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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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zu sehr anstrengen mußte. Was ich auf der Wiese unter dem Rabennest erfahren hatte, hörte er finster und schweigend an. Nur einmal knurrte er: „So ein Teufelsweib!“ und nach einer Weile: „Das alles darf jetzt noch niemand wissen, es muß unter uns bleiben!“ Als ich auf Asolf und die jungen Adalinge zu sprechen kam, meinte er nur: „Die kriegen wir noch! Es ist gut, daß du dich an einen Namen erinnerst.“
    Das Sprechen ermüdete mich. Ich hatte auch Schmerzen und starke Körperhitze. Als ich Odo schließlich fragte, ob auch er für mich Neuigkeiten habe, sah er mich mitleidig an und fragte:
    „Hast du noch immer nicht genug?“
    Das war alles. Auch auf meine Frage, wie er dazu gekommen sei, mich an diesem Ort zu suchen, antwortete er ausweichend. Dabei war Ungeheuerliches geschehen. Aber Odo wollte mich schonen, und so erfuhr ich erst alles am nächsten Tag.
    Inzwischen war das Tragebett fertig geworden. Immer noch warteten wir aber auf die Rückkehr des Mädchens. Sie hatte von einem ‚nahen‘ Bergsee gesprochen, und so war ihr Ausbleiben nicht zu erklären. Wir waren beunruhigt.
    „Erlaubt, Herr Odo, daß ich ihr nachgehe!“ sagte Heiko.
    „Du weißt doch gar nicht, wo …“
    „Ich finde sie schon!“
    Nun blieb Odo nichts anderes übrig, als einzuwilligen.
    „Aber daß du sie mir als Jungfrau zurückbringst!“
    Heiko war bereits unterwegs. Nur ein Pfeil wäre schneller im Wald verschwunden.
    Neidvoll sah ich ihm nach. Der ganze Jammer meines erbärmlichen Zustands überkam mich, und ich konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken.
    „Es ist besser, ihr macht euch mit ihm auf den Weg“, sagte Odo zu unseren Recken. „Wozu auf das Wasser warten? Gebt ihm zu trinken, wenn ihr an einer Quelle vorbeikommt. Seine Wunden müssen behandelt werden, und Meister Rouhfaz versteht sich am besten darauf. Ich möchte mich hier noch ein bißchen umtun. Habe gerade gehört, daß es allerlei zu entdecken gibt. Werdet ihr ohne mich den Rückweg finden?“
    Die Recken bejahten und hoben mich vorsichtig auf das Tragebett. Es war geschickt aus ihren Speeren gemacht, die mit geflochtenen Zweigen verbunden waren. Auf einem Graspolster wurde ich niedergelegt. Odo gab auch noch seinen Mantel her, um mich zuzudecken.
    Ein spöttisches Abschiedswort konnte er sich jedoch nicht verkneifen.
    „Laß dir das eine Lehre sein, Vater! Bezähme künftig deine Abenteuerlust! Beinahe hättest du uns viel Arbeit gemacht. Wir hätten ja deine Knochen dort aus den Trümmern hervorsuchen müssen. Für den Reliquienschrein!“

10
    W ie ich in das Tal hinunter gelangte, kann ich nicht berichten. Auf dem Tragebett hin- und hergeschüttelt, sank ich bald wieder in Ohnmacht. Als ich erwachte, fand ich mich auf unserem Gemeinschaftslager im Untergeschoß des Salhauses ausgestreckt. Beim Schein einer Fackel – es war bereits wieder Nacht – war Rouhfaz eifrig um mich bemüht. Er wusch mich und bestrich meine Wunden mit einer grünen Salbe, einem Allheilmittel, das er selbst aus Kräutern und Honig kocht. Meinen verstauchten Fuß umwickelte er mit einem festen Verband. Ich wollte dies und jenes wissen, aber er untersagte mir das Sprechen ‚bei allem Respekt‘, und es dauerte auch nicht lange, bis ich wieder entschlummerte. Diesmal wurde es ein langer, erquickender Schlaf.
    Es war heller Tag, als ich abermals zu mir kam. Unser glatzköpfiger Diener und Sekretär lag zusammengerollt an meiner Seite. Sein Schnarchen hatte mich geweckt. Ich zog ihn sanft an der Nase, und da fuhr er gleich auf und in die Kleider, sich wortreich entschuldigend, daß ihn die Nachtwache an meinem Krankenlager so sehr ermattet habe. Natürlich hatte der Schlingel die Gelegenheit genutzt, sich mal ein langes Schläfchen zu gönnen. Dabei häuften sich auf seinem Pult, das in der Ecke unter der Fensterluke stand, die unerledigten Schreibarbeiten. An die hundert Besitz- und Erbschaftsurkunden waren auszustellen. Ich tadelte Rouhfaz aber nicht, denn ich war dankbar für seine Fürsorge und außerdem viel zu frohgestimmt, weil ich, wenn auch noch immer geschwächt und leidend, das Ärgste nun wohl überstanden hatte.
    Rouhfaz war auch gleich wieder beflissen, brachte mir einen Krug Milch und erneuerte meine Verbände. Die Recken hatten ihm mein Abenteuer erzählt, soweit sie davon Kenntnis hatten, und nun war er begierig, weitere Einzelheiten zu erfahren. Er begann mich auszufragen, und ich antwortete mit halbgeöffnetem Munde, denn noch immer quälten mich meine

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