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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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rühren. Doch groß ist mein Elend, o Jungfrau!
    Gestern, am zwanzigsten Tag, entfloh ich dem dunkeln Gewässer,
    Denn so lange trieb mich die Flut und die wirbelnden Stürme
    Von der ogygischen Insel. Nun warf ein Dämon mich hieher,
    Daß ich auch hier noch dulde! Denn noch erwart ich des Leidens
    Ende nicht; mir ward viel mehr von den Göttern beschieden!
    Aber erbarme dich, Hohe! Denn nach unendlicher Trübsal
    Fand ich am ersten dich und kenne der übrigen Menschen
    Keinen, welche die Stadt und diese Gefilde bewohnen.
    Zeige mich hin zur Stadt und gib mir ein Stück zur Bedeckung,
    Etwa ein Wickeltuch, worin du die Wäsche gebracht hast.
    Mögen die Götter dir schenken, so viel dein Herz nur begehret,
    Einen Mann und ein Haus, und euch mit seliger Eintracht
    Segnen! Denn nichts ist besser und wünschenswerter auf Erden,
    Als wenn Mann und Weib, in herzlicher Liebe vereinigt,
    Ruhig ihr Haus verwalten, den Feinden ein kränkender Anblick,
    Aber Wonne den Freunden; und mehr noch genießen sie selber!
    Ihm antwortete drauf die lilienarmige Jungfrau:
    Keinem geringen Manne noch törichten gleichst du, o Fremdling.
    Aber der Gott des Olympos erteilet selber den Menschen,
    Vornehm oder geringe, nach seinem Gefallen ihr Schicksal.
    Dieser beschied dir dein Los, und dir geziemt es zu dulden.
    Jetzt, da du unserer Stadt und unsern Gefilden dich nahest,
    Soll es weder an Kleidung, noch etwas anderm dir mangeln,
    Was unglücklichen Fremden, die Hilfe suchen, gebühret.
    Zeigen will ich die Stadt und des Volkes Namen dir sagen:
    Wir Phaiaken bewohnen die Stadt und diese Gefilde.
    Aber ich selber bin des hohen Alkinoos Tochter,
    Dem des phaiakischen Volkes Gewalt und Stärke vertraut ist.
    Also sprach sie und rief den schöngelockten Gespielen:
    Dirnen, steht mir doch still! Wo fliehet ihr hin vor dem Manne?
    Meinet ihr etwa, er komme zu uns in feindlicher Absicht?
    Wahrlich, der lebt noch nicht und niemals wird er geboren,
    Welcher käm in das Land der phaiakischen Männer, mit Feindschaft
    Unsre Ruhe zu stören; denn sehr geliebt von den Göttern
    Wohnen wir abgesondert im wogenrauschenden Meere
    An dem Ende der Welt und haben mit keinem Gemeinschaft.
    Nein, er kommt zu uns, ein armer, irrender Fremdling,
    Dessen man pflegen muß. Denn Zeus gehören ja alle
    Fremdling’ und Darbende an; und kleine Gaben erfreun auch.
    Kommt denn, ihr Dirnen, und gebt dem Manne zu essen und trinken;
    Und dann badet ihn unten im Fluß, wo Schutz vor dem Wind ist.
    Also sprach sie. Da standen sie still und riefen einander,
    Führten Odysseus hinab zum schattigen Ufer des Stromes,
    Wie es Nausikaa hieß, des hohen Alkinoos’ Tochter,
    Legten ihm einen Mantel und Leibrock hin zur Bedeckung,
    Gaben ihm auch geschmeidiges Öl in goldener Flasche
    Und geboten ihm jetzt, in den Wellen des Flusses zu baden.
    Und zu den Jungfraun sprach der göttergleiche Odysseus:
    Tretet ein wenig beiseit, ihr Mädchen, daß ich mir selber
    Von den Schultern das Salz abspül und mich ringsum mit Öle
    Salbe; denn wahrlich, schon lang entbehr ich dieser Erfrischung!
    Aber ich bade mich nimmer vor euch, ich würde mich schämen,
    Nackend zu stehn in Gegenwart schönlockigcr Jungfraun.
    Also sprach er, sie gingen beiseit und sagten’s der Fürstin.
    Und nun wusch in den Strom der edle Dulder das Meersalz,
    Welches den Rücken ihm und die breiten Schultern bedeckte,
    Rieb sich dann von dem Haupte den Schaum der wüsten Gewässer.
    Und nachdem er gebadet und sich mit Öle gesalbet,
    Zog er die Kleider an, die Geschenke der blühenden Jungfrau.
    Siehe, da schuf ihn Athene, die Tochter des großen Kronion,
    Höher und jugendlicher an Wuchs und goß von der Scheitel
    Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Blüte.
    Also umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber,
    Welchen Hephaistos selbst und Pallas Athene die Weisheit
    Vieler Künste gelehrt, und bildet reizende Werke:
    Also umgoß die Göttin ihm Haupt und Schultern mit Anmut.
    Und er ging ans Ufer des Meers und setzte sich nieder,
    Strahlend von Schönheit und Reiz. Mit Staunen sah ihn die Jungfrau.
    Leise begann sie und sprach zu den schöngelockten Gespielen:
    Höret mich an, weißarmige Mädchen, was ich euch sage!
    Nicht von allen Göttern verfolgt, die den Himmel bewohnen,
    Kam der Mann in das Land der göttergleichen Phaiaken.
    Anfangs schien er gering und unbedeutend von Ansehn,
    Jetzo gleicht er den Göttern, des weiten Himmels Bewohnern.
    Würde mir doch ein Gemahl von solcher Bildung

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