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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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Richards.«
    »Danke, dass du mir das reinreibst. Ich hatte nicht vor, mit ihr nach Vermont durchzubrennen.« Sally zog ihren Gürtel hoch, so dass ihr gesamtes Equipment klapperte. »Wenn du eine Bemerkung machst, dass Jessica Biel ganz schön heiß ist, halt ich dir ja auch nicht unter die Nase, dass sie sicher nicht auf alternde Schwarze mit Schmerbauch abfährt, oder?«
    Valentine runzelte die Stirn. »Welchen Schmerbauch?«
    »Warte noch fünf Jahre.« Sie musterte ihn leicht amüsiert.
    Ich warf noch einen Blick auf meine Uhr, und als ich aufsah, schaute Sally mich mit ausdruckslosen Augen an. »Müssen Sie noch wohin?«
    »Nein.« Ich hätte auf der Stelle speien können. »Nein.«
    »Schon gut«, meinte Valentine. »Kein Grund, alles zweimal zu sagen, wir haben schon verstanden.«
    »Wir waren heute Morgen bei Ihrem Haus«, fuhr sie fort. »Alle Vorhänge sind vorgezogen. Ihre Frau hat die Tür gerade so weit aufgemacht, dass sie den Kopf rausstrecken konnte. Als wäre da irgendwas, was wir nicht sehen sollten. Ist da irgendwas, was wir nicht sehen sollen?«
    Nur aufgemeißelte Wände, losgelöster Teppichboden, abgerissene Steckdosenverkleidungen – was ein paranoider Schizo eben so machen würde, wenn man ihn mit einem Werkzeugkasten allein ließe.
    »Nein«, erwiderte ich. »Wir sind im Moment nur ein bisschen empfindlich, was das Beobachtetwerden anbelangt. Sie können ihr das wohl kaum zum Vorwurf machen. Warum waren Sie bei uns?«
    »Ihr Nachbar hat uns angerufen.«
    »Don Miller?«
    »Genau der. Er meinte, Sie verhielten sich so seltsam.«
    »Ist das was Neues?«
    »Dazu jede Menge Gehämmer aus Ihrem Haus. Runtergelassene Jalousien. Und vielleicht haben Sie vor ein paar Nächten auch etwas in den Gully geschoben.«
    »Zum Beispiel eine Leiche?«, schlug ich vor.
    Sie wartete geduldig, während ich mich bemühte, möglichst amüsiert zu wirken. Dann fuhr sie fort: »Ich bin gekommen, um sicherzugehen, dass Sie mich in unserem letzten Gespräch nicht missverstanden haben. Als ich sagte ›halten Sie die Augen offen‹, meinte ich, dass Sie die Augen offen halten sollen. Ich meinte nicht, dass Sie einen auf ›Der Falke und der Schneemann‹ machen und Ihren Arsch erst so richtig in Gefahr bringen sollen.«
    Mein halbes Grinsen gefror mir auf den Lippen.
    SAGEN SIE NIEMANDEM ETWAS , hatten sie mich gewarnt. SONST STIRBT SIE .
    Im ersten Moment hätte ich gute Lust gehabt, alles zu erzählen. Von der Mail und dem Schlüssel und dem Honda. Hätte die Polizei nicht bessere Chancen als ich, diese Frau zu retten? Ich musste nur den Mund aufmachen und die richtigen Worte aussprechen. Doch bevor ich das konnte, trötete ein Handy mit der Melodie von »Barney und seine Freunde« los.
    Sally seufzte. »Die Kleine mag das so gern. Das ist so eines dieser elterlichen Zugeständnisse, die man massenweise macht, wenn man Kinder kriegt.« Sie trat einen Schritt zur Seite, um den Anruf anzunehmen.
    Valentine schob die Lippen vor und spähte in den Korridor. Dann trat er dicht an mich heran, also dürfte er mir irgendetwas eigentlich nicht sagen, könnte aber einfach nicht anders. »Hören Sie, mein Lieber. Eines habe ich während meiner Dienstjahre gelernt: Aus Mist wird immer noch mehr Mist. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Typen wir schon eingesperrt haben, weil sie den falschen Schritt getan haben.« Er strich sich über den Schnurrbart, und ich las in seinen braunen Augen die Müdigkeit des erfahrenen Polizisten, das Wissen, auf das er lieber verzichtet hätte.
    Sally kam schwungvoll zu uns zurück. »Wir haben einen 211 in Westwood. Wir müssen sehen, dass wir loskommen.« Sie wandte sich wieder an mich. »Wenn Sie irgendein Problem haben, können wir Ihnen
jetzt
helfen. Wenn Sie uns außen vor lassen und die Chose schiefgeht, werden wir Ihnen nicht mehr helfen können. Denn dann sind Sie nämlich selbst Teil des Problems. Also – gibt es da irgendwas, was Sie uns gern erzählen würden?«
    Mein Mund war knochentrocken. Ich atmete tief durch. »Nein«, antwortete ich.
    »Komm.« Sally bedeutete Valentine mit einer zackigen Kopfbewegung, ihr zu folgen, und machte sich auf den Weg. Doch dann blieb sie noch einmal kurz stehen, um mich anzusehen. »Ich weiß ja nicht, wo Sie so eilig hinmüssen«, sagte sie, »aber seien Sie vorsichtig.«

[home]
    29
    D urch das stroboskopartig flackernde Licht der vorüberfahrenden Fahrzeuge konnte ich den Honda auf der anderen Straßenseite erkennen. Ich war nach Hause

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