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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Gottesgeschöpf … und ich gestehe, daß das Erlebnis uns noch beschäftigt. Dieser Tod war die Folge von Ereignissen, die ihm vorausgingen, möglicherweise schon lange, und deshalb … Aber sprechen wir doch von etwas anderem! Nur eines noch. Ihr hattet so viel Vertrauen, uns unsere Ernennungsurkunde und unsere Vollmacht bisher nicht abzufordern. In dem letzteren Schriftstück ist unter anderem von unserem Herrn König festgelegt, daß wir überall, wohin wir kommen, zu Gericht sitzen müssen. Neben dem ungebotenen Ding, das Ihr selbst in fünf Wochen einberufen werdet, wird es also ein gebotenes geben, und zwar schon vorher, denn wir werden uns nicht lange aufhalten. Was nun den Fall betrifft, den wir besprochen haben, so wird Herr Garibald mit seiner Klage wegen des Bardo gewiß vor unser Gericht, nicht vor das Eurige treten, denn Eure Nähe zu dem Mann, den er anklagen will …“
    „Ich verstehe, ich verstehe!“ murmelte Rothari schroff. „Ich wußte nicht, daß Ihr selbst zu Gericht sitzen werdet. Das ist mir neu, wir hatten hier noch keine Königsboten!“
    „Nun wißt Ihr es also“, sagte ich sanft und beschwichtigend. „Und deshalb werdet Ihr uns unsere Neugier verzeihen. Wir müssen uns vorbereiten, uns kundig machen … wie sollten wir sonst zu einem gerechten Urteil gelangen? Aber nun wollen wir Euch nicht länger ermüden! Wir sehen ja, daß es Euch anstrengt und …“
    „Oh nein!“ rief er plötzlich, mich unterbrechend, mit einem Lächeln, das mir etwas gekünstelt erschien. „Wie kommt Ihr darauf, daß Ihr mich ermüdet? Ich bin nur ein wenig überrascht. Wir sind hier dem Hofe so fern, daß wir von Neuerungen erst immer mit großer Verspätung erfahren. Und da ich mir, was die Rechtsprechung angeht, nichts vorwerfen muß, war ich nicht darauf gefaßt, daß mir Vertreter des Hofgerichts beistehen würden …“
    „Verzeiht bitte und versteht es nicht falsch.“
    „Ich füge mich schon! Ihr seid es, die verzeihen müssen!“
    „Heute wollen wir aber nur noch über Erfreuliches reden. Und endlich Eure Verse hören …“
    Noch immer lächelte der Graf. Doch die Starre, die seine Züge für kurze Zeit gelähmt hatte, wich jetzt, und er schien sogar seine heitere Ungezwungenheit zurückzugewinnen. Er nahm den Krug, füllte selbst unsere Becher und sagte:
    „Nein, lieber Herr Lupus! Nichts mehr von Versen. Jetzt, da ich alles weiß, wollen wir keine Zeit mehr verlieren! Es gibt vieles, was Ihr erfahren müßt, und ich werde Euch aufklären. Fragt also! Nur keine Scheu! Wovon war die Rede, Herr Odo?“
    Mein Freund hatte den Disput zwischen Herrn Rothari und mir schweigend, doch mit der Miene eines Schauspielers verfolgt, der ungeduldig auf sein Stichwort wartet.
    „Ich fragte Euch, ob Irmo einen Grund hatte, den Bardo zu töten.“
    „Richtig …“
    „Der Ermordete war verheiratet. Seine Witwe ist die Schwester des Irmo. Sie heißt Luitgard …“

6
    V ielleicht täuscht mich die Erinnerung, vielleicht bin ich auch, während ich versuche, dieses Gespräch wiederzugeben, durch die nachfolgenden Ereignisse zu sehr beeinflußt, um ganz genau sein zu können … Bei der Erwähnung dieses Namens, so war mein Eindruck, mußte der Graf noch einmal eine Aufwallung von Unmut niederkämpfen. Als bereue er gleich wieder, uns zum Fragen aufgefordert und Aufklärung versprochen zu haben, machte er eine unwirsche Geste und schwieg erst einmal. Dann sagte er:
    „Ach, meine Herren, wenn ich Euch die Geschichte der Luitgard erzählen wollte, müßte ich sehr verschwenderisch mit Eurer Zeit und Geduld umgehen, und Ihr würdet dabei doch nichts gewinnen, was Euch nützlich sein könnte. Das ist eine traurige Geschichte, wie sie aber sehr häufig vorkommt. Wir haben sie alle schon hundertmal gehört. Es ist nun einmal so eingerichtet, daß den Frauen in ihrem Erdendasein mehr Leiden bestimmt sind als den Männern, doch sind sie daher von Gott auch mit einer größeren Fähigkeit ausgestattet, den Nacken zu beugen und zu dulden. Wenn alle Frauen, die eine schlechte Behandlung durch ihre Ehemänner erfahren, von ihren Brüdern blutig gerächt würden, käme das einer Dezimierung der Menschheit gleich. Und welcher Bruder würde so töricht sein, seine Schwester durch die Ermordung ihres Gemahls in den Stand einer unbemittelten Witwe zu setzen? Ihr habt ja den Irmo kennengelernt. Traut Ihr ihm eine so grausame Dummheit oder – vielleicht sollte ich besser sagen – dumme Grausamkeit zu?“
    „Um

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