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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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nicht ganz ohne Männer in einem Nonnenkloster. So waren dem Augenschein nach nur noch Alte, Häßliche, Bucklige und Triefäugige hierhergesandt worden, und wie der Emir von Cordoba, der seinen Harem von Eunuchen bewachen läßt, kann nun auch der Herr Jesus beruhigt sein.
    Einer der Brüder nahm uns die Reittiere ab, und eine junge Nonne führte uns in einen Hof zwischen der kleinen Kirche und einem breit hingestreckten Gebäude, in dem sich wohl unten das Refektorium und darüber der Schlafsaal befanden. Hier bat sie uns, nochmals zu warten, bis die ehrwürdige Mutter zum Empfange bereit sei.
    Schon während sie vor uns hertrippelte, war unser Nönnchen zwei- oder dreimal fast gestrauchelt und hatte sich dann jedesmal kichernd entschuldigt. Als sie jetzt die ziemlich hohe Treppe zu einem halbrunden, apsisartigen Anbau hinaufstieg, der sich an den Giebel des Hauptgebäudes lehnte, schwankte sie sogar bedenklich. Heiko sprang schon hinzu, um sie aufzufangen, aber sie hielt sich noch irgendwie aufrecht. Indem sie die Arme in den weiten Ärmeln ihres Gewands wie Schwingen bewegte, erreichte sie eine Tür, hinter der sie verschwand.
    „Wahrhaftig, Vater“, sagte Heiko, „wenn mich nicht alles täuscht, ist die Jungfrau betrunken. Was meint Ihr?“
    „Vielleicht ist sie vom strengen Fasten geschwächt“, vermutete ich nicht sehr überzeugend, „oder von anderen frommen Übungen.“
    Wir ließen uns auf einer Bank nieder und genossen die warme Sonne, die sich seit einigen Stunden endlich wieder zeigte. Ein paar Hühner pickten in der Ecke des Hofes. Ein Mönch schöpfte Wasser am Brunnen und spähte mit seinem einzigen Auge mißtrauisch zu uns herüber. Wir grüßten ihn, aber er dankte nicht. Träge und von dem langen Ritt ermüdet, faltete ich die Hände und ließ langsam den Kopf auf die Brust sinken.
    Auf einmal erhob sich ein Gekreisch aus mindestens acht bis zehn weiblichen Kehlen. Im nächsten Augenblick sahen wir zwei Nonnen aus dem Refektorium kommen. Lachend und sich gegenseitig stützend torkelten sie unter den Arkaden an der Hausfront entlang. Eine dritte, nicht weniger unsicher auf den Beinen, folgte ihnen. Doch ehe sie sie erreicht hatte, blieb sie stehen, klammerte sich an einen Pfeiler und rief:
    „Seht doch mal, Schwestern, was für ein niedliches Kerlchen da sitzt!“
    Dabei streckte sie den Arm aus und zeigte auf Heiko. Die beiden anderen Nonnen blieben stehen und drehten sich um. Zweistimmig stießen sie einen Jauchzer aus.
    „Der ist ja reizend!“
    „Ein richtiger Engel!“
    „Bestimmt hat er eine Botschaft für uns!“
    „Meinst du vielleicht, aus dem Paradies?“
    „Ich hab ihn aber zuerst entdeckt!“ schrie die Nonne am Pfeiler.
    Schon quollen fünf, sechs weitere aus der Tür des Refektoriums. Sie klatschten in die Hände und flüsterten miteinander. Einige winkten kokett herüber.
    Dem Einäugigen am Brunnen gefiel das nicht.
    „Weg da, geht weiter!“ raunzte er. „Was steht ihr und gafft? Gehört sich das? Macht, daß ihr an eure Arbeit kommt!“
    Aber sie hörten nicht auf ihn. Sie hüpften, girrten, warfen Blicke nach uns und drängten sich aufgeregt zu einem Knäuel zusammen.
    Da packte er den Bottich, den er gerade gefüllt hatte, und ehe sie sich's versahen, war er bei ihnen. Mit einem „Gott strafe euch, Weiberpack!“ klatschte er ihnen das Wasser in die Gesichter.
    Kreischend stoben sie auseinander.
    Wir konnten nicht an uns halten und mußten laut lachen. Der Einäugige kehrte zum Brunnen zurück. Was blieb ihm übrig, als seinen Bottich noch einmal zu füllen? Als den Schuldigen an dieser zwiefachen Mühe schnitt er uns eine böse Grimasse. Da wir immer noch lachten, drohte er uns sogar mit der Faust.
    Endlich erschien oben auf der Treppe das Nönnchen und gab mir ein Zeichen.
    „Halte dich tapfer, mein Sohn“, sagte ich zu unserm jungen Sachsen, „während ich dich eine Zeitlang verlasse. Man könnte dich auf die Probe stellen.“
    „Seid unbesorgt, Vater!“ antwortete er. „Sie würden bald merken, daß ich kein Engel bin!“
    „Um so schlimmer!“ bemerkte ich seufzend und stieg die Treppe hinauf.
    Ein kleines rundliches Frauchen kam mir entgegengeschlurft.
    „Willkommen, Vater, willkommen!“ rief sie. „Verzeiht bitte, daß ich Euch warten ließ. Was höre ich? Ihr seid von unserm Herrn König gesandt!“
    „Als missus dominicus, ehrwürdige Mutter“, erwiderte ich. „Mein Name ist Lupus. Ich bringe Euch Grüße vom Herrn Erzkaplan.“
    „Gott segne

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