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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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mir zu!“, unterbrach er ihn. „Man hat Herrn Odo den Impetus gestohlen!“
    „Was?“, rief er. „So etwas sollte es geben?“
    „Ja, und vor Eurer Tür! Die Diebe flohen auf Euer Anwesen zu. Leider konnte ich sie nur auf meinem Esel verfolgen.“
    „Ich bringe sie um, wenn ich sie erwische!“
    Er gebärdete sich sehr aufgeregt, legte augenblicklich seinen ledernen Waffenrock an, gürtete sich, nahm Schwert und Dolch. Dabei brüllte er herum, gab Unsichtbaren, die sich am Fuße des Turms befanden, Befehle und erklärte, gleich alle verfügbaren Leute auf die Spur der Diebe hetzen zu wollen.
    Da ich nicht das geringste Vertrauen zu ihm hatte, war es schwer für mich zu beurteilen, ob er nur heuchelte oder tatsächlich erbost war und irgendetwas unternehmen wollte.
    Die Probe sollte ihm erspart bleiben. Überraschend mischte sich eine Stimme von unten in sein Geschrei. Ein Reiter war herangesprengt und fragte, ob jemand den edlen Herrn Königsboten gesehen habe.
    Ich steckte die Nase aus der Türöffnung.
    „Hier bin ich. Was gibt es?“
    „Der Herr Graf ist gekommen. Lässt fragen, wo er Euch treffen kann.“
    „Ist Herr Odo schon bei ihm?“
    „Ja.“
    „So führe mich hin.“

6. Kapitel
    Als wir den Herrenhof erreichten, erlebte ich eine Überraschung. Auf dem Gerichtsplatz der Zent, unten am Flussufer, waren an die hundert Männer versammelt. Der junge Krieger, der mich abgeholt hatte, einer der Gefolgsleute und Leibwächter des Grafen, sagte mir, Hrotbert habe sie alle eilig zusammenrufen lassen. Die Ankunft der Königsboten im Gau sei schließlich eine Ehre, der man nicht alle Tage teilhaftig werde.
    Ich fand den Grafen auf der Bank unter der Esche und Odo stellte mich ihm gleich vor. Hrotbert ist ein Mann in den Sechzigern, der aber trotz seines hohen Alters noch nichts Greisenhaftes hat. Seine Augen und seine dichten Haare sind eisgrau, sein Körper ist gut gebildet, seine Haltung straff wie die eines Dreißigjährigen. Durch die Kleidung unterscheidet er sich kaum von seiner Umgebung, sie entspricht der eines wohlhabenden Bauern. Seine Stimme ist scharf und befehlsgewohnt, kann aber zu einem heiseren Schnarren absinken, wenn er Wärme und Herzlichkeit ausdrücken will. Er begrüßte mich als ehemaligen Fuldaer wie einen alten Bekannten, bezeichnete Abt Baugulf als seinen Freund und erkundigte sich nach einigen geistlichen Herren, die sich am Hofe aufhalten sollten. Ich konnte ihm leider keine Auskunft geben. Odo und ich versprachen ihm aber, ihn noch ausführlich über die Reichsversammlung zu unterrichten, an der er in diesem Jahr eines Unfalls wegen nicht teilnehmen konnte.
    Der Graf machte mich dann auch gleich mit einigen älteren Männern bekannt, die er als Rechtskundige, insbesondere als Kenner des alten Volksrechts bezeichnete. Es waren solche, die man früher Rachinburgen genannt hatte, die neuerdings aber scabini , Schöffen, heißen, also Leute, die als Beisitzer bei der Urteilsfindung behilflich sind. Der Kanzleivorsteher des Grafen war ebenfalls anwesend und auch den knieerweichenden Händedruck einiger gräflicher Vasallen musste ich aushalten. Kurz gesagt, Hrotbert war mit großem Gefolge, gewissermaßen im vollen Glanz seines „Hofstaats“ erschienen.
    Zunächst glaubte ich, dass er damit nur uns, die Königsboten, beeindrucken wollte. Doch rasch wurde mir klar, was wirklich dahinter steckte.
    Offensichtlich wollte der Graf unsere Anwesenheit nutzen, um in der Zent die Macht des Königs und damit die seinige zu demonstrieren. Dies schien dringend nötig zu sein. Als er eintraf, war gerade das neueste Beispiel gesetzlosen Treibens in diesem Tal bekannt geworden. Odo hatte seinen Ärger über den Diebstahl von Impetus nicht zurückgehalten. Beim Verlassen der Schänke – das heißt wohl der Petrissa in einem der Grubenhäuser – hatte er von einem Bauern gehört, was geschehen war, auch dass ich mich an die Verfolgung der Diebe gemacht hatte. Nun musste ich zugeben, nichts erreicht zu haben.
    Da erhoben sich zornige Rufe über die Zustände in der Zent. Nachts werde gemordet, am Tage gestohlen. Nicht einmal die Ankunft von Königsboten könne die Missetäter noch zügeln und es sei höchste Zeit, für Ordnung zu sorgen. Etwas weniger laut fielen auch Worte wie „Weiberherrschaft“ und „aquitanische Hure“. Und der Zentgraf sei der „größte Gauner und Dieb“ und sein Bruder ein „halb verrückter Schlagetot“.
    Die so redeten, waren Männer aus anderen Teilen des Gaus.

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