Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
Vom Netzwerk:
Kissen. Harald Adelstensfostre gab Sigbrit Holland mit einer knappen Bewegung zu verstehen, dass sie sich auf das Sofa setzen konnte. Er selbst ließ sich auf einen der Stühle nieder. Eine Zeit lang war es still im Zimmer, und Sigbrit Holland trommelte leicht verlegen mit den Fingern auf den grünen Sofabezug. Dann stand Harald Adelstensfostre plötzlich auf.
    »Wer?«, fragte er mit schnarrender Stimme und nickte in Richtung seines Gastes.
    »Sigbrit Holland«, antwortete sie und zeigte dann nach Süden in Richtung der Badebrücke. »Der Fischer Ambrosius und Odin.« Sie hielt die Hand vor sich, erst hoch, dann etwas tiefer.
    Der Eremit zeigte auf ihren Brief, der auf dem Tisch lag.
    »Oluf ist tot. Asta wohnt in Karlsund«, sagte Sigbrit Holland langsam, ängstlich, zu viel zu sagen.
    Obwohl die Informationen nicht mehr neu waren, schienen ihre Worte tiefen Eindruck auf den Eremiten zu machen.

    Nachdenklich wanderte er im Wohnzimmer hin und her.
    »Wann?« Der Eremit hielt mitten in einem Schritt inne.
    »Vor zwei Jahren.« Solange er sich nur einsilbig äußerte, hatte Sigbrit Holland keine Probleme, sein Altnordisch zu verstehen.
    »Kinder?«
    »Fünf.«
    Harald Adelstensfostre setzte sich wieder auf den Stuhl. Lange Zeit saß er schweigend da, und als er schließlich zu reden begann, sprach er fast wie zu sich selbst, fast als hätte er Sigbrit Hollands Anwesenheit vergessen.
    »Vor langer Zeit hatte Oluf Adelstensfostre eine fabelhafte Idee, auf die sein Zwillingsbruder Harald Adelstensfostre sich einließ, vielleicht weil er es nicht besser wusste, vielleicht weil er glaubte, dass es funktionieren könnte.« Der Eremit sah vor sich hin, während er sprach. »Oluf Adelstensfostre beschloss, dass sie wie einer statt wie zwei handeln sollten. Sie waren zwei, die beide gern an zwei Orten zur gleichen Zeit sein wollten, und wenn sie taten, als seien sie einer, konnte dieser eine an zwei Orten gleichzeitig sein. Harald Adelstensfostre willigte ein und studierte unter dem Namen seines Bruders das letzte Jahr an der Universität, während Oluf Adelstensfostre zu Hause in Karlsund bei Asta war. Harald Adelstensfostre bestand alle Examen, aber das Nächste, was er hörte, war, dass Oluf Adelstensfostre Asta unter seinem eigenen Namen geheiratet hatte. Erst da ging Harald Adelstensfostre auf, dass er aufgehört hatte, zu existieren.« Der Eremit stoppte seinen Wortstrom und sah Sigbrit Holland überrascht an, als würde er plötzlich begreifen, dass er nicht alleine war. »Genug!«, rief er rau und stand auf.
    Auch Sigbrit Holland erhob sich. Sie wollte ihn gerne nach Kapitän Hans Adelstensfostres Büchern fragen, aber der Eremit hatte ihr den Rücken zugewandt und sah aus dem Fenster. Sie zögerte ein wenig, verließ das Wohnzimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
    Der Fischer Ambrosius hielt noch immer nicht viel davon, ihre Abreise zu verzögern, sodass Sigbrit Holland am späteren Vormittag noch einmal den Hügel überquerte, und sobald Harald Adelstensfostre die Tür öffnete, fragte sie ihn danach.

    Zuerst antwortete er nicht, starrte sie nur nachdenklich an, und sie befürchtete, vorschnell gehandelt zu haben. Doch nach einer Weile griff der Eremit ohne Vorankündigung nach einer Öllampe, die auf der Kommode neben der Tür stand, und machte ihr ein Zeichen, ihm zu folgen. An der Gartenpforte wandte er sich nach links, und ohne sich ein einziges Mal umzusehen, ging er schnell einen Kiesweg hinunter zum Leuchtturm. Sigbrit Holland folgte ihm. Auf dieser Seite endete die Insel abrupt an einem Steilhang, aber eine schmale gebogene Holzbrücke führte sie sicher über das tosende Wasser.
    Harald Adelstensfostre schloss die Tür zum Leuchtturm auf, und sie kamen in einen dunklen Treppenaufgang. Er machte mit einem Streichholz die Öllampe an, die ihre Schatten hoch auf die runde Wand warf. Trotzdem konnte Sigbrit Holland nicht viel sehen, sie musste sich mit den Füßen Schritt für Schritt vorwärts tasten. Sie gingen viele Male im Kreis und kamen höher und höher hinauf, aber schließlich blieb der Eremit stehen. Sigbrit Holland holte ihn ein und entdeckte eine niedrige Metalltür. Er zog einen Schlüssel hervor, und zu Sigbrit Hollands Überraschung ging zuerst das Schloss und dann die Tür lautlos auf. Harald Adelstensfostre trat einen Schritt zurück und ließ Sigbrit Holland zuerst eintreten.
    Sie kniff die Augen zusammen; der runde Raum war blendend hell. Rundherum waren Fenster, und die Aussicht

Weitere Kostenlose Bücher