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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Bergen habt Ihr sie freilich nie kennengelernt), riß mich am Morgen aus dem Schlaf. Die Tür des Saales im Herrenhaus, wo wir unser Nachtlager hatten, stand weit offen, Sonnenlicht fiel herein. Ich sah Heiko neben mir seine Hose hinaufziehen und auf den Hof hinauseilen. Alle anderen Schlafstätten waren verlassen. Ich wickelte mich aus meinem Fell, warf meine Kutte über und rannte barfuß hinterher.
    Der Hof war voller Menschen, Pferde, Esel, Schweine, Hunde und Hühner. Alles wimmelte durcheinander, man wußte im ersten Augenblick nicht, wohin man blicken sollte. Am ehesten fiel die beleibte Herrin auf, die händeringend, im bloßen Hemd auf dem Erdboden kniete und noch mehrmals wie eine Möwe schrie. Ein paar junge Mägde versuchten, ihr aufzuhelfen. Andere Weiber hingen glückstrahlend an den Hälsen von Männern, die Wegelagerern glichen, so schmutzig waren ihre Gesichter und so zerrissen war ihre Kleidung. Von einem müden Gaul wurde ein Verletzter gehoben, dessen Kopf und Arme mit blutgetränkten Lumpen umwickelt waren. Ein Hund sprang ihn an und leckte ihm das Gesicht.
    Ich sah nun auch den Cleph. Er stand ruhig, den dicken Krauskopf zwischen die Schultern gedrückt, inmitten einer Gruppe aufgeregter älterer Männer, die gestikulierten und auf ihn einredeten. Herr Rocco verschaffte sich gerade Platz und drängte sich zu ihm durch. Cleph gab kurze, anscheinend unbefriedigende Auskünfte, denn Köpfe und Fäuste wurden geschüttelt. Dann reckten alle die Hälse in eine Richtung, und da bemerkte ich Odo, der gerade einer schlanken jungen Person vom Pferd steigen half. Diese war in eine Decke gehüllt, aus der wenig mehr hervorguckte als ihre Füße und ihr wirrer blonder Haarschopf. Doch ich erkannte sie. Es war die Ingunde.
    Der Trupp der Entführer war also zurückgekehrt. Aber als ich mich links und rechts erkundigte, erfuhr ich, warum die Freude gedämpft war. Nicht alle, die ausgezogen waren, hatten sich wieder eingefunden. Fünf Männer fehlten, darunter Bobo. Es hieß, er und drei andere seien am Leben, jedoch verletzt, und man habe sie an einen Ort gebracht, der den Rückkehrern unbekannt war. Der fünfte, Crispin, hätte auch zu der Gruppe gehört, sich aber befreien können – um den Preis, den wir alle kannten. So fehlte von den sechzehn Entführern fast jeder dritte, darunter der, ohne den das Unternehmen im nachhinein sinnlos wurde. Schon hörte ich murren: „Was sollen wir denn mit einer Braut, da wir nun keinen Bräutigam haben?“
    Ich trat zu dem Haufen, der den Cleph umdrängte, und spitzte die Ohren.
    „Und warum habt ihr sie nicht herausgehauen?“ krähte ein Greis.
    „Es war unmöglich“, erwiderte Cleph. „Wir waren zu wenige.“
    „Aber vorher wart ihr doch in der Überzahl!“ piepste ein anderer Alter aus der Mitte des Haufens.
    „Zu Anfang ja. Aber als sich die Mönche gesammelt hatten …“
    „Dazu durftet ihr es nicht kommen lassen! Hättet ihr euch nur beeilt!“
    „Wir mußten ja die Tür der Kapelle mit Äxten öffnen. Das dauerte seine Zeit. Und wie sollten wir dabei Lärm vermeiden!“
    „Ihr hättet euch von unten hineingraben können“, meinte ein dritter.
    „Du scherzt, Großvater.“
    „Oder von oben herabsteigen. Die Ziegel abdecken. Das macht keinen Lärm!“
    „Hätten wir nur euch alte Schlauköpfe mitgenommen.“
    „Gott hat euch seinen Segen versagt!“ kreischte ein Weib. „Ihr habt seinen Tempel geschändet!“
    „Das waren die anderen, nicht wir, Mutter. Sie haben dort alles kurz und klein geschlagen.“
    „Aber ihr seid als erste eingedrungen!“
    „Ruhe, Leute!“ gebot jetzt Herr Rocco. „Laßt ihn endlich der Reihe nach erzählen!“
    „Aber ich habe doch alles erzählt“, protestierte Cleph. „Wie oft soll ich es noch tun?“
    „So oft ich es will, mein Lieber! Ich will hören, wie heldenhaft sich mein Sohn Bobo geschlagen hat. Und die hier sollen es auch hören!“
    Für einen Augenblick zeigte sich wieder dieser Zug von verächtlichem Spott in der Miene des Cleph, den ich schon kannte.
    „Wenn es so ist“, antwortete er, „mache ich Euch gern das Vergnügen. Euer Sohn ist uns tapfer vorangeritten … hat als erster die Hecke überwunden … ist uns im Dunkeln vorangeschlichen … hat als erster die Axt angelegt … war als erster in der Kapelle und ist als erster nach erbittertem Widerstand …“
    „Wer hat ihn niedergeschlagen?“
    „Das war unser Herr Jesus Christus selbst.“
    Ein Aufschrei des Entsetzens ertönte

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