzerkennung und Passwort waren eingegeben, nun schwebte mein Finger über der Maus. Ariana blickte mir über die Schulter. Ihr Atem roch nach den Erdbeeren, die sie kurz zuvor mit Milch und Zucker gegessen hatte. Wie schon der Tag zuvor war auch dieser in quälender Langsamkeit vergangen. Ariana und ich schlichen umeinander herum, versuchten, uns mühsam mit hirnlosen Tätigkeiten und Haushaltsarbeiten abzulenken und nicht zu oft auf die Uhr zu sehen. Die Uhr auf der Menüleiste zeigte 16.01 Uhr.
Als ich meinen Finger schon auf die Maus legen wollte, sagte Ariana plötzlich:
»Warte.«
Sie zog die Mariposablüte – sie war wieder orange – hinter ihrem Ohr hervor und spielte daran herum. »Also … ich weiß, dass wir uns eine Weile nicht besonders vertraut haben. Weder du mir noch ich dir. Und jetzt, da wir da langsam rauskommen, wollte ich dich fragen …«
»Na los, red weiter.«
»Gibt es da was …
irgendwas,
was du mir erzählen willst?«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, was in dieser Mail stehen wird?«
»Was sollte da drinstehen? Dass ich Kokain von den Schenkeln einer Stripperin geschnupft habe? Nein, Ari, es gibt überhaupt nichts zu erzählen. Ich hab mir weiß Gott den Kopf zerbrochen, aber mir fällt beim besten Willen nichts ein.« Ich klickte brüsk auf Einloggen, wie um meinen Unmut über ihre Frage auszudrücken. Einem jähen Impuls gehorchend, fragte ich: »Gibt es irgendetwas, was du
mir
erzählen willst?«
Sie beugte sich vor. »Was wäre, wenn es in dieser Mail um Don und mich ginge?«
Während die Seite geladen wurde, versuchte ich, den Schlag in die Magengrube zu verdauen. Das hatte mir gerade noch gefehlt – der One-Night-Stand meiner Frau direkt auf meinem Desktop. Die absolute Hochwassermarke verletzter Privatsphäre. Da fiel mir ein Detail aus meinem Gespräch mit Punch wieder ein – dass Mails, auch gelöschte, auf jeden Fall eine Spur auf der Festplatte hinterlassen.
Mit Grauen starrte ich auf die Seite. Es war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass ich keine Kontrolle darüber hatte, was diese Mail mitbrachte. Auf meinen Computer.
Bevor ich etwas tun konnte, erschien sie – eine einzige Mail, die uns aus dem Posteingangsfach anstarrte. Im Absenderfeld
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