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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Zentgrafen. Sehr zweckmäßig – wo dies wirklich geschieht! Auch in diesem Punkt scheint mir Euer Kloster vorbildlich zu sein. Du hast mir kürzlich von einem gewissen Lopichis und seiner Bande berichtet, die bei Euch Dörfer und Weiler in mehreren Grafschaften unsicher machte. Die Banditen zogen sich immer wieder auf Euer Klostergebiet zurück, überzeugt, sie seien dort wegen der Immunität vor Verfolgung sicher. Doch als die Grafen, die sich zur Abwehr des Übels vereinigt hatten, Euch um Hilfe ersuchten, habt Ihr unverzüglich und wirksam gehandelt. Du selbst, mein Teurer, ein Gelehrter und Bücherwurm, hast Dich mit einem dicken Knüppel bewaffnet, um in Euern Wäldern Räuber aufzustöbern. Ich war gerührt und erheitert zugleich, als ich das las! Lopichis und seine Leute wurden gefaßt und verurteilt – ein schönes Beispiel für das Zusammenwirken weltlicher und geistlicher Gewalten. So wie es König Karl bereits vor einem Jahrzehnt, im Jahre des Herrn 779, in seinem Kapitular von Herstal geboten hat: daß nämlich Richter und advocati der immunen Domänen verpflichtet sind, auf ihr Gebiet geflüchtete Briganten den Grafen zur Aburteilung auszuliefern, anderenfalls jedoch schwören müssen, daß sie dazu nicht in der Lage waren. Wer aber nicht schwören kann, ohne einen Meineid zu leisten, soll Benefiz und Amt verlieren oder den Königsbann von sechzig Solidi zahlen.
    Aber wie weit sind wir an manchen Orten des Frankenreichs von diesem idealen Zustand entfernt! Ich übertreibe nicht (denn ich habe Beweise dafür), wenn ich behaupte, daß in vielen immunen Gebieten Missetätern jeden Schlags Unterschlupf gewährt wird. Ich meine natürlich nicht das Asyl in den Kirchen, denn dies ist ein öffentlicher Unterschlupf, von dem jedermann Kenntnis erhält. Nein, man versteckt die Schurken und duldet ihr Treiben. Schlimmer noch – man bedient sich ihrer. Im allerschlimmsten Fall aber hält man sich eine eigene Bande, die ‚draußen‘ Schaden stiftet, zum eigenen Vorteil. Und man schwört jeden Meineid, von nichts zu wissen. Welcher Graf oder Königsbote kann nachprüfen, was in düsteren Krypten und schummrigen Klostergängen gedacht, geplant, versteckt und verschwiegen wird!
    Odo und ich waren überzeugt, daß ein Besuch bei Agilhelmus (er hätte uns natürlich irgendwann empfangen müssen) ebenso nutzlos sein würde wie ein schriftliches Ersuchen um Auslieferung der Mörder, und so verloren wir keine Zeit damit. Da wir ausreichend Grund hatten, als den Urheber der Verbrechen den Abt selbst zu betrachten, wäre die Hoffnung, er könne seine Mittäter preisgeben oder gar selbst seine Schuld gestehen, von erschreckender Einfalt gewesen. Hier gab es nur einen, der helfen konnte: den König. Nur er war imstande, Licht in das Dunkel zu bringen. Er konnte eine Untersuchung anordnen und den Abt vor sein Hofgericht zitieren. Unsere Aussagen würden die Anklage stützen. Wir waren uns allerdings wohl bewußt, in welches Wespennest wir stechen würden, wenn wir auch nur versuchten, den Fall vor das Hofgericht zu bringen. Es handelte sich um einen Freund des Herrn Erzkaplans! So beschlossen wir also, erst einmal unseren Auftrag zu erfüllen, damit uns wenigstens die Aura treuer Pflichterfüllung umgab, wenn wir das Unerhörte wagten.
    War es Zufall? Waren es die Umstände? War es Neugier? War es das schwelende Unbehagen, vielleicht doch nicht alles getan zu haben, was möglich war? Vermutlich von jedem etwas! Jedenfalls führte es dazu, daß wir uns bei unserer Rückkehr nach der Königspfalz noch einmal kopfüber in den frommen Sumpf stürzten. Und diesmal fehlte nicht viel daran, daß wir untergingen.
    An diesem Tag fiel ein starker Regen, und wir mußten eine geraume Zeit seitlich der Straße im Schutz eines Eichenhains verbringen. Während wir aus Langeweile hierhin und dorthin spähten, stellten wir fest, daß wir uns in der Nähe der Stelle befanden, an der wir sechs Wochen vorher auf den schmalen Pfad eingeschwenkt waren. Auch den Hügel, auf dem wir Herrn Rocco getroffen hatten, konnten wir ein paar Meilen vor uns mit bloßem Auge, wenn auch nur schemenhaft hinter dem Regenschleier erkennen. Natürlich drehte sich nun das Gespräch um die Morde an Ebrachars Söhnen, und bald war zu merken, daß unsere Leute nicht abgeneigt waren, den Umweg zu machen, um zu erfahren, was weiter geschehen war. Heiko und Fulk stritten lange darüber, ob der tölpelhafte Bobo die hübsche Ingunde doch noch zur Frau bekommen habe.

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