Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
von Rocco auszutragen, der es gleich ernst nahm. Aber vergessen wir das! Nun wird es wirklich ernst. Hör zu! Ich habe schon einen Plan …“

11
    Z wei Pilger schleppten sich dahin, zwei Männer, die mit ihrer Kraft fast am Ende waren. Auf ihren Schultern trugen sie ein riesiges hölzernes Kreuz, unter dessen Gewicht sie stöhnten und das sie von Zeit zu Zeit zwang, sich auf die Knie niederzulassen und kurz zu verschnaufen. Dann sangen und beteten sie und schrien zu Gott, damit er sich ihrer erbarme. Und unter unendlichen Qualen rafften sie sich wieder auf und zogen weiter ihres Weges, der Leidensspur unseres Herrn Jesus folgend.
    Der eine Pilger war groß und hager und trug ein langes, härenes Büßergewand, der andere war klein und rundlich und mit einem Bauernkittel bekleidet. Ihre Füße waren nackt und auf dem steinigen Pfad, der aus dem Wald nach dem Kloster führte, blutig geschunden. Der kalte Oktoberwind blies ihnen so heftig entgegen, daß der große Pilger, der unter dem Querbalken ging, von einer Seite des Weges zur anderen wankte, während der kleine, welcher das untere Ende des Kreuzes gepackt hielt, mit raschen, kurzen Schritten zu folgen suchte und dabei immer wieder ins Stolpern geriet. In Hörweite des Klosters angekommen, schrien sie wieder ihr „Miserere!“ und heulten wie verlassene Hunde. Und plötzlich, zehn Schritte vor dem Tor, brach der Große zusammen. Sein Kopf, von den langen schwarzen Haaren umflattert, stieß auf die Erde. Das schwere Kreuz lag auf seinem Nacken, und nun war der Kleine bemüht, sich allein das hölzerne Ungetüm aufzuladen. Doch auch ihn verließen die Kräfte, er vermochte es kaum noch anzuheben. Schließlich fiel er neben seinem Gefährten nieder.
    Inzwischen hatte man sie jedoch längst beobachtet. Das Tor des Klosters wurde geöffnet, der Bruder Pförtner und ein paar andere Mönche liefen herbei. Sie halfen den beiden Erschöpften auf und führten sie hinter die Mauer, unter das schützende Dach. Der große Pilger stammelte immer wieder: „Wie weit ist es noch bis nach Rom? Sind wir bald dort?“
    Die Mönche gaben ihnen Wasser zu trinken. Der Bruder Pförtner meinte jedoch, daß Fleischbrühe besser sei, deshalb solle man sie erst einmal der Obhut des Cellerars {21} anvertrauen.
    „Aber seht doch nur ihre Füße an!“ rief ein anderer Mönch. „Sie können ja kaum noch gehen und stehen. Bringen wir sie zuerst in den Krankensaal, damit Bruder Theophan sie behandelt!“
    Die beiden Pilger nickten lebhaft zum Zeichen, daß ihnen dies am nötigsten sei. „Damit wir noch heute weiterziehen können!“ sagte der Kleine.
    Es wurde ihnen aber bedeutet, daß aufgrund ihres Zustands an eine Fortsetzung der Pilgerfahrt nicht vor einigen Tagen zu denken sei. Man führte sie über den Hof und dann eine Treppe hinauf und einen Gang entlang. Als sie im Krankensaal auf die Strohsäcke sanken, hörten sie hinter sich einen alten Mönch sagen:
    „An diesen frommen Männern sollte sich mancher hier ein Beispiel nehmen!“
    Da tauschten die beiden ein zufriedenes Lächeln. Glücklicherweise bemerkte dies niemand, ebenso wie niemand ahnte, daß die erschöpften Rompilger ihre Fahrt erst eine halbe Meile vor dem Kloster begonnen hatten – an jener Stelle nämlich, wo der Weg aus dem Walde heraustritt. Dort hatten sie sich eine Stunde zuvor das Kreuz aufgeladen, das sie auf einem Bauernkarren herbeigebracht hatten. Vorausgegangen waren allerdings mehrere Tage sorgfältiger Vorbereitung.
    Odos Plan, in der Verkleidung von Pilgern in das Kloster einzudringen, hatte mich gleich begeistert, doch war seine Durchführung nicht ganz einfach. Zunächst war es unbedingt nötig, daß wir gewisse Veränderungen an unserer äußeren Erscheinung vornahmen. Fabiolus und Zacharias, aber auch andere konnten uns wiedererkennen, und dann war uns ein stilles, ruhmloses Ende gewiß. Beinahe wäre alles gescheitert, als ich meinem Freund (denn das war er nun wieder) den Rat gab, sich von seinem prächtigen Schnurrbart zu trennen. Er war sich natürlich bewußt, wie sehr die stolze Zierde des Gesichts zu seiner eindrucksvollen Erscheinung beitrug. Als dann der Bart schließlich doch gefallen war, sah Odo mit seiner großen Nase, dem knochigen Kinn und den gefurchten Wangen wie ein Subdiakon nach sechswöchigem Fasten aus, und nur mit Mühe konnte ich unsere Leute bewegen, nur hinter seinem Rücken zu lachen. Die Wirkung war aber die erwünschte. Nachdem er das von Mägden aus groben Decken

Weitere Kostenlose Bücher