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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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wir erfahren nichts. Wir leben hier in der Wüste, Vater. Der gute Pappolus! Zwar gehörten wir nicht zu seinem Bistum, aber er hat uns manchmal besucht, wenn er mit dem Comes Wilichar jagte. Es gefiel ihm hier, und zum Dank schrieb er an den Abt von Saulieu, seinen alten Freund, er möge uns Wein schicken. Jetzt werden wir wohl nichts mehr bekommen …“
    Mit bekümmerter Miene leerte die Äbtissin den Becher. Ich schenkte ihr und mir nach.
    „Ehrwürdige Mutter, was Ihr mir eben gesagt habt, ist von größter Bedeutung. Und da wir gerade vom Bischof Pappolus reden, wollen wir auch über eine Verwandte des Seligen sprechen. Ihr kennt sie gut, denn sie war ja hier Euer Gast.“
    „Meint Ihr die Fausta?“ Der Ton der Äbtissin wurde spitz, und sie zog ein Gesicht. „Ihr habt recht, sie war hier als canonica {19} . Doch sie ist längst wieder fort, dem Himmel sei Dank!“
    „Wie lange ist es jetzt her, daß sie fortging?“
    „Etwa fünf Wochen …“
    „Wollte sie nach Hause zurückkehren?“
    „Nach Hause? Wo denkt Ihr hin? Sie wollte nach Rom!“
    „Nach Rom?“
    „Ja. Hier kommen ab und zu Pilger durch. Die hatten ihr das wohl eingeredet. Jedenfalls war sie plötzlich nicht mehr zu halten. Ich habe sie pflichtgemäß vor einer solchen Reise gewarnt. Aber sie hörte nicht auf mich, dazu war sie ja viel zu stolz und selbstgerecht. Ich habe geahnt, was dann passierte! Doch was konnte ich tun? Sie war hier, wie Ihr schon sagtet, nur Gast. An ein Gelübde dachte sie ohnehin nicht. Ich mußte sie also ziehen lassen.“
    „Zog sie allein oder in Begleitung?“
    Die ehrwürdige Mutter schien einen Augenblick nachzudenken.
    „Allein? Nun, das hätte ich denn doch nicht erlaubt. Sie schloß sich einer dieser Gruppen von Pilgern an.“
    „Männern?“
    „Auch Frauen gehörten dazu.“
    „Nonnen aus diesem Kloster?“
    „Oh nein! Es waren andere. Einige kamen von sehr weit her … sogar vom Norden, über das Wasser …“
    „Habt Ihr die Leute gesehen? Mit ihnen gesprochen?“
    „Ich litt gerade unter einem heftigen Unwohlsein.“
    „Was passierte dann mit Fausta?“
    „Wie meint Ihr?“
    „Nun, Ihr sagtet doch gerade, Ihr hättet geahnt, was passierte.“
    „Sagte ich das?“
    „Ich verstand es so.“
    Die Äbtissin ließ ein verlegenes Lachen hören und senkte den Blick.
    „Ich wollte damit nur sagen, Vater: Man weiß ja, was auf solchen Reisen passieren kann!“
    „Genaueres ist Euch nicht bekannt?“
    „Ich bete zu Gott, daß sie an ihr Ziel kommt. Doch warum wollt Ihr das alles wissen? Kennt Ihr die Fausta? Oder forscht Ihr wegen des Erbes nach ihr? Oh, ich ermüde Euch mit meinen Fragen! Ihr müßt Euch ein wenig ausruhen und frische Kraft schöpfen. Wir haben ein hübsches Häuschen für Ehrengäste …“
    Sie schwatzte drauflos, damit ich vergaß, daß sie sich vorher verplappert hatte. Sie verschwieg etwas und wollte mich erst einmal loswerden, um nicht versehentlich mehr preiszugeben. Ihre Stimme wurde schon unsicher, und ihre zittrigen Hände wollten in ihrem Schoß keine Ruhe finden. Auch mir stieg der Wein zu Kopf, doch ich durfte mich jetzt nicht zurückziehen, ohne alles gehört zu haben. Denn sonst würde ich sicherlich nichts mehr erfahren.
    Um die ehrwürdige Mutter zu beruhigen und auch abzulenken, wich ich erst einmal ein wenig vom Wege ab.
    „Habt Ihr in Euer Kloster noch andere canonicae aufgenommen?“
    „Nur eine, die gute Eusebia. Sie ist schon sehr alt und auch krank. Lange wird sie es nicht mehr machen. Oh, das ist eine fromme Seele … so sanftmütig und geduldig …“
    „Und wohlhabend?“
    „Gewiß. Sie ist die Mutter des Grafen Waddo.“
    „Dann wird es sich nach ihrem Heimgang gelohnt haben, daß Ihr sie aufnahmt.“
    „Ach, Vater, wir sind kein reiches Kloster. Und wir trachten auch nicht danach, unser Gut zu vermehren. Wir wollen nur fröhlich das Lob des Herrn singen!“
    „Hat Euch Fausta daran gehindert?“
    „Sie hat uns viel Ungemach bereitet.“
    „Aber sie war doch nicht lange hier. Gewann sie denn so viel Einfluß?“
    „Sie zog einige Schwestern auf ihre Seite und hetzte sie auf. Unzufriedene gibt es ja immer. Kann man es allen recht machen? Das schafft nicht einmal der Herr im Himmel!“
    „Wollte sie sich nicht Eurer Autorität beugen?“
    „Sie behauptete, daß wir auf gleicher Stufe stünden. Sie sagte, sie sei die ‚abbatissa canonica‘, obwohl sie ja als canonicae nur zu zweit waren, sie und Eusebia. In der Kirche beanspruchte

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