Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
besseren Vorschlag. Zum Zeichen seines Protests wollte Odo am liebsten das gräfliche Haus auf der Stelle verlassen. Er kannte einen Vicarius in der Nähe, einen früheren Waffengefährten, den wollte er aufsuchen. Doch ich hatte schon köstliche Küchendüfte geschnuppert und fand es nur recht und billig, uns für die Zeitverschwendung mit dem Comes wenigstens durch ein gutes Mahl und ein weiches Nachtlager zu entschädigen. Wir stritten noch, als ein liebliches junges Weibsbild, eine der aufgeputzten Kebsen, bei uns erschien und uns im Auftrage ihres Herrn nach unseren Wünschen fragte. Offensichtlich gehörte sie selbst zum Angebot, und da konnte Odo nicht widerstehen. Ich dagegen gedachte entsagungsvoll eines gewissen sündigen Abenteuers und begab mich in die Hauskapelle, wo ich die mir selbst auferlegte Bußübung ableistete, täglich dreimal den fünften Spruch Salomos wider die Unzucht, wo es heißt: „Die Lippen der Hure sind süß wie Honigseim, aber hinterher bitter wie Wermut …“
Ich versage mir, das Mahl zu beschreiben, denn das würde ein Kapitel für sich in Anspruch nehmen. Auch habe ich Mitleid mit meinen Lesern, denn Ihr, mein teurer Volbertus und liebe Brüder, übt Euch in Fasten und Askese, was ja Gott wohlgefällig ist, und so wäre es ganz abscheulich von mir, durch die Beschreibung der vielen Leckerbissen dieses römischen Schlemmermahls wie etwa der Drosseln in gepfeffertem Eidotter, der mit Rosinen und Nüssen garnierten Rebhühner – ich halte schon ein! – Euch das Maul zu wässern und Eure Moral zu schädigen. Ihr wollt auch nur wissen, was zu meiner Geschichte gehört, und dies will ich berichten. Während des Trinkgelages, das erst gegen Mitternacht endete (es soll hier übrigens fast jeden Abend so zugehen!) ergab es sich nochmals, daß der Comes und ich ins Gespräch kamen, und da erfuhr ich allerlei Wissenswertes. Er war schon ziemlich betrunken und sagte rasselnd und hüstelnd:
„Nun, Ihr kommt also von Ebrachar. Hat er sich über mich beschwert?“
„Davon weiß ich nichts“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Der alte Griesgram ist fromm geworden“, fuhr Herr Magnulf fort. „Er ist ja schon lange ein Tugendbold … Genau genommen seit fünfzehn Jahren, seit er verwitwet ist. Hätte er sich mehr an die Weiber gehalten, wäre ein besseres Auskommen mit ihm gewesen.“
„Herr Ebrachar hat die Absicht, noch einmal zu heiraten“, bemerkte ich unvorsichtig.
„Was sagt Ihr da? Er will heiraten? Das ist ein guter Scherz!“
„Kein Scherz …“
„Und wer ist die Auserwählte? Wißt Ihr das auch?“
Jetzt kam ich in Verlegenheit. War ich berechtigt, den Namen zu nennen? Noch wußte die Dame ja nichts davon. Ich antwortete also ausweichend:
„Es soll eine recht begüterte Witwe sein.“
„Eine begüterte Witwe? Teufel! Von der Sorte gibt es in meiner Grafschaft nur zwei. Die eine ist weniger begütert als wohlhabend. Das ist Prisca, seine Schwiegertochter. Aber die kann es ja wohl nicht sein …“
„Natürlich nicht.“
„Dann ist es also die andere. Wie? Ist es die andere?“
„Nun, wahrscheinlich …“
„Basina, die Witwe Harriettos!“
„Ja …“
Da brach er in ein tolles Gelächter aus. Es schüttelte ihn so heftig, daß man fürchten mußte, sein morscher Körper könne davon auseinanderfallen. Die Reife und Kettchen rasselten heftig. Ich erriet gleich die Ursache seiner Heiterkeit – zu spät. Kaum war das unglückselige ‚Ja‘ heraus, erinnerte ich mich daran, daß Ebrachar ihn, den Comes, als den Muntwalt der Dame bezeichnet hatte. Ich tadelte mich für meine Geschwätzigkeit, zu der mich wieder mal der Wein verführt hatte. Zum Glück war Herr Magnulf nicht in der Lage, sich gegen das Stimmengewirr an der Tafel zu behaupten und meine Nachricht bekanntzumachen. Er versuchte es, doch vergebens. Hustend und röchelnd gab er es auf.
„Mein frommer Bruder“, sagte er schließlich, als er sich etwas erholt hatte, „das war ein köstlicher Spaß, denn Ihr müßt wissen, daß mein Mündel Basina bereits im Begriff ist, wieder zu heiraten. Aber natürlich nicht diesen alten Esel. Der wäre zwar, was sein Vermögen betrifft, auch nicht zu verachten, besonders jetzt, da seine Haupterben hin sind … aber wer ist er schon gegen den anderen?“
„Ich vermute, der andere ist jünger.“
„Jünger und reicher. Viel reicher. Er ist der Reichste weit und breit.“
„So ist es … Es ist doch nicht …?“
„Agilhelmus. Wer
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