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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Graf, sich mir zuwendend, dankbar, weil das Gespräch eine neue Richtung nahm. „Ich hatte tatsächlich einmal geglaubt, durch die Heirat der Kinder die Rabennestleute zähmen zu können. Und mit ihnen, da sie die Schwierigsten waren, die anderen … die Adler, Habichte, Geier da oben. Heute weiß ich, das war ein Fehler.“
    „Und Ihr wart kühn genug, ihn berichtigen zu wollen“, sagte ich anerkennend. „Ihr wolltet die Verlobung kündigen.“
    „Irmo war noch nicht berechtigt, darüber zu reden. Doch in der Tat …“
    „Damit hättet Ihr viel gewagt. Nach altem Volksrecht …“
    „Ich glaube, Herr Lupus, Ihr versteht mich. Ich wollte denen meine Tochter nicht ausliefern … ich konnte es nicht! Ihre Freundschaft hätte ich doch nicht gewonnen. Sie wären geblieben, was sie waren, auch wenn wir unsere Söhne und Töchter verheiratet hätten. Offen gestanden, ich bin erleichtert, weil Garibald seinerseits die Verlobung seiner Tochter mit meinem Sohn Thankmar gekündigt hat.“
    „Ist es vielleicht aber so, daß Ihr den Bruch erst wagen konntet, als Bardo tot war?“ fragte Odo.
    Rothari wandte sich ihm rasch wieder zu, zögerte aber mit der Antwort. Über seine Schulter sah ich, daß Odo seinen forschenden Blick parieren mußte. Mein Amtsgefährte bemühte sich nicht sehr erfolgreich, seinen Augen den Ausdruck argloser Neugier zu geben.
    „Ihr unterstellt“, sagte schließlich der Graf, „daß mir der Tod des Bardo zupaß kam. Ich leugne es nicht! Ich nahm ihn sogar als göttliche Fügung. So wird alles leichter. Bardo war ein übler Geselle, zu allem fähig. Sein Bruder Garibald ist zwar nicht besser, doch etwas klüger. Mit ihm ist ein Übereinkommen möglich. Wenn er ein wenig Gewinn macht, ist er zufrieden. Da Allard nun tot ist und die Verlobung sich ohnehin erledigt hat, werde ich die Brautgeschenke für Eddila zurückgeben … von denen, die er für seine Tochter empfing, aber nur einen Teil zurückfordern. Befriedigt Euch das?“
    „Befriedigt es Garibald?“
    „Ihr zweifelt?“
    „Ihr wollt Eure Tochter mit dem Irmo verheiraten, den er des Mordes bezichtigt.“
    „Ich wiederhole: Irmo ist unschuldig!“
    „Kommen wir darauf zurück, wie er das sächsische Dorf ausspähte. Geschah dies bei Tage oder bei Nacht?“
    „Bei Nacht“, erwiderte Rothari, abermals seufzend. „Und wenn Ihr es noch genauer wissen wollt: im Morgengrauen.“
    „Und der Ort des Geschehens war ein Wald.“
    „Fast jeder ‚Ort des Geschehens‘ ist in Sachsen ein Wald. Nicht anders als hier.“
    „Die beiden Männer – Irmo und Bardo – waren zur gleichen Zeit unterwegs.“
    Mit einer lässigen Geste seiner schlanken, beringten Hand bestätigte Herr Rothari auch dies.
    „Haltet Ihr es für möglich, daß sie auf diesem Gang zusammentrafen … sei es nach Verabredung oder durch Zufall?“
    „Es ist nicht unmöglich, doch wenn Ihr damit …“
    „Hatte Irmo einen Grund, den Bardo zu töten?“
    „Zum dritten Mal: Ich bin überzeugt, er war es nicht!“ erwiderte Herr Rothari, ohne die Frage zu beantworten. „Ganz sicher war er es nicht! Ein Mann wie er kämpft Brust an Brust. Er erschlägt niemand heimlich im Wald und beraubt ihn.“
    „Der Raub könnte vorgetäuscht sein.“
    „Mir scheint, Ihr habt gestern abend erlebt, wie sich Irmo mit Gegnern zu messen pflegt. Hätte er Bardo töten wollen, würde er Streit und den offenen Kampf gesucht haben. Wir waren wochenlang im Feldlager, da gab es manche Gelegenheit. Doch nichts geschah. Der Mordverdacht fiel auch erst auf Irmo, als wir zurück waren und Nandolf auf Garibalds Anstiften seine Gerüchte verbreitete. Zunächst kam überhaupt niemand auf den Gedanken, daß er …“
    „Auch Ihr nicht?“
    Jetzt verlor der Graf die Geduld. Er reckte heftig das Kinn mit dem grauen Lockenbart gegen meinen Amtsgefährten, und seine Stimme klang scharf.
    „Was bezweckt Ihr mit dieser Frage, Herr Odo? Was wollt Ihr andeuten? Ich habe zwar eingeräumt, daß mir der Tod des Bardo nicht gerade ungelegen kam, doch das berechtigt Euch nicht zu dem Schluß … Ihr verhört mich, meine Herren, als sei ich selbst der Mörder!“
    Der Ausdruck seiner Miene war leidend, als er sich jetzt auch mir wieder zuwandte. Ich beeilte mich daher, ihn zu beruhigen.
    „Das ist ein Mißverständnis, Herr Graf! Wie könnt Ihr nur von Verhör sprechen! Das Thema ergab sich … Wir blicken auf jenen Felsen dort, von dem heute nacht ein Mensch in den Tod stürzte, immerhin doch ein

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