Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
zusammengenähte Büßergewand angelegt und sein Haar mit Asche bestreut hatte, war die Verwandlung vollkommen.
Was mich betrifft, so genügte es, daß ich vier Tage lang den Bart sprießen ließ, ein paar Löckchen, die sich als Kranz von Ohr zu Ohr ringelten, aber abschnitt, daß ich die Stirn mit einer breiten Binde umwand, einen zerschlissenen Bauernkittel und schlotterige Hosen anzog und einen Gürtel anlegte, an dem Löffel und Messer, ein Kochtopf, ein Becher und ein Almosensäckchen hingen, um mich, so bestätigten alle, in einen armen Tölpel zu verwandeln, wie sie zu Tausenden durch das Land irren. Wir legten uns eine Geschichte zu, nach der Odo ein edler Herr Faramod aus Rouen war, der als Buße für seine Sünden das Kreuz unseres Herrn nach Rom zu tragen gelobt hatte. Ich als sein Diener begleitete ihn. Da man Narren, die Kreuze schleppen, auf Schritt und Tritt begegnet, waren wir sicher, auf diese Weise am wenigsten Argwohn zu erregen.
Herr Rocco unterstützte uns tatkräftig. Wäre nicht Odos zweifelsfreie Verwandtschaft mit Ebrachar gewesen, hätte er uns wohl als Abenteurer und Maulhelden behandelt und versucht, uns schnell wieder loszuwerden. Anfangs stand er auch unserem Plan recht mißtrauisch gegenüber. Da aber sein Sohn nicht zurückkam und seine Gemahlin ihm Tag und Nacht in den Ohren lag, blieb ihm nichts anderes übrig als entweder selbst etwas zu unternehmen oder sich uns anzuschließen. Letzteres hielt er dann doch für sicherer, zumal auch Cleph, der sein Vertrauen besaß, unser Vorhaben unterstützte. Rocco entwickelte dann sogar besonderen Eifer und sorgte vor allem dafür, daß auf dem Salhof nur wenige eingeweiht wurden. Nachts verstärkte er die Wachen, damit niemand hinausschlich, um vielleicht für einen Judaslohn die Mönche zu warnen. Cleph trieb sich unterdessen auf Ebrachars Gütern herum. Er warb Knechte und Hörige für die Befreiung seines Vaters, dessen milder Herrschaft viele den Vorzug vor einem Mönchregime gaben. Nach einigen Tagen erschien der Vilicus an der Spitze von etwa zwanzig mit Lanzen, Messern und Beilen bewaffneten Männern. Bis auf zwei Verletzte stießen auch die Knechte des Rocco zu uns, die schon beim Raub der Ingunde dabei waren. Und natürlich standen Heiko, Fulk und unsere Recken bereit.
Wir hielten Kriegsrat. Nachdem Odo und ich als Pilger in das Kloster gelangt sein würden, war unsere erste Aufgabe, Ebrachar, Bobo und die anderen zu finden. Dann mußten wir uns in einem günstigen Augenblick der Wirtschaftspforte des Klosters bemächtigen (derselben, durch die Zacharias und die anderen ihren Verfolgern entschlüpft waren) und unsere Leute, die sich gegenüber am Waldrand sammeln sollten, hineinlassen. Dies mußte natürlich nachts geschehen. Der folgende Überraschungsangriff sollte Ebrachar und die anderen befreien und Fabiolus, Zacharias, Theophan wie überhaupt möglichst viele Mitglieder der Mönchsbande in unsere Gewalt bringen. Den Agilhelmus selbst zu ergreifen, würde nichts nützen, denn als Abt und Träger der Immunität war ihm natürlich als Person überhaupt nichts anzuhaben. Wir konnten ihn aber tüchtig erschrecken und ihn, indem wir ihn seiner Helfershelfer beraubten, vorerst an weiteren Untaten hindern. Alles andere mußte dann Sache des Hofgerichts sein.
Am fünften Tag nach unserer Ankunft bei Rocco brachen wir auf. Wir waren über vierzig, es hatten sich vom Gesinde des Salhofs noch einige freiwillig gemeldet. Von unserem Trupp blieb nur Rouhfaz zurück, der erst nach geglücktem Unternehmen wieder zu uns stoßen sollte. Herr Rocco begleitete uns ein Stück, nahm jedoch bald den Zustand seiner Gemahlin zum Vorwand, um umzukehren. Die Führung unseres Trupps hatten wir Cleph anvertraut. Er kannte am besten die verborgenen Wege, denen wir folgen mußten. Um die dritte Stunde erreichten wir das immune Gebiet. Gegen Mittag erblickten wir von weitem das Kloster. Wir hielten mitten im Wald, um zu rasten, und Odo und ich übergaben Impetus und Grisel den Recken. Dann spannten wir uns vor den Bauernkarren, auf dem das Kreuz lag, das Roccos Tischler für uns angefertigt hatte. Während Cleph den Trupp in weitem Bogen um das Kloster herumführte, um in die Nähe der hinteren Pforte zu gelangen, folgten wir einem schmalen Pfad bis zum Waldrand. Dabei verfuhren wir nach der Art der Selbstquäler, indem wir mit Absicht auf Steine mit scharfen Kanten traten, die uns die Haut an den Füßen aufrissen. So hatten wir schon blutige Füße, als
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