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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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hingewiesen. Genug davon! Jetzt ist also klar, daß es keine Frauen von jenseits des Meeres waren. Und nochmals frage ich Euch: Waren auch Männer bei dem Pilgertrupp?“
    „Es waren Männer dabei. Mönche aus Aubigny.“
    „Nur Mönche?“
    „Von anderen ist mir nichts bekannt.“
    „Denen schlossen sich Fausta und die sechs anderen an. Und was widerfuhr ihnen nun? Was wißt Ihr davon?“
    „Sehr wenig, Vater! Fast gar nichts!“
    „Aber Ihr wißt etwas …“
    Wieder wand sich die Äbtissin vor Verlegenheit. Doch ich hatte sie gleich, viel fehlte nicht mehr.
    Zunächst aber leerten wir noch einen Becher.
    „Reden wir jetzt von einem Brief!“ nahm ich das Gespräch wieder auf.
    „Ihr wißt …? Wie kommt Ihr darauf, daß ich einen Brief erhielt?“ gab sie betroffen zurück.
    „Ah, so erhieltet Ihr also auch einen! Um so besser … Ich meine eigentlich einen Brief, den Fausta empfing, vor sieben Monaten. Der Priester Sallustus schrieb ihn ihr, ein Chorherr, dem die Erziehung ihres Sohnes anvertraut war. Er teilte ihr darin mit, daß der Knabe verstorben sei. Erinnert Ihr Euch?“
    „Oh ja, ich erinnere mich. Es traf sie tief. Sie ließ Messen lesen … vier Wochen lang.“
    „Habt Ihr den Brief des Priesters zu sehen bekommen?“
    „Nein, Vater! Ich lese niemals die Briefe der anderen … das tue ich nicht, das ist hier nicht üblich!“
    „Hat Fausta jemals einen Verdacht geäußert? Zum Beispiel, daß der Knabe eines unnatürlichen Todes starb?“
    „Himmel, was sagt Ihr? Das wäre ja schrecklich!“
    „Sie hatte diesen Verdacht. Um so schlimmer, wenn sie ihn in sich hineinfraß. Und nun aufgemerkt, Mutter! Sie glaubte, der Mörder ihres Sohnes sei ihr Schwager, der Bischof Pappolus!“
    „O Jesus …“
    „Und diese Pilgerfahrt nach Rom … könnt Ihr mir folgen, Mutter? … war nur ein Vorwand, um ohne Aufsehen das Kloster zu verlassen und ihrerseits einen Mord zu begehen! Ob sie es selbst tat oder sich der Hand eines anderen bediente, weiß ich noch nicht. Aber der Bischof ist tot, Fausta ist wieder zu Hause, und ich suche nach einem Kerl im roten Mantel, mit schwarzen Haaren und schwarzem Schnurrbart, der dem Mann, dem Ihr diesen köstlichen Wein verdankt, ein Bratenmesser in den Rücken stieß!“
    „Heilige Mutter Gottes, erbarme dich!“
    „Erbarmt Ihr Euch lieber, ehrwürdige Mutter, und rückt endlich mit der Wahrheit heraus! Wie war das? Ihr habt einen Brief empfangen? Doch nicht von Fausta?“
    Sie streckte die Hand nach dem Schöpflöffel aus. Aber ich war nun mit meiner Geduld am Ende, griff schneller zu und brachte ihn aus ihrer Reichweite.
    „Erst die Wahrheit, Mutter! Was für ein Brief? Und von wem?“
    „Ach, Vater, von einer unserer Nonnen.“
    „Einer der sechs, die mit ihr gingen?“
    „Ja. Schwester Maxentia.“
    „Was schrieb sie?“
    „Ihr Heiligen, steht mir doch bei!“
    „Was schrieb sie?“
    „Ich bin ja an allem schuld, ich werde es beichten!“
    „Hier wird gebeichtet, Mutter! Jetzt!“
    Das Wasser in den blaßblauen Äuglein lief wieder über.
    „Ihr wollt mich verderben! Nun, so sei es … Ich habe es nicht anders verdient. Helft mir auf!“
    Ich erhob mich und stützte sie, während sie sich schniefend und ächzend aufraffte. Ihre zitternden Finger suchten einen Schlüssel an ihrem Gürtel, mit dem sie eine Schatulle öffnete. Vor sich hin jammernd, wühlte sie eine Weile in Pergamenten und fand schließlich das gesuchte Blatt. Sie gab es mir, und ich überließ ihr dafür den Schöpflöffel.
    Natürlich behielt ich den Brief von Amts wegen, und da ich ihn jetzt noch besitze, kann ich ihn hier im Wortlaut einfügen. Die Nonne Maxentia wandte sich an ihre Äbtissin wie folgt:
    „Der Herr sei gelobt in Ewigkeit! Ich schreibe Dir, ehrwürdige Mutter, in einer elenden Schenke, die aber ein weniger gottloser Ort ist als das Kloster des heiligen Dionysius, das wir, Schwester Licinia und ich, die unwürdige Maxentia, heute morgen mit Schrecken verlassen haben. Laß Dir berichten, was geschehen ist. Unsere Pilgergruppe erreichte gestern abend das Kloster und bat um Herberge. Diese wurde uns auch gewährt, doch als wir das Gästehaus betraten, war es schon überfüllt, so daß es eigentlich gar keinen Platz mehr gab. Wir drängten uns dennoch hinein, denn wo sollten wir hin, und lagerten uns auf dem stinkenden Stroh zwischen allerlei Volk, das unterwegs war. Die Frauenabteilung war schon voll, und so mußten wir zwischen den Männern liegen. Diese

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