Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
ringsum.
„Was erzählst du da?“ schrie Herr Rocco.
„Nun, der hölzerne Jesus Christus war es. Zacharias hatte ihn von der Wand gerissen und schlug mit ihm um sich.“
„Und so hat er den Bobo umgehauen?“
„Auch Christus ging dabei in Trümmer. Euer Bobo hat einen harten Schädel.“
„Vorhin hast du aber gesagt, er hätte den Diabolus verprügelt.“
„Schon möglich. Im Dunkeln konnte man das nicht genau sehen. Auch der Diabolus hat sein Teil. Nun sieht er wirklich wie der Teufel aus.“ Ein böses Grinsen flackerte kurz über Clephs Gesicht.
„Und warum habt ihr euren tapferen verwundeten Anführer nicht gleich in Sicherheit gebracht?“ fragte Herr Rocco streng.
„Wir hatten es vor. Aber er rief uns zu, wir sollten uns um seine Braut kümmern. Er habe noch Kraft und wolle unseren Rückzug decken.“
„Das ist ein Kerl! Ich hätte es auch so gemacht! Habt ihr das alle gehört? Was geschah dann?“
„Ich brachte Ingunde zu den Pferden. Das war nicht leicht, denn sie sträubte sich.“
„Sie wollte von ihrem Bräutigam selbst entführt werden!“
„In der Kapelle ging der Kampf weiter. Aber nach und nach fanden sich unsere Leute ein … bis auf die fünf Mann. Als es hell wurde, konnten wir nicht mehr warten. Die Mönche wären mit Übermacht über uns hergefallen. Ich brachte alle zu einem Köhler, der eingeweiht war. Dort wurden die Verletzten versorgt, und am Abend machten wir uns auf, um im Schutz der Nacht und auf Umwegen herzukommen. Und da sind wir nun also …“
Aus dem Hause tönte wieder der Möwenschrei, und Herr Rocco bequemte sich seufzend, hineinzugehen und sich um seine untröstliche Gemahlin zu kümmern. Die Leute verliefen sich. Cleph und ich standen uns plötzlich allein gegenüber.
„Gruß und Heil, Vater.“
„Der Herr sei gelobt.“
„Ich hörte schon, daß Ihr hier seid.“
„Und ich freue mich, Euch gesund zu finden, obwohl …“
„Obwohl Ihr mißbilligt, was wir getan haben?“
„Wenn sich Eure Schwester zur Nonne berufen fühlte und Euer edler Vater bestimmt hat …“
„Meine Schwester wurde verleitet, und meinen Vater haben die Mönche verschleppt. Das dürfte Euch inzwischen bekannt sein. Er hat keinen eigenen Willen mehr.“
„Ihr behauptet das mit einer Sicherheit …“
„Wenn Ihr könnt, so behauptet das Gegenteil.“
„Dazu müßte ich Herrn Ebrachar wiedersehen.“
„Versucht es doch.“
„Ich hätte Lust.“
„Nur an Mut wird es fehlen.“
„Eine Herausforderung?“
„Oh, nein!“ Wieder dieser verächtliche Spott. „Ein Mann wie Ihr hat Wichtigeres zu tun. Und Ihr seid klug. Ihr wühlt gern im Unrat, doch Ihr beschmutzt Euch nicht. Ihr versteht es zur rechten Zeit, die Augen zu schließen … oder gen Himmel zu richten. Ist die Wunde an Euerm Hinterkopf gut verheilt?“ Jetzt grinste er unverhohlen. Bevor mir eine Antwort einfiel, hatte er mich stehenlassen. Er ging zu seinem Pferd und führte es nach den Stallhäusern. Ich bedachte dieses kurze, aber inhaltsreiche Gespräch, wobei ich mich mit gesenktem Kopf wieder dem Haus näherte. Gerade wollte ich die Treppe hinaufsteigen, als sich mir eine Hand auf die Schulter legte. Ich wandte den Kopf.
Ein schwarzer, buschiger Schnurrbart kitzelte meine Nase. Zwei braune Augen starrten mich heiter an und ergötzten sich an meiner Befangenheit.
„Willst du eins?“
Odo öffnete seine andere Hand, in der zwei Hühnereier lagen. Ich zögerte.
„Nimm es schon. Es verpflichtet zu gar nichts. Wir können ja trotzdem Feinde bleiben.“
Ich seufzte nur und griff zu. Das Ei war noch warm.
„Bei Hühnern habe ich immer Erfolg. Ich halte die Hand auf – schon legen sie.“ Odo zog seinen Dolch, schlug die Schale auf und reichte ihn mir. „Ich muß dir auch etwas Wichtiges mitteilen, das dich als frommen Diener Gottes interessieren wird.“ Er schlürfte sein Ei genüßlich aus. „Es ist aber ein Geheimnis und muß unter uns bleiben.“
„Wenn du es einem ‚geschwätzigen Kuttenbock‘ anvertrauen willst“, sagte ich kühl.
„Ich brenne darauf! Hör zu. Eine betrübliche Sache für die gesamte Christenheit. Der Papst ist nicht fertig geworden!“
„Wie? Welcher Papst?“
„Na, du weißt doch … der, den der Heilige Geist mit einer auserwählten Jungfrau, mit der Ingunde …“
Er begleitete diese Worte mit einer so komischen Geste, daß ich mich an meinem Ei verschluckte und meine Kutte von oben bis unten mit Dotter verunreinigte.
„Was heißt das?“
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