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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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anderen heute noch nachrücken? Wenn sie uns hier mit den Leichen finden?“
    „Also beeilen wir uns!“
    „Und der Mörder?“ rief der Spitznasige. „Soll er entkommen?“
    „Darum soll sich Garibald kümmern“, entschied Asolf. „Er ist Hugs nächster Verwandter. Wenn ihr mich fragt … Ich glaube, es war der verrückte Alte. Blutfehde! Reine Familiensache.“
    „Aber Hug war unser Gefolgsherr! Hier, wo wir stehen, haben wir ihm den Treueid geleistet! Wir sind verpflichtet …“
    „Zu gar nichts sind wir verpflichtet. Als Gefolgsherr hat er uns Benefize versprochen. Aber hast du auch nur einen einzigen Krümel sorbischer Erde bekommen?“
    „Das ist wahr“, sagte der Schwarzbart. „Er hat immer nur große Versprechungen gemacht. Und von der Beute fast alles allein eingeheimst.“
    „Und das dicke Geschäft mit den Sklavenhändlern machten Bardo und Garibald. Uns blieb die Drecksarbeit, wir mußten das Sorbenpack einsammeln. Dafür durften wir mal ein paar Alte mit unseren Dolchen kitzeln und ein paar Weiber vögeln. Das war schon alles.“
    „Aber wir hatten auch unseren Spaß dabei!“ maulte der Spitznasige.
    „Wenn dir das so viel wert war, dann halte deinem Gefolgsherrn die Treue. Such seinen Mörder!“ höhnte Asolf.
    „Ist ja schon gut, ich komme mit euch. Aber laßt mich wenigstens den hier kaltmachen, wenn es schon sein soll.“
    „Ich glaube, die Mühe kannst du dir sparen!“
    Jeder der drei gab mir einen kräftigen Fußtritt. Mit dem Rest von Willenskraft, der mir geblieben war, unterdrückte ich einen Schmerzenslaut. Ich mußte so zugerichtet sein, daß sie mich tatsächlich für tot hielten.
    Sie wandten sich ab und ließen mich vor der Hütte liegen.
    Was weiter geschah, erlebte ich in einem Zustand, in dem ich bald nicht mehr wußte, ob ich wachte oder träumte, ob ich lebendig oder tot war. Solange meine Peiniger in der Nähe waren, hatte ich meinen Sinnen befohlen, in ihrem Dienst nicht nachzulassen, soweit sie dazu noch imstande waren. Jetzt entließ ich sie nach und nach aus ihrer Pflicht, mein Geist verlor die Gewalt über sie. Sehen konnte ich schon vorher fast nichts mehr, und allmählich versagte nun auch mein Gehör. Ich bekam nur noch mit, daß die drei Kerle in die Hütte gingen und dort eine Weile kramten. Sie raffen zusammen, was sie an Beutegut mitschleppen können, dachte ich. Bald aber verloren sich diese Geräusche, und ich hörte nichts mehr als ein dumpfes Brausen, aber auch das wurde schwächer und ging in ein zartes Summen über. Ebenso war es mit den Schmerzen. Hatten sie sich anfangs wie wilde Bestien gebärdet, die mich am Kopf, am Fuß, am Knie, an der Schulter und vielen Stellen des Leibes bissen und zerrten, so schienen sie sich jetzt zu beruhigen und mich nur noch träge zu benagen wie einen abgefressenen Knochen.
    Zusammengerollt lag ich im Gras, im warmen Schatten der Hüttenwand. Meine verschwollenen, blutverklebten Augen nahmen ein angenehmes Halbdunkel wahr. Und wenn ich mich noch eines letzten Gedankens in diesem ohnmachtähnlichen Zustand erinnere, so war es der, daß nun wohl die Reise in jene andere Welt begonnen habe. Und daß ich recht unvorbereitet und ohne alle Zeremonien hinüberginge. Das beunruhigte mich ein wenig, und vielleicht war diese fromme Besorgnis um meine Ankunft im Jenseits Voraussetzung für meine Rückkehr ins Diesseits.
    Denn ein winziger Rest von wachem Bewußtsein war mir auf diese Weise geblieben. Vielleicht kam mir der Gedanke an eine Reise, weil ich mich wirklich fortbewegte oder, besser gesagt, weil ich wahrnahm, daß eine Ortsveränderung mit mir vorgenommen wurde. Ich stellte auch bald fest, daß ich an einen Ort gelangt war, der unangenehmer war als der vorige. Was meine fast betäubten Sinne mir zutrugen, erhöhte meine Besorgnis. Es waren vor allem seltsame Gerüche, die mir wie eine ferne Erinnerung an Tod und Gewalt in die Nase stiegen. Klopfgeräusche schienen auf die Ankunft an einer überirdischen Pforte hinzudeuten. Klopfte ich selber an diese Pforte? Mir schien, als würde mir aufgetan und ich träte in einen Raum ein, wo es knisterte und knackte und wo ich, je weiter ich vordrang, in Rauchschwaden eintauchte, die anfangs nur zarten Schleiern glichen, dann aber dichter wurden und meine Lunge reizten. Vor meinen geschlossenen Augen begann ein wundersames Farbenspiel, von allen Seiten wurde es hell, rote und gelbe Kreise tanzten. Es war jetzt nicht mehr warm, sondern heiß, eine Gluthitze herrschte, als

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