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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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deutlicher; es waren Ruder, die sich im Wasser bewegten. Der Fischer Ambrosius schlich sich nach steuerbord, während Sigbrit Holland Odin ins Steuerhaus schob. Sie öffnete eine Schublade und wollte gerade ein Messer herausholen, als sie den Fischer erleichtert auflachen hörte.
    Sie brauchten nicht lange, um den Eremiten und sein kleines Gummiboot an Bord zu ziehen. Er ignorierte ihre fragenden Blicke und ließ stumm und ruhig die Luft aus dem Boot und faltete es zusammen. Als er fertig war, ging er ins Steuerhaus und setzte sich neben Odin. Sigbrit Holland stellte ein Stück Kuchen vor
ihn auf den Tisch und schenkte Kaffee ein. Dann setzte sie sich ihm gegenüber. Aber erst als er den Kuchen gegessen und den Kaffee aus der angeschlagenen Tasse getrunken hatte, sprach er:
    »Die Insel«, sagte er rau.
    Sigbrit Holland wartete, aber Harald Adelstensfostre schwieg, sodass sie nach einigen Minuten fragte: »Ja?« Der Eremit zögerte.
    »Asta wusste Bescheid«, sagte er schließlich, wandte dann den Blick Odin zu und fügte langsam, fast beiläufig, hinzu: »Ein Pferdebein wird sich wohl nicht so sehr von einem Menschenbein unterscheiden.«

XI Walhalla
    Ein Palast für der Asen König
die Walhalla wurde für Odin erbaut
Speere aus Gold wie Wände standen
goldene Schilder bildeten das Dach
Fünfhundertvierzig Türen den Eingang
in jeder, wie einer, achthundert Mann
     
    Neun Walküren, die Frauen der Macht
das letzte Aufgebot an Männern des Krieges
wählten nur die tapfer Getöteten
die Stärke der Asen, Walhallas Schutz
     
    Geiß Heidrun vom Schlossdach gab die Brust
fröhlich Met für die Krieger floss
Saerimmers Fleisch die Mägen füllte
    – unendlich war der dicke Eber
     
    Einherjer kämpften Mann für Mann
tot jeden Abend, neu am Morgen
»Gib Treue, lern Tapferkeit
dem Feind ins Auge blicke«
     
    So bereiteten sich die Götter vor auf den
letzten Streit

    H err Bramsentorpf war ein mutiger Mann. Doch angesichts der Lage schwand sein Mut, schließlich brach er in Weinen aus, und im Lauf von zehn Minuten erzählte er seinen Wächtern alles, was er wusste. Dieses Wissen ließ sich, wie Aisha sofort erkannte, auf zwei Dinge reduzieren: erstens, dass Allahs Bote, der Große Mann, irgendwo an einem der Regierung unbekannten Ort Ferien machte, und zweitens, dass der Große Mann beabsichtigte, sobald wie möglich auf die Insel des Propheten zurückzukehren.
    Die moslemische Miliz hatte die Entführung von Herrn Bramsentorpf sorgfältig vorbereitet und alle Eventualitäten einkalkuliert. Oder richtiger, sie glaubten das getan zu haben, denn ein so mageres Ergebnis hatten sie sich selbst in ihren kühnsten Phantasien nicht träumen lassen. Nicht genug, dass Herr Bramsentorpf so gut wie nichts wusste und dass das wenige, das er wusste, so gut wie nichts wert war. Und nicht genug, dass die südnordische Regierung den Boten Allahs nicht herausgeben wollte, die südnordische Regierung konnte ihn gar nicht herausgeben.
    Einige Tage überlegte Aisha, ob sie Herrn Bramsentorpf freilassen oder ihn ein für alle Mal beseitigen sollte. Da sie jedoch nicht genau wusste, was sie mit einer Leiche anfangen sollte, und da sie nicht wusste, ob die Geisel sich nicht zu einem späteren Zeitpunkt doch noch als nützlich erweisen würde, beschloss sie, ihn leben zu lassen. Wenn sie es genau überlegte, hatte Herr Bramsentorpf der moslemischen Miliz tatsächlich eine wichtige Information geben können, und wenn sie noch genauer überlegte,
hatte Herr Bramsentorpf diese Information noch niemand anderem gegeben. Also lag es auf der Hand, dass die moslemische Miliz nichts Besseres tun konnte, als sich auf die Reise zur Insel des Propheten vorzubereiten. Wenn die moslemische Miliz erst Südnorden verlassen hatte, konnte Herr Bramsentorpf – tot oder lebendig – ihnen nicht mehr im Wege stehen.
    Das Einzige, das Aisha, ihr Bruder und die neununddreißig übrigen Milizmitglieder noch immer nicht herausgefunden hatten, war, wie die moslemische Miliz die Insel des Propheten erreichen sollte – und natürlich wer hinter den geheimnisvollen Drohbriefen stand.
     
    Gebt Odin frei oder Herr Bramsentorpf ischt ein toter Mann.
    Zehn solcher Briefe hatte die Regierung erhalten. Alle waren mit Buchstaben geschrieben, die aus verschiedenen Zeitungen und Illustrierten ausgeschnitten waren, alle waren auf Südnordisch geschrieben, alle enthielten nur ein einziges nordnordisch klingendes Wort, und alle waren in Fredenshvile aufgegeben.
    Wohinter Aisha bei

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