Oder sie stirbt
ich, »wieso?«
Sie legte den Kopf etwas zurück und musterte mich. »Du glühst förmlich.«
»Tja, hab eben ein ziemlich aufregendes Leben in letzter Zeit.«
Ich wollte mich davonmachen, aber Julianne zog mich aus dem Montagmorgengewühl auf die Seite und senkte die Stimme. »Ich hab mir diese Kontaktperson für die Medien mal näher angesehen. Ich hab sogar ein paar Produzenten gefunden, die dieses ganze Prozedere schon einmal mit ihr durchgespielt haben.«
Ich brauchte einen Moment, bis ich kapierte, wovon sie eigentlich redete: die Person bei der CIA , die Drehbücher las und entschied, bei welchen Filmen sich eine Zusammenarbeit lohnte. »Ach ja«, sagte ich, »danke schön, aber ich …«
»Nicht alle Produzenten schicken ihre Drehbücher, aber bis auf einen haben sich alle für sie verbürgt. Ich hab selbst mit ihr telefoniert, ich hab einfach behauptet, dass ich einen Artikel über ihre Arbeit schreibe – blablabla. Dabei hab ich auch dein Drehbuch erwähnt, und ihre Reaktion war gleich null. Oder nicht mal das. Sie meinte, wie die meisten Drehbücher, die sie prüft, habe es kein Bild von der CIA gezeichnet, das sie angeregt hätte, den Film zu unterstützen. Aber Ärger gab es da keinen. Soll ich dir sagen, was ich denke? Wenn sie nicht gerade oscarreif geschauspielert hat, dann kräht bei der CIA wirklich kein Hahn nach
They’re Watching
– wie du dir sicher selbst denken kannst. Ich bezweifle, dass sie hinter den Machenschaften stecken, denen du gerade ausgesetzt bist.«
»Ja.« Ich dachte an Doug Beeman, wie er auf dem dunklen Teppich lag und schluchzend auf den Bildschirm starrte. »Ich glaube, so weit war ich mittlerweile auch schon.«
Sie blickte auf die Uhr, fluchte leise und begann den Korridor zurückzulaufen. »Ich schätze, jetzt stehst du wieder genauso hilflos auf weiter Flur wie vorher.«
SIE BRAUCHT IHRE HILFE.
Als ich die Nachricht las, die sich in weißen Lettern vom schwarzen Bildschirm abhob, wurde mir ganz anders. Das winzige Fakultätsbüro kam mir noch beengter vor als sonst. Die Luft, die stoßweise aus der Lüftung an der Decke kam, stank nach Eiswürfeln mit Gefrierbrand, und mein Vorgänger hatte das Aroma von abgestandenem Kaffee im Raum hinterlassen.
Als die fett gesetzten Buchstaben langsam verschwanden, warf ich einen Blick auf meinen Canon Camcorder, den ich auf den alten Dell-Monitor gerichtet hatte. Kein grüner Punkt – das verdammte Teil zeichnete gar nichts auf!
Ich klopfte mit dem Ballen auf die Kamera, aber die Diashow auf dem Bildschirm ging bereits weiter.
Das Foto eines gepflegten Fertighauses bei Nacht, in dessen Fenstern sich das Blitzlicht der Kamera wie ein Stern spiegelte. Im Haus konnte man gerade eben noch die Silhouette einer Frau mit hochgesteckten Locken ausmachen, die auf dem Sofa saß und fernsah. Auf dem kleinen Rasenstück vor dem Haus standen zwei Stühle, und ein boshaft dreinschauender Gartenzwerg hielt Wache.
Panisch sah ich von der Kamera zum Monitor und zurück. Nachdem ich die Canon am Morgen ausprobiert hatte, hatte ich sie ein paar Mal unbeaufsichtigt gelassen – im Auto, als ich mir kurz einen Kaffee geholt hatte, und in der Fakultät, als ich in den Computerraum gegangen war. Sie mussten die Aufnahmefunktion lahmgelegt haben. Um mich von einer Aufnahme abzuhalten.
Ich ließ die Kamera auf den Tisch sinken. Dann wühlte ich auf dem Tisch nach einem Bleistift, bis ich in einer Kaffeetasse einen abgebrochenen Stummel fand. Mit der anderen Hand wühlte ich in meiner Aktentasche und riss meinen Notizblock so ungeduldig heraus, dass ich die anderen Papiere mit herauszog und auf dem Boden verteilte. Die ganze Zeit nahm ich die Augen nicht vom Monitor, weil ich solche Angst hatte, etwas zu verpassen. Mein Stift schwebte über dem Papier, damit ich bei Bedarf sofort mitschreiben konnte. Der verschwommene Umriss einer Frau auf dem Sofa.
Sie?
Wer zum Teufel war
sie?
Ein neues Bild zeigte unser Haus in Frontalansicht. Standard, wie von einem Immobilienmakler fotografiert.
In diesem Moment klopfte es an der Bürotür.
»Einen Augenblick!«, rief ich etwas zu laut.
»Patrick? Laut Belegungsplan bist du grade gar nicht dran. Das Büro gehört seit fünf Minuten mir.«
Die nächste Aufnahme zeigte den Plastikstein an der Auffahrt, unter dem wir den Zweitschlüssel versteckten. Ein Blitzlicht erhellte auch diese Nachtszene.
Das Herz schlug mir bis zum Hals. »Oh, tut mir leid. Ich bin sofort weg.«
Und jetzt lag ein
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