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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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nicht vielleicht mit den Schafen einer entwischte.
    So einfältig hielt mich in seinem Herzen der Riese.
    Aber ich sann umher, das sicherste Mittel zu finden,
    Wie ich meine Gefährten und mich von dem schrecklichen Tode
    Rettete. Tausend Entwürf’ und Listen wurden ersonnen;
    Denn es galt das Leben, und fürchterlich drang die Entscheidung!
    Doch von allen Entwürfen gefiel mir dieser am besten.
    Seine Widder waren sehr feist, dickbuschichter Vließe,
    Groß und stattlich von Wuchs, mit brauner Wolle bekleidet.
    Diese band ich geheim mit schwanken Ruten zusammen,
    Wo der Kyklop auf schlief, das gottlose Ungeheuer,
    Drei und drei; der mittelste Bock trug einen der Männer,
    Und zween gingen beiher und schirmten meine Gefährten.
    Also trugen jeglichen Mann drei Widder. Ich selber
    Wählte mir einen Bock, den trefflichsten unter der Herde.
    Diesen ergriff ich schnell beim Rücken, wälzte mich nieder
    Unter den wollichten Bauch und lag mit duldendem Herzen,
    Beide Hände fest im Gekräusel der Flocken verwickelt.
    Also erwarteten wir mit Seufzen die heilige Frühe.
    Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,
    Eilten die Männer der Herde mit Ungestüm auf die Weide.
    Aber es blökten am Stalle die ungemelkten Mütter;
    Denn die Euter strotzten von Milch. Der grausame Wütrich
    Saß von Schmerzen gefoltert und tastete sorgsam die Rücken
    Aller steigenden Widder und ahndete nicht in der Dummheit,
    Daß ich sie unter die Brust der wollichten Böcke gebunden.
    Langsam folgte nun der übrigen Herde mein Widder,
    Schwerbeladen mit Wolle und mir, der mancherlei dachte.
    Streichelnd betastet’ auch ihn das Ungeheuer und sagte:
    Süßes Böckchen, wie geht’s? Du kommst zuletzt aus der Höhle?
    Ei, du pflegst mir ja sonst nicht hinter der Herde zu bleiben!
    Trabst ja so hurtig voran und pflückst dir zuerst auf der Weide
    Gräschen und Blümelein; eilst auch zuerst in die Wellen der Flüsse;
    Trachtest auch immer zuerst in den Stall zu kommen des Abends!
    Nun der letzte von allen? Ach, geht dir etwa das Auge
    Deines Herren so nah? Der Bösewicht hat mir’s entrissen,
    Er samt seinem Gesindel, indem er mit Wein mich berauschte,
    Niemand! Ich mein, er ist mir noch nicht dem Verderben entronnen!
    Hättest du nur Gedanken wie ich und verstündest die Sprache,
    Daß du mir sagtest, wo jener vor meiner Stärke sich hinbirgt!
    Ha! auf den Boden geschmettert, wie sollte sein Hirn durch die Höhle
    Hiehin und dahin zerspritzen! Wie würde mein Herz von dem Jammer
    Sich erlaben, den mir der Taugenicht machte, der Niemand!
    Also sprach er und ließ den Widder von sich hinausgehn.
    Als wir uns von der Höhl und dem Hof ein wenig entfernet,
    Macht ich zuerst vom Widder mich los und löste die andern.
    Eilend trieben wir jetzo die wohlgemästeten großen
    Hochgeschenkelten Böcke durch mancherlei Krümmen zum Schiffe.
    Und mit herzlicher Freud empfingen die lieben Gefährten
    Uns Entflohne des Todes und klagten schluchzend die andern.
    Aber ich ließ es nicht zu; ich deutete jedem mit Blicken,
    Nicht zu weinen, befahl dann, die schöne wollichte Herde
    Hurtig ins Schiff zu werfen und über die Wogen zu steuern.
    Und sie traten ins Schiff und setzten sich hin auf die Bänke,
    Saßen in Reihn und schlugen die graue Woge mit Rudern.
    Als ich so weit nun war, wie die Stimme des Rufenden schallet,
    Da begann ich und rief dem Kyklopen mit schmähenden Worten:
    Ha, Kyklope, so recht! Nicht eines Feigen Gefährten
    Hast du, wütiger Ries, in der dunkeln Höhle gefressen!
    Lange hattest du das mit deinen Sünden verschuldet!
    Grausamer, weil du die Gäste nicht scheutest in deiner Behausung
    Aufzuschlucken, drum strafte dich Zeus und die übrigen Götter!
    Also rief ich. Noch wütender tobte der blinde Kyklope,
    Riß herunter und warf den Gipfel des hohen Gebirges.
    Aber er fiel jenseits des blaugeschnäbelten Schiffes
    Nieder, und wenig gefehlt, so traf er die Spitze des Steuers.
    Hochauf wogte das Meer von dem stürzenden Felsen, und plötzlich
    Raffte mit Ungestüm der strudelnde Schwall der Gewässer,
    Landwärts flutend, das Schiff und warf es zurück an das Ufer.
    Aber ich nahm mit den Händen geschwind eine mächtige Stange,
    Stieß es vom Land und trieb und ermahnete meine Gefährten,
    Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entrönnen,
    Deutend und nickend; sie flogen ans Werk und ruderten keuchend.
    Als wir nun doppelt so weit in das hohe Meer uns gerettet,
    Siehe, da rief ich von neuem dem Wüterich. Aber die

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