Odins Insel
und während der Himmel drei Tage lang aus seinem Reichtum schöpfte, lasen Sigbrit Holland, der Fischer Ambrosius und Brynhild Sigurdskaer ein Buch nach dem anderen, und Odin versuchte seine vergessenen Gedanken nach dem zu durchforsten, was vor Smedieby und dem Meteorsturm gewesen war. Am vierten Tag – nachdem es wieder einer größeren Gruppe von Wahren Christen gelungen war, nach Fredenshvile zu kommen und die Wiederauferstandenen Christen anzugreifen – klarte der Himmel endlich auf. Aus dem Sturzregen wurde Nieselregen, und dann hörte es ganz auf zu regnen, und bis zum Abend konnten sie sich wieder draußen aufs Deck setzen. Die Zeit war gekommen, mögliche Ergebnisse zusammenzutragen.
Sigbrit Holland hatte nichts Bemerkenswertes gefunden. Sie hatte sich auf Klima, Geologie und Topografie der Meerenge konzentriert und war auf nicht viel von Interesse gestoßen. Wie sie schon wussten, gab es keine Vulkane in der Meerenge, kreuzten sich keine kosmischen Linien, ein Potenzial für Erdbeben war somit nicht gegeben, und Tornados und Zyklone waren nie beobachtet worden. Es blieben noch die Herbststürme, die zeitweise von orkanartiger Stärke waren, und die Winterkälte, die ziemlich streng sein konnte. Doch keins dieser Phänomene war
auf die Meerenge und somit auf die Insel beschränkt, sondern betraf ebenso Südnorden und Nordnorden. Darüber hinaus konnte kein Verschwinden der sechs Flugzeuge auf Kälte oder Herbststürme zurückgeführt werden, da keins der Flugzeuge dem einen oder anderen ausgesetzt gewesen war.
»Das ist alles, was ich herausgefunden habe«, beendete Sigbrit Holland mutlos ihre Erklärung.
Der Fischer Ambrosius war enthusiastischer.
»Gefährliche Gebiete!«, sagte er. »Im Lauf der letzten anderthalb Jahrhunderte sind mindestens vierzig Schiffe und zwanzig Flugzeuge auf anscheinend unerklärliche Weise im Bermudadreieck verschwunden. In allen Fällen mussten die Experten normale Erklärungen, wie tropische Stürme, Taifune, unterseeische Vulkane und Erdbeben, Flutwellen und Ähnliches ausschließen. Deshalb glaubt man, dass es sich um ein Gebiet handelt, in dem von Zeit zu Zeit unbekannte Kräfte walten, um ein so genanntes gefährliches Gebiet.« Der Fischer lehnte sich zurück und zog an seiner Pfeife, während er den blauen Himmel betrachtete.
»Und?«, versuchte es Sigbrit Holland nach einigen Minuten, aber der Fischer Ambrosius stand lediglich auf und ging ins Steuerhaus. Kurz darauf kam er mit einem Globus wieder.
»Eine der Theorien geht davon aus, dass es rund um den Erdball zwölf dieser so genannten gefährlichen Gebiete gibt«, sagte er und stellte den Globus aufs Deck.
»Außer dem Bermudadreieck gehören der Nord- und der Südpol dazu und das Teufelsmeer südlich von Japan, wo es ebenfalls einige ungeklärte Vorkommnisse gibt.« Der Fischer zeichnete vier kleine Kreuze. »Die gefährlichen Gebiete finden sich offensichtlich in Zwischenräumen von genau 72 Grad. Sehen wir mal«, er drehte den Globus langsam herum, »auf der südlichen Halbkugel müsste eins längs des 30. Breitengrads, ein wenig östlich von Afrikas Südspitze liegen, gut 35 Grad östlich von Greenwich, und eins im Atlantik in der Nähe der brasilianischen Küste, eins weiter mitten im Stillen Ozean, eins hier drüben ein wenig nördlich von Neuseeland und ein Letztes im Indischen Ozean an der australischen Westküste.« Der Fischer Ambrosius zeichnete das letzte der südlichen Kreuze ein.
»Und was ist mit der nördlichen Halbkugel?«, fragte Sigbrit Holland ungeduldig.
»Ja, außer dem Bermudadreieck und dem Teufelsmeer müsste es eins im Stillen Ozean geben, nordöstlich vor Hawaii.« Der Fischer malte noch ein Kreuz. »Und dann haben wir eins im Mittelmeer nahe der Westküste Nordafrikas, und dann muss das Letzte wohl, ja… mitten in Afghanistan liegen.«
»Nichts im Norden?«, warf Sigbrit Holland ein.
»Nein, sieht nicht so aus.« Der Fischer kratzte sich mit dem stumpfen Ende des Bleistifts hinter dem Ohr. Er seufzte. »Dann müssen wir die Idee mit den gefährlichen Gebieten wohl ein für alle Mal fallen lassen.« Er klang enttäuscht, doch dann hellte sich sein Gesicht ein wenig auf. »Aber das heißt ja nicht, dass etwas, das in einigen dieser gefährlichen Gebiete vorkommt, nicht auch auf der Insel vorkommen kann.«
Sigbrit Holland wollte protestieren, ließ es jedoch bleiben. Sie wusste es selbst doch auch nicht besser. Stattdessen stand sie auf und machte sich auf den Weg ins
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