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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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zween und tischte die Stücke zum Schmaus auf.
    Jetzo trat ich näher und sagte zu dem Kyklopen,
    Einen hölzernen Becher voll schwarzen Weines in Händen:
    Nimm, Kyklop, und trink eins, auf Menschenfleisch ist der Wein gut!
    Daß du doch lernst, welch ein Trunk in unserem Schiffe ruhte!
    Diesen rettet’ ich dir zum Opfer, damit du erbarmend
    Heim mich sendetest. Aber du wütest ja ganz unerträglich!
    Böser Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern
    Wieder besuchen wollen? Du hast nicht billig gehandelt!
    Also sprach ich. Er nahm und trank und schmeckte gewaltig
    Nach dem süßen Getränk und bat, noch einmal zu füllen:
    Lieber, schenk mir noch eins und sage mir gleich, wie du heißest,
    Daß ich dich wieder bewirt und deine Seele sich labe!
    Wiss’, auch uns Kyklopen gebiert die fruchtbare Erde
    Wein in geschwollenen Trauben, und Gottes Regen ernährt ihn,
    Aber der ist ein Saft von Ambrosia oder von Nektar!
    Also sprach er; ich bracht’ ihm von neuem des funkelnden Weines.
    Dreimal schenkt’ ich ihm voll und dreimal leerte der Dumme.
    Aber da jetzo der geistige Trank in das Hirn des Kyklopen
    Stieg, da schmeichelt ich ihm mit glatten Worten und sagte:
    Meinen berühmten Namen, Kyklop? Du sollst ihn erfahren.
    Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießest!
    Niemand ist mein Name; denn Niemand nennen mich alle,
    Meine Mutter, mein Vater und alle meine Gesellen.
    Also sprach ich; und drauf versetzte der grausame Wütrich:
    Niemand will ich zuletzt nach seinen Gesellen verzehren;
    Alle die andern zuvor! Dies sei die verheißne Bewirtung!
    Sprach’s und streckte sich hin, fiel rücklings und lag mit gesenktem,
    Feistem Nacken im Staub; und der allgewaltige Schlummer
    Überwältiget’ ihn; dem Rachen entstürzten mit Weine
    Stücke von Menschenfleisch, die der schnarchende Trunkenbold ausbrach.
    Und nun hielt ich die Spitze des Knittels in glimmende Asche,
    Bis sie Feuer fing, und stärkte mit herzhaften Worten
    Meine Gefährten, daß keiner sich feig im Winkel verkröche.
    Aber da eben jetzo der Ölbaumknittel im Feuer
    Drohte zu brennen, so grün er auch war, und fürchterlich glühte,
    Zog ich ihn eilend zurück aus dem Feuer, und meine Gefährten
    Standen um mich, und ein Himmlischer haucht’ uns Mut in die Seele.
    Und sie faßten den spitzen Olivenknittel und stießen
    Ihn dem Kyklopen ins Aug, und ich, in die Höhe mich reckend,
    Drehete. Wie wenn ein Mann, den Bohrer lenkend, ein Schiffholz
    Bohrt: die Unteren ziehn an beiden Enden des Riemens,
    Wirbeln ihn hin und her, und er flieget in dringender Eile:
    Also hielten auch wir in das Auge den glühenden Knittel,
    Drehten, und heißes Blut umquoll die dringende Spitze.
    Alle Wimpern und Augenborsten versengte die Lohe
    Seines entflammten Sterns; es prasselten brennend die Wurzeln.
    Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das Schlichtbeil
    Aus der Ess’ in den kühlenden Trog, der sprudelnd emporbraust,
    Wirft und härtet, denn dieses ersetzt die Kräfte des Eisens:
    Also zischte das Aug’ um die feurige Spitze des Ölbrands.
    Fürchterlich heult’ er auf, daß rings die dumpfige Kluft scholl.
    Und wir erschraken und flohn in den innersten Winkel. Doch jener
    Riß aus dem Auge den Knittel, mit vielem Blute besudelt,
    Schleudert’ ihn ferne von dannen mit ungebärdigem Grimme;
    Und nun ruft’ er mit Zetergebrüll den andern Kyklopen,
    Welche ringsum die Klüfte des stürmischen Felsens bewohnten.
    Und sie vernahmen das Brüllen und drängten sich dorther und daher,
    Standen rund um die Höhl und fragten, was ihn betrübte:
    Was geschah dir für Leid, Polyphemos, daß du so brülltest
    Durch die ambrosische Nacht und uns vom Schlummer erwecktest?
    Raubt der Sterblichen einer dir deine Ziegen und Schafe?
    Oder würgt man dich selbst, arglistig oder gewaltsam?
    Ihnen erwiderte drauf aus der Felsenkluft Polyphemos:
    Niemand würgt mich, ihr Freund’, arglistig, und keiner gewaltsam!
    Drauf antworteten sie und schrien die geflügelten Worte:
    Wenn dir denn keiner Gewalt antut in der einsamen Höhle,
    Gegen Schmerzen, die Zeus dir schickt, ist kein anderes Mittel:
    Flehe zu deinem Vater, dem Meerbeherrscher Poseidon!
    Also schrien sie und gingen. Mir lachte die Seele vor Freude,
    Daß sie mein falscher Name getäuscht und mein trefflicher Einfall.
    Aber ächzend vor Qual, mit jammervollem Gewinsel
    Tappte der blinde Kyklop und nahm den Stein von der Pforte,
    Setzte sich dann in die Pforte, mit ausgebreiteten Händen
    Tastend, ob

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