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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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wollte Odo und mich als seine Ehrengäste oben im Turm unterbringen. Odo nahm die Einladung an. Ich zog es vor, bei den anderen unten im Saal zu bleiben. Es war dort Platz für die ganze Gesellschaft und warum sollte ich mich nicht in christlicher Demut zu den geringeren Leuten lagern? Der Jude und der Reliquienhändler schliefen allerdings draußen bei ihren Wagen, aus Sorge um die kostbare Fracht
    Auf dem Boden des Saals war frisches Stroh aufgeschüttet. Wir entkleideten uns und legten uns nieder. Entgegen mönchischer Gepflogenheit lege ich nachts die Kutte ab, jedenfalls außerhalb von Klostermauern. Es scheint mir gesünder zu sein.
    Bald schnarchte alles. Auch ich war rechtschaffen müde, hüllte mich in meine Decke und wollte einschlafen. Doch daran hinderte mich ein klägliches Stöhnen.
    „Was hast du, Rouhfaz?“
    „Ich sterbe.“
    „Bist du nicht bei Verstand? Was fehlt dir denn?“
    „Herr Odo hat mich mit seinem Schwert erschlagen.“
    „Noch lebst du ja.“
    „Nicht mehr lange.“
    „Ein Hieb mit der flachen Klinge … davon willst du gleich sterben?“
    „Alle meine Rippen sind gebrochen, meine Gedärme verschlungen. Bald wird mein Herzschlag aussetzen.“
    „Das ist die Strafe für deine Schändlichkeit. Für das, was du vorhattest … mit der Magd, die gewiss eine Jungfrau ist.“
    Aber Rouhfaz zeigte keine Einsicht, jammerte nur noch lauter. Er verlangte nach einem Arzt, den es natürlich hier nicht gab.
    „Nimm dich endlich zusammen, Rouhfaz“, zischte ich, „und störe nicht weiter.“
    Plötzlich ließ sich Fulk vernehmen und sagte mit seiner heiseren Trinkerstimme: „Ich wüsste für den schon ein Heilmittel. Wenn Ihr es befehlt, erwürge ich ihn. Damit er nicht lange leiden muss und wir endlich unsere Ruhe haben.“
    Rouhfaz war augenblicklich still. Kein Laut kam mehr über seine Lippen. Ich gestehe, dass ich die gottlose Drohung nicht rügte. Mich verlangte nach Schlaf und so bekam ich ihn.

4. Kapitel
    Es war nur noch eine kurze Nacht. Mit dem ersten Hahnenschrei erwachte ich aus einem unruhigen Schlaf. Ich stand auf, warf die Kutte über das Hemd und trat hinaus. Im fahlen Morgenlicht krochen aus den Hütten ringsum elende Gestalten, um ihr Tagewerk zu beginnen. Fröstelnd rieb ich die Hände.
    Ich suchte einen geeigneten Platz, um meine Morgenandacht zu halten. Mein Blick fiel auf die kleine Kirche. Unscheinbar duckte sie sich zwischen Saalhaus und Turm. An den Giebel waren zwei gekreuzte Äste genagelt. Die Tür stand offen, das heißt, sie hing in den Angeln.
    Ich trat ein. Der Raum war fast leer. Aus den Wänden waren überall Steine herausgefallen, sie lagen haufenweise auf dem Fußboden. Auch hier gab es ein Kreuz, schief aufgehängt an der gegenüber liegenden Wand. Darunter stand ein roh gezimmerter Tisch mit einer schmutzigen Altarecke, deren Borten und Spitzen zerrissen waren. Bei meinem Eintritt flatterten Hühner auf und ergriffen die Flucht. Ich musste an die Worte des Königs denken: „An den Altären lagern Hunde.“ Hier waren es Hühner.
    Ich ging noch einmal hinaus und rupfte Gras, um notdürftig den über und über beschmutzten „Altar“ zu reinigen. Auch das Kreuz hängte ich gerade. Dann säuberte ich ein Plätzchen vom Hühnerdreck, kniete nieder und hielt die Andacht. Ich bat Gott um Verzeihung für die Gleichgültigen und Nachlässigen, die seine Wohnung verkommen ließen, versprach, ihnen ins Gewissen zu reden und die Missstände zu beseitigen.
    Plötzlich vernahm ich von draußen Schritte. Eine grobe weibliche Stimme rief: „Herr! Herr, wacht auf! Macht schnell! Kommt mit! Hört Ihr? Wacht auf, Herr! Kommt herunter! Beeilt Euch doch!“
    Ich lag noch immer auf den Knien. Doch der Psalm, den ich gerade begonnen hatte, erstarb auf meinen Lippen.
    Nun hörte ich die Stimme des Hauk.
    „Was willst du, Celsa? Was fällt dir ein? Warum störst du mich mitten in der Nacht?“
    „Kommt herunter, Herr!“
    „Verschwinde! Oder ich lasse dich auspeitschen!“
    „Die junge Herrin ist tot!“
    „Was sagst du?“
    „Umgebracht! Sie ist umgebracht!“
    „Willst du mich foppen?“
    „Es ist die Wahrheit!“
    „So ist sie ermordet?“
    „Ja doch!“
    „Wer war das? Wer hat das getan?“
    „Die Herrin sagt …“
    „Was sagt sie? Nun, was? Was sagt die Herrin?“
    „Sie sagt, dass es der Sänger war.“
    Ich war aufgesprungen und unter die Tür getreten. Jetzt sah ich die Celsa genannte Magd, rotgesichtig, plump, mit lose geflochtenem Zopf. In zehn

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