Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)
verkauftet.
Also sprach das Weib und kehrte zum schönen Palaste.
Und die Phöniker weilten ein ganzes Jahr auf der Insel,
Kauften und schleppten ins Schiff unzählige Güter zusammen.
Als sie das hohle Schiff zur Heimfahrt hatten befrachtet,
Sandten sie einen Genossen, dem Weibe die Botschaft zu bringen.
Dieser listige Mann, der in des Vaters Palast kam,
Bracht ein goldnes Geschmeide, besetzt mit köstlichem Bernstein,
Welches die Mägde des Hauses und meine treffliche Mutter
Mit den Händen befühlten und sehr aufmerksam besahen.
Als sie über den Preis nun handelten, winkt’ er der Sklavin
Heimlich und eilte zurück zum hohlen Schiffe. Die Sklavin
Nahm mich darauf bei der Hand und führte mich aus dem Palaste.
Und sie fand in dem vorderen Saal Weinbecher und Tische
Für die Gäste gestellt, die meinen Vater besuchten;
Diese waren jetzt auf dem Markt in des Volkes Versammlung.
Hurtig raubte sie drei der Gefäße, verbarg sie im Busen,
Eilte dann weg, von mir einfältigem Kinde begleitet.
Und die Sonne sank und Dunkel umhüllte die Pfade.
Jetzo hatten wir schnell den berühmten Hafen erreichet,
Wo der Phöniker Schiff das Meer zu durcheilen bereit lag.
Diese bestiegen mit uns das Verdeck des Schiffes und steurten
Über die Woge des Meers, von Gottes Winden getrieben.
Also durchsegelten wir sechs Tag’ und Nächte die Wasser.
Als der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward,
Tötete Artemis plötzlich das Weib mit ihrem Geschosse.
Rauschend fiel sie hinab in das Wasser des Raums, wie ein Seehuhn.
Und man warf sie, den Fischen und Ungeheuern zur Beute,
Über den Bord; allein ich blieb mit traurigem Herzen.
Wind und Woge trieben sie jetzt an Ithakas Ufer,
Wo Laertes mich mit seinem Vermögen erkaufte.
Also hab ich dies Land zuerst mit Augen gesehen.
Und der göttliche Held Odysseus gab ihm zur Antwort:
Wahrlich, Eumaios, ich fühl es im Innersten meines Herzens,
Alles, was du mir jetzo von deinen Leiden erzählt hast!
Aber dir hat doch Zeus bei dem Bösen auch Gutes verliehen,
Da du, nach großem Leiden, in dieses gütigen Mannes
Wohnung kamst, der dir sorgfältig zu essen und trinken
Reicht; denn du lebst hier ganz gemächlich. Aber ich Armer
Irre, von Stadt zu Stadt vertrieben, Hilfe zu suchen!
Also besprachen diese sich jetzo untereinander,
Legten sich dann zur Ruh, nicht lange, sondern ein wenig;
Denn bald rötete sich der Morgen. Aber am Ufer
Lösten Telemachos’ Freunde die Segel, senkten den Mastbaum
Eilend herab, vollendeten dann mit Rudern die Landung,
Warfen die Anker aus und banden mit Seilen das Schiff an.
Und nun stiegen sie selbst ans krumme Gestade des Meeres,
Eilten, das Mahl zu bereiten, und mischten des funkelnden Weines.
Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war,
Sprach der verständige Jüngling Telemachos zu der Versammlung:
Rudert, ihr andern, jetzt nach der Stadt mit dem schwärzlichen Schiffe;
Ich will erst ein wenig zu meinen Hirten aufs Land gehn.
Abends komm ich zur Stadt, sobald ich das Meine besehen.
Morgen dächt ich euch wohl ein gutes Mahl nach der Reise
Vorzusetzen, von Fleisch und herzerfreuendem Weine.
Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur Antwort:
Aber wohin geh ich denn, mein Sohn? Zu wessen Palaste
Unter den Männern, die hier in der felsichten Ithaka herrschen?
Geh ich gerade zu deinem und deiner Mutter Palaste?
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
Sonst geböt ich dir wohl, gerade zu unserem Hause
Hinzugehn, auch sollt es an nichts gebrechen; doch jetzo
Würd es dich selbst beschweren. Denn ich bin fern, und die Mutter
Siehet dich nicht; sie erscheint nicht oft vor den Freiern im Saale.
Abgesondert wirkt sie im obern Stock ihr Gewebe.
Aber ich will indes dir einen anderen nennen:
Geh zu Eurymachos hin, des Polybos trefflichem Sohne,
Welcher jetzt wie ein Gott in der Ithaker Volke geehrt wird.
Und er ist auch bei weitem der Edelste, wünscht auch am meisten
Meine Mutter zum Weib und Odysseus’ Würde zu erben.
Aber das weiß Kronion, der Gott des hohen Olympos,
Ob vor der Hochzeit noch der böse Tag sie ereile!
Sprach’s; und rechtsher flog ein heilweissagender Vogel,
Phöbos’ schneller Gesandte, der Habicht; zwischen den Klauen
Hielt er und rupfte die Taub und goß die Federn zur Erde
Zwischen Telemachos nieder und seinem schwärzlichen Schiffe.
Eilend rief Theoklymenos ihn von den Freunden besonders,
Faßte des Jünglings Hand und erhub die
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