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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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Die billigen Bodenfliesen unter meinen Händen waren kalt wie der Tod, so kalt wie das Eis, das sich in meinen Knochen breitmachte.
    »Tut mir leid, Davis«, sagte er. »Flitterwochen sind vorbei.«

[home]
    35
    W arum …?« Ich musste mich räuspern und noch einmal neu ansetzen. »Warum hat die Staatsanwältin ihre Meinung geändert?«
    Gable fuhr gerade auf den Freeway und warf mir statt einer Antwort nur wortlos einen Ordner auf die Rückbank.
    Er traf mich am Oberkörper. Da ich Handschellen trug, musste ich meine Hände zusammen bewegen, wenn ich umblättern wollte. Die Seiten sahen aus wie Mail-Ausdrucke.
    Sein massiger Partner, der offensichtlich südamerikanischer Herkunft war, sagte: »Wir sind bei Ihnen gewesen, um eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Sah aber ganz so aus, als hätten Sie die Bude schon für uns auf den Kopf gestellt.« Der Mann, der sich bis jetzt noch nicht vorgestellt hatte, machte sich jetzt auch nicht die Mühe, sich zu mir umzudrehen. An seinem Hinterkopf schimmerte die Haut durchs kurzgeschorene Haar. »Danach haben wir an Ihrer Arbeitsstelle vorbeigeschaut. In Ihrem kleinen Büro mit dem Dell-Computer. Haben Sie tatsächlich geglaubt, dass wir nicht all Ihre Computer überprüfen würden?«
    Die oberste Mail auf dem Stapel in meiner Hand war von
peepstracker
8
@hotmail.com
an meine Büro-Mailadresse gegangen.
Hatten Sie hiernach gesucht? Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie weitere Informationen brauchen.
Der ausgedruckte Anhang zeigte den Grundriss eines großen Hauses.
    Ich warf einen Blick auf das Datum – diese Mail war sechs Monate alt.
    »Was ist das denn nun schon wieder?« Ich war so schockiert, dass meine Stimme ganz heiser klang.
    »Lesen Sie weiter«, forderte Gable mich auf, »es wird noch besser.«
    Die Antwort-Mail, scheinbar von mir, lautete:
Können Sie Leute beschatten und ihren Tagesablauf feststellen?
    Ich sah mir noch einmal den Grundriss an. Oh ja, dieses Anwesen kam mir bekannt vor. Bis zum Pool mit den olympischen Ausmaßen und der Garage für acht Autos.
    Ich blätterte eine Seite vor.
So etwas machen wir nicht. Wir besorgen nur Dokumente. Sorry, Kumpel. Geld bitte am vereinbarten Ort übergeben.
    Die nächsten paar E-Mails spiegelten meine ergebnislosen Bemühungen wider, mir über verschiedenste nicht ganz legale Quellen eine nicht registrierte Waffe zu beschaffen. Die letzte Seite war die Mail mit der Online-Buchung im Hotel Angeleno, die ich offensichtlich unter falschem Namen vorgenommen hatte.
    Gable beobachtete mich genau im Rückspiegel. Diese ganze Sache war so unglaublich, ich war wie erschlagen. Mein Mund bewegte sich, aber ich brachte keinen Ton heraus. Sally und Valentine, die Einzigen, die mir glaubten, waren gerade unterwegs und folgten einer falschen Spur. Und jetzt hatte ich noch mehr abzustreiten, und die Beweislast war mittlerweile erdrückend. Der erste Gedanke, der in mein panisch vernebeltes Hirn drang, war der, dass ich vielleicht wirklich verrückt geworden war. Fühlte es sich so an, wenn man eine Psychose entwickelte?
    Rechts und links fuhren Autos an uns vorbei, die Leute kamen gerade aus der Mittagspause zurück. Eine zierliche Brünette plauderte rauchend in ihr Handy, während sie einen ihrer wohlpedikürten Füße auf dem Armaturenbrett abgelegt hatte. Am Straßenrand standen Mexikaner, die Blumen verkauften. Aus irgendeinem Autoradio tönte das »Du du-du du-du« des Backgroundchors von Lou Reeds »Walk on the wild side«.
    »Haben Sie wirklich gedacht, Sie würden Dateien spurlos vernichten, wenn Sie sie löschen?« Gables Partner gackerte. »Von dem Scheiß bleibt immer irgendwo noch eine Spur. Unser Experte hatte nach ein paar Minuten alles gefunden.«
    »Und mein Computer zu Hause war sauber?«, fragte ich langsam.
    »So weit, ja.« Gable runzelte die Stirn. »Was soll Ihnen das nützen? Mit dem, was wir auf dem Dell gefunden haben, sind Sie doch schon geliefert.«
    Ich schüttelte den Kopf und sah wieder aus dem Fenster. Die Sonne schien mir warm aufs Gesicht.
    Inzwischen hatte ich Hunger, mir war kalt, und ich hatte mehr Angst, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Aber sie hatten mir den ersten Riss in der Rüstung gezeigt, und eine neue Entschlossenheit keimte in mir auf. Wenn ich nicht im Gefängnis landen wollte, musste ich jede Minute der vergangenen neun Tage rekonstruieren und nach weiteren Rissen suchen. So schnell, wie sie eine Anklage gegen mich zusammenzimmerten, so schnell musste ich sie wieder

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